APA/L.Davin/Nature Scientific Report/L. Davin

Steinzeitliche Flöten imitierten Raubvogel-Rufe

Nach Ausgrabungen in der prähistorischen Fundstätte von Eynan-Mallaha im Norden Israels haben Forscher der Universität Wien gemeinsam mit französischen und israelischen Kollegen sieben 12.000 Jahre alte Flöten entdeckt, deren Klang dem Ruf verschiedener Raubvögel ähnelt. Es handelt sich um die ersten prähistorischen Blasinstrumente, die im Nahen Osten gefunden wurden, berichteten die Forscher im Fachjournal "Nature Scientific Reports".

Direkte Belege für Klanginstrumente aus der Altsteinzeit seien relativ selten, es gebe nur wenige Beispiele insbesondere aus europäischen Kulturen, schreiben die Wissenschafter um Laurent Davin von der Hebräischen Universität Jerusalem und José-Miguel Tejero vom Department für Evolutionäre Anthropologie der Universität Wien in der Publikation. Man ging davon aus, dass es auch in anderen Regionen solche Instrumente gegeben hat, für die Levante gebe es aber nur dürftige Belege dafür.

An der Fundstätte Eynan-Mallaha finden sich Spuren der Natufian-Kultur, die von etwa 15.000 bis 11.500 vor unserer Zeitrechnung im Nahen Osten vorherrschte. Die Natufianer waren die ersten Jäger und Sammler in der Levante, die einen sesshaften Lebensstil annahmen. Verbunden mit diesem dramatischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel war auch eine wachsende soziale Komplexität, die sich etwa in langlebigen Steinbauten und Grablegungen widerspiegelte.

Bei Ausgrabungen in den Jahren 1996 bis 2005 wurden in einer rund 12.000 Jahre alten Schicht zahlreiche Vogelknochen gefunden - das Gros davon stammt von Wasservögel. "Es finden sich aber auch Knochen von Greifvögeln darunter, die offensichtlich gezielt gejagt wurden und deren Krallen wahrscheinlich als Schmuck Verwendung fanden", erklärte Tejero gegenüber der APA.

Bei einer Neubewertung der Knochenfunde identifizierten die Forscher ein vollständiges und sechs bearbeitete Knochenfragmente eindeutig als Flöten. Es handelt sich dabei um verschiedene Knochen aus den Flügeln unterschiedlicher kleinerer Wasservögel, die ein- bis viermal perforiert wurde, um Fingerlöcher zu bilden. Wo sie noch vorhanden waren, wiesen auch die Knochenenden Löcher auf. An allen bearbeiteten Stellen sind Abnutzungsspuren zu erkennen, die darauf schließen lassen, dass alle Instrumente benutzt wurden, schreiben die Forscher in der Arbeit.

Die Wissenschafter gehen davon aus, dass die Knochen bewusst ausgewählt wurden, und zwar nach dem Klang, der damit erzeugt werden kann. Aus der Tatsache, dass kleine Knochen mit geringer Luftleitung verwendet wurden, und der Anordnung der Löcher schließen die Wissenschafter, dass mit den Instrumenten Vogelrufe imitiert wurden. Diese These wurde auch mithilfe experimenteller Nachbildungen von drei Flöten und den damit erzeugten Tönen gestützt. So würden die Rufe des Turmfalken und des Sperbers ähnliche Lautspektren aufweisen, wie die mit den Nachbildungen erzeugten Töne.

Die Instrumente könnten also dazu gedient haben, Turmfalken und Sperber anzulocken, um sie leichter zu jagen. Möglich wäre auch, dass die mit Flöten imitierten Vogelstimmen in die Musik- oder Tanzpraktiken der Natufianer integriert wurden, betonen die Forscher in ihrer Arbeit. Die Natufianer dürften den Raubvögeln jedenfalls einen besonderen symbolischen Wert beigemessen haben, wie die zahlreichen aus Krallen gefertigten Ornamente belegen, die in Eynan-Mallaha gefunden wurden.

(S E R V I C E - https://doi.org/10.1038/s41598-023-35700-9)

ribbon Zusammenfassung
  • Es handelt sich um die ersten prähistorischen Blasinstrumente, die im Nahen Osten gefunden wurden, berichteten die Forscher im Fachjournal "Nature Scientific Reports".