APA/Wolfgang Huber-Lang

Wahlwette im Volkstheater, Demokratie-Frühschoppen im MQ

Selten zuvor hat eine Wahl die Kunst- und Kulturszene derart mobilisiert wie die heutige Nationalratswahl. Aufrufe, von seinem demokratischen Stimmrecht Gebrauch zu machen, waren in den vergangenen Wochen ebenso zahlreich wie Warnungen vor einem Rechtsruck. Kein Wunder also, dass auch der Wahltag selbst seinen Niederschlag findet. Im und beim Museumsquartier wurde man am Sonntagvormittag vor oder nach seiner Stimmabgabe gleich bei zwei Veranstaltungen kulturell betreut.

Seine Stimme hatte man beim Demokratie-Frühschoppen der Jeunesse besser noch nicht abgegeben - denn die wurde noch gebraucht. Nach einem Blasmusik-Auftakt im Hof des Museumsquartiers bat Jeunesse-Generalsekretärin Birgit Hinterholzer das Publikum, mit gemeinsamem Gesang in die Halle E einzuziehen. Im Foyer wurde man vom Chor "Neue Wiener Stimmen" erwartet. Die Frühschoppen-typischen Bierbänke standen dann auf der Bühne, wo sich der in bunte T-Shirts gekleidete Chor mit den in Tracht angetretenen acht jungen "Kaisermusikanten" mischte. Die vor sechs Jahren gegründete Truppe, deren Mitglieder ansonsten in unterschiedlichen Klangkörpern wie dem RSO Wien oder dem Volksopern-Orchester engagiert sind, absolvierte im Rahmen des zweitägigen Fests zum 75-Jahr-Jubiläum des Musikveranstalters Jeunesse Österreich ihren ersten Frühschoppen in Wien.

Die Choreografin und Regisseurin Cornelia Voglmayr, heuer eine der Featured Artists der Jeunesse, hatte diesen Frühschoppen "als geselliges, traditionelles Beisammensein nach (oder vor) der Wahlurne" gestaltet und ließ dabei keinen Zweifel, dass der Gegensatz zwischen Volksmusik und Diversität von Lebens- und Musikstilen nur politische Behauptung ist, die durch gelebte Praxis widerlegt werden kann. "Gemeinsames Musizieren verbindet", hatte sich Hinterholzer schon im Vorfeld gegen Aus- und Abgrenzung positioniert. Auch gemeinsames Trinken verbindet - eines der Erfolgsgeheimnisse des Konzertformats Frühschoppen. Das vielfache Verschlussklicken der gratis ausgeteilten Bierdosen im Zuschauerraum konnte zwar auch als musikalischer Beitrag verstanden werden, hinterließ in den Ohren umweltbewusster Menschen jedoch einen unangenehmen Nachhall.

Wenige Meter weiter konnte man sich im Café Liebling des Wiener Volkstheaters die Wartezeit auf die erste Hochrechnung kurz nach 17 Uhr mit der Teilnahme an einer Wahlwette verkürzen. Die dort eingerichtete Wahlkommission sah indes nicht recht vertrauenserweckend aus: Glücksspiel ist trotz Staatsmonopol nicht nur Glücks-, sondern auch Vertrauenssache, und so musste man den beiden mafiös wirkenden Gestalten, die hier hinter einer Schachtel Glücksbohnen Platz genommen hatten, glücklicherweise nicht seine Stimme, sondern nur seinen Tipp, was die Prozentanteile der Parteien bei der Hochrechnung angeht, anvertrauen. Der Umstand, dass sich das Ganze auf zusammen 100 Prozent ausgehen sollte, brachte so manche Teilnehmer beim Ausfüllen des Wettscheins gehörig ins Schwitzen. Für zwei Euro Einsatz gibt es Volkstheater-Tickets zu gewinnen. Die Sieger werden im Rahmen der großen Wahlparty gekürt, die ab 15.30 Uhr auf der Bühne des Volkstheaters steigt. Welche Richtung für das Haus bestimmend ist, machte freilich schon davor ein kürzlich an der Fassade des Theaters angebrachtes Hinweisschild deutlich: "Rechts ist bei uns nur Haupteingang, Kartenservice, Dunkelkammer & Bühneneingang."

ribbon Zusammenfassung
  • Die Nationalratswahl hat die Kunst- und Kulturszene stark mobilisiert, mit zahlreichen Aufrufen zur Stimmabgabe und Warnungen vor einem Rechtsruck.
  • Im Museumsquartier fand ein Demokratie-Frühschoppen statt, organisiert von Jeunesse im Rahmen ihres 75-Jahr-Jubiläums, mit Blasmusik, Chorgesang und Bierbänken auf der Bühne.
  • Im Café Liebling des Wiener Volkstheaters konnten Teilnehmer bei einer Wahlwette die Prozentanteile der Parteien schätzen und Volkstheater-Tickets gewinnen, bevor ab 15.30 Uhr die große Wahlparty begann.