Siegel zeigt indisch-arabische Verbindungen vor 4.000 Jahren
Seit 2019 forscht das Österreichische Archäologische Institut (ÖAI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), in Kooperation mit der archäologischen Behörde vor Ort - der Sharjah Archaeology Authority (SAA) - und mit Unterstützung der Österreichischen Botschaft in Abu Dhabi, an dem am Golf von Oman gelegenen Ort nahe am Eingang zur "Straße von Hormus". Das weniger als zwei Zentimeter im Durchmesser große Siegel aus Stein im sogenannten "Golfstil" wurde gegen Ende des dritten Jahrtausends vor Christus auf der arabischen Halbinsel gefertigt, zeigt aber eindeutige Einflüsse der im heutigen Indien beheimateten Harappa- oder Indus-Kultur - einer der ersten hochentwickelten, von Städten geprägten Gesellschaften der Bronzezeit.
Das Fundstück zeigt einen Stier und vermutlich einen Löwen in Angriffsposition, schreiben die Wissenschafter um Christoph Schwall vom Zentrum für Archäologie (LEIZA) in Mainz und ÖAI-Leiterin Barbara Horejs in ihrer Arbeit. Vor allem das Stier-Symbol sei ein wiederkehrendes Motiv aus jener Epoche im Industal, während der Löwe eher in Richtung des mesopotamischen Einflusses weist. Offenbar habe man es hier mit einer "Fusion" von westlichen und östlichen Motiven zu tun, was zu der geografischen Lage mit Meeresanbindung der über rund 2.000 Jahre kontinuierlich bewohnten Stadt passe. Die Anwesenheit des Siegels lasse auf eine administrative Tätigkeit im Rahmen des Handels schließen.
Die Archäologen gehen davon aus, dass die vor rund 4.500 Jahren errichtete Ortschaft einst überregionale Bedeutung hatte und als Handelsknotenpunkt sowohl über den Seeweg als auch über das Landesinnere der arabischen Halbinsel diente. Nachweisen konnte das Team in den vergangenen Jahren massive Steinringmauern und einstige Türme. Im Inneren der Siedlung dominierten demnach massive Lehmziegelstrukturen. Man fand Feuerstellen und Hinweise auf Handwerksproduktion, inklusive der Metallverarbeitung.
Im Hinterland der Siedlung fanden Forscher vielerlei Gesteine, deren Vorkommen ebenfalls zum Aufstieg des Ortes beigetragen haben könnten: "Unsere Ausgrabungen haben zahlreiche neue und bisher völlig unbekannte Lagerstätten von Feuerstein, verschiedene metamorphe Gesteine, Halbedelsteine, darunter Jaspis, Chalzedon, Achat, Karneol, entdeckt, deren weitere Untersuchungen derzeit laufen", wird Michael Brandl vom ÖAI in einer Aussendung zitiert.
(S E R V I C E - https://doi.org/10.15184/aqy.2024.45)
Zusammenfassung
- Die Küstenstadt Kalba in den Vereinigten Arabischen Emiraten war vor über 4.000 Jahren eine bedeutende wirtschaftliche Drehscheibe mit Verbindungen von der Ägäis bis zum Indusgebiet.
- Ein österreichisch-deutsches Forschungsteam fand ein Siegel aus dem dritten Jahrtausend v. Chr., das indische und arabische Elemente verbindet und auf administrative Tätigkeiten im Handel hinweist.
- Archäologen entdeckten massive Steinringmauern und Lehmziegelstrukturen in der Siedlung, die als Handelsknotenpunkt sowohl über den Seeweg als auch über das Landesinnere diente.