Starchoreografin Mathilde Monnier gastiert bei ImPulsTanz
Den Anfang machen ab Freitag (28. Juli) "Black Lights" im Volkstheater. Das Stück für acht Tänzerinnen und Schauspielerinnen nimmt Bezug auf die ARTE-Fernsehserie H24, in der in 24 Fünf-Minuten-Clips 24 Stunden einer Frau anhand alltäglicher Gewalterfahrungen nachgezeichnet werden. "Mehr noch als auf die Kurzfilme habe ich mich auf die ihnen zugrunde liegenden Kurzgeschichten bezogen, die als Buch erschienen sind", erzählt Monnier. In den Texten schildern Autorinnen wie Siri Hustvedt, Sofi Oksanen oder die Österreicherin Angela Lehner verletzende, erniedrigende und ernüchternde Erfahrungen.
Neun dieser Erzählungen bringt die Choreografin auf die Bühne. "Dabei geht es mir aber weniger um einen Beitrag zu einer wichtigen politischen Debatte, sondern um die Untersuchung des Storytelling auf der Bühne: Wie schreiben sich diese Verwundungen in die Körper ein - und wie können wir das körpersprachlich zum Ausdruck bringen?" Die Beziehung zwischen Tanz und Text, Körper und Sprache steht auch im Zentrum ihres fünftägigen Field Project, das am 31. Juli startet. Die produktive Interaktion dieser beiden Medien interessiere sie seit langem, sagt Monnier. Dabei habe sie immer wieder festgestellt, welche Scheu Tänzerinnen und Tänzer davor hätten, nicht nur ihre Körper, sondern auch ihre Stimme einzusetzen.
Das Thema Gewalt gegen Frauen hat die Kunstbranche verändert. Vorwürfe von Übergriffen, Erniedrigungen oder struktureller Gewalt wurden auch in der Tanzszene laut. Der prominente Künstler und Choreograf Jan Fabre wurde im Vorjahr in einem Missbrauchsprozess verurteilt. Die #metoo-Debatte habe bleibende Veränderungen ausgelöst, ist die Choreografin, die nicht nur lange Compagnie-Chefin, sondern auch Leiterin wichtiger französischer Tanzzentren war, überzeugt.
Bei Festivals wie ImPulsTanz sei es mittlerweile Standard, eine Art Verhaltenskodex unterschreiben zu müssen, vor wenigen Tagen habe erstmals eine Technikcrew in Genf eine Koproduktion mit dem Festival von Avignon platzen lassen, um gegen die autoritären Arbeitsmethoden des auch hierzulande bekannten Regisseurs Krystin Lupa zu protestieren. "Vor allem die junge Generation lässt sich nichts mehr gefallen und baut richtig Druck auf."
Mit ihrem Solo "Défilé pour 27 chaussures" am 1. August in der Heidi Horten Collection ist die Choreografin schließlich selbst als Performerin zu erleben. Bekleidet mit schwarzen Strumpfhosen und weißem Herrenhemd setzt sie sich in der 45-minütigen Aufführung mit 13 Paaren des Schuhhauses J.M. Weston auseinander. Und der 27. Schuh? "Darüber möchte ich nicht allzu viel verraten", lacht Mathilde Monnier, "nur soviel: Manche Stiefel müssen in Reih' und Glied stehen, um ihre Wirkung zu erzielen ...".
Sie selbst sei keine Schuh-Fetischistin, liebe aber Schuhe wie fast alle Frauen. "High Heels ziehe ich allerdings kaum mehr an. Zu gefährlich! Wir Tänzerinnen und Tänzer müssen auf unsere Füße achten." Im übrigen könne man nicht nur die Mode- und Sozialgeschichte, sondern auch die Tanzgeschichte anhand von Schuhen analysieren. Lange seien Tänzerinnen und Tänzer mit speziellen Ballettschuhen für den Spitzentanz gequält worden. Dann kam eine radikale Befreiungsbewegung. "Ab da wurde nur noch barfuß getanzt. Doch das ist fast komplett vorbei. Heute tanzt jeder nur noch in Sneakers. Sneakers sind die neue Spitzenschuhe."
(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)
(S E R V I C E - "Black Lights", Volkstheater, 28.7., 21 Uhr, "Défilé pour 27 chaussures", 30.7., 19 Uhr, Heidi Horten Collection, 1.8., 20 und 21.30 Uhr. Beide Produktionen sind Österreichische Erstaufführungen. https://www.impulstanz.com, https://www.mathildemonnier.com)
Zusammenfassung
- Ein ImPulsTanz-Festival ohne Mathilde Monnier ist möglich, aber unvollständig und auch unwahrscheinlich: Seit drei Jahrzehnten ist die französische Choreografin und Tänzerin regelmäßig zu Gast in Wien.
- "Das ist wirklich ein Fixpunkt meines Lebens geworden", meint die 64-Jährige im Gespräch mit der APA und schwärmt von dem Austausch und der Atmosphäre bei ImPulsTanz.
- Sie selbst sei keine Schuh-Fetischistin, liebe aber Schuhe wie fast alle Frauen.