Teresa Präauer präsentiert "Kochen im falschen Jahrhundert"
Rezepte zum Nachkochen oder Anregungen für einen gelungenen Abend darf man sich nicht erwarten, und die begleitende Playlist mit leichtem Hintergrundjazz dürfte Kenner eher die Nase rümpfen lassen. Außerdem macht "die Gastgeberin", die in ihre neue Innenstadtwohnung geladen hat, in der noch immer unausgepackte Bananenkisten, dafür aber zu wenig vernünftige Sitzgelegenheiten zur Verfügung stehen, einiges, das man lieber nicht nachmachen sollte: Sie trinkt zu viel. Sie kocht zu wenig. Dafür stellt sie ihren Hauptgang erst im Laufe des Abends fertig und lässt unterdessen die hungrigen Gäste mit ihrem Partner alleine.
Wesentlich souveräner geht da die anonyme Erzählstimme mit dem Thema um. Erinnerungen an Ess- und Geschmackserlebnisse wechseln mit pointierten Bemerkungen über Starköche, die die Starautoren in den Feuilletons abgelöst haben, und über Kochbücher, die voller Bilder sind, auf denen tiefenentspannte Köche am Markt gartenfrische Produkte von den Gemüsebauern ihrer Wahl kaufen, während die Realität meist darin besteht, "schwitzend mit vollem Einkaufswagen an der Supermarktkasse" zu stehen. Das liest sich überaus fluffig und gut gewürzt - und nicht selten muss man schallend dabei lachen (auch ohne die Enthemmung selbst mitzumachen, die man angesichts mehrerer zu fünft geleerter Crémant-Flaschen am Personal des beschriebenen Abends bemerken kann).
Präauer, geboren 1979 in Linz und zunächst vorwiegend als bildende Künstlerin aktiv, hat seit ihrem Debütroman "Für den Herrscher aus Übersee" (2012) mit fast jedem neuen Buch bewiesen, dass ihr das Experiment viel näher ist als die Routine. Das gilt auch für "Kochen im falschen Jahrhundert". Denn sie interessiert sich nicht nur für die Rituale einer Essenseinladung, sondern auch für die Gäste. Dabei liefert sie nicht nur mehrere mögliche Entwicklungen des Abends, sondern auch den Beweis, dass sie studiert hat, wie in Stücken wie "Der Gott des Gemetzels" von Yasmina Reza die Dinge harmlos beginnen und zunehmend aus dem Ruder laufen.
Figuren wie "der Ehemann", "die Ehefrau" und "der Schweizer" sieht man dabei schon förmlich auf der Bühne, während im Laufe des Abends Wasserflecken in teuren Tischplatten und Brandlöcher in teuren Geschirrtüchern für ewige Erinnerungen sorgen und zu später Stunde mit "dem Amerikaner" und "der Amerikanerin" auch noch via Social-Media-Liveberichterstattung von dem Essen Überraschungsgäste auftauchen. Am Ende hinterlässt das Buch kein Völlegefühl, sondern gute Laune.
Heute, Freitag, wird "Kochen im falschen Jahrhundert" im Literaturhaus Wien präsentiert. Dazu gibt es nicht Jazz, sondern Musik von Klemens Lendl. Und Brötchen.
(S E R V I C E - Teresa Präauer: "Kochen im falschen Jahrhundert", Wallstein Verlag, 198 Seiten, 22,70 Euro, Buchpräsentation: Heute, 3. März, 19 Uhr, im Literaturhaus Wien, Seidengasse 13, 1070 Wien)
Zusammenfassung
- An sich ja kein besonders aufwendiges und aufregendes Menü für drei Gäste.
- Das Geheimnis ist das liebevolle Aufbereiten und Anrichten - und da zeigt Teresa Präauer in ihrem neuen Roman "Kochen im falschen Jahrhundert" ihre wahre Meisterschaft.
- (S E R V I C E - Teresa Präauer: "Kochen im falschen Jahrhundert", Wallstein Verlag, 198 Seiten, 22,70 Euro, Buchpräsentation: Heute, 3. März, 19 Uhr, im Literaturhaus Wien, Seidengasse 13, 1070 Wien)