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Shakespeares "Sturm" wehte am Landestheater NÖ nur flau

Heute, 09:33 · Lesedauer 3 min

Das war eher ein flaues Lüfterl: Im Landestheater Niederösterreich in St. Pölten hat Anne Mulleners William Shakespeares "Der Sturm" inszeniert, laut Ankündigung als "visionären Weltentwurf" im Zeichen von Digitalismus und KI. Kein einfaches Unterfangen, wie sich bei der Premiere am Samstagabend erwies. Dennoch gab's freundlichen Beifall.

Das Bühnenbild mit seinen nicht unraffiniert verschachtelten Hintergrundebenen und dem großen kreisrunden Loch in der Mitte lässt an eine Waschmaschine denken, in der das Stück bei mäßiger Temperatur durchgeschleudert wird. Leuchtstäbe sind offenbar gerade sehr in, in einem grünen Netz verheddert sich Caliban, Felsbrocken liegen umher, irgendwann rollen Äpfel über den Bühnenboden: Die Insel als Paradies und Hölle. Von der Videowand blickt bisweilen das Drag-Model Madame Lea, einerseits als Visualisierung der Hexe Sycorax, andererseits als Symbol für Queerness und womöglich auch für kolonialistischen Exotismus. Da merkt man schon die Überfrachtung.

Zu Beginn tauchen die Schiffbrüchigen aus einer Luke auf wie Handpuppenfiguren und schreien Zeter und Mordio. Das hektische Geschrei setzt sich leider fort, auf leise Zwischentöne und poetische Momente wartet man vergebens. Daran kann auch der atmosphärische Soundtrack von Aki Traar nichts ändern. Vielmehr wird mit Verfremdungen gearbeitet, wenn etwa scheinbar unterbrochen wird und das Saallicht angeht. Manchmal fragt man sich, ob das Timing von Text und akustischen Ereignissen wohl absichtlich so inhomogen erfolgt. Hoffentlich!

Ziemlich unvorteilhaft kostümiert wird das Ensemble durchs Geschehen geschickt. Als Prospero verströmt Doyen Michael Scherff eine gewisse Ratlosigkeit: Sie wäre ihm nicht zu verdenken. Caroline Baas ist seine naive Tochter Miranda als Biedermeier-Verschnitt und mit einer leuchtenden Glühbirne in der Hand (soll ihr gar ein Licht aufgehen?), Julia Kreusch ist ein eher grantiger als gefährlicher Caliban, Bettina Kerl ein herber Antonio, Laura Laufenberg ein phlegmatischer Ariel.

Rechnung geht nicht auf

Tobias Artner spielt sowohl Ferdinand als auch Stephano, Roberto Romeo sowohl König Alonso als auch Trinculo. Das sorgt hin und wieder für Verwirrung. Zwar erinnert man sich an eine Inszenierung von Barbara Frey, die mit insgesamt drei Mitwirkenden ausgekommen ist, doch hier will die Rechnung nicht aufgehen. Shakespeares Zauberinsel bleibt trotz bemühter Effekte ohne Zauber. Ein seltsam unstimmiger Abend.

(Von Ewald Baringer/APA)

(S E R V I C E – St. Pölten, Landestheater NÖ: William Shakespeare, "Der Sturm". Regie: Anne Mulleners. Mit Michael Scherff, Caroline Baas, Julia Kreusch, Laura Laufenberg, Tobias Artner, Roberto Romeo, Bettina Kerl. Weitere Vorstellungen bis 28. Mai. Tickets und Information: www.landestheater.net)

Zusammenfassung
  • Anne Mulleners' Inszenierung von Shakespeares 'Der Sturm' im Landestheater Niederösterreich wurde als überladen und hektisch kritisiert, erhielt aber dennoch freundlichen Beifall bei der Premiere.
  • Das Bühnenbild und die Kostüme wurden als unvorteilhaft beschrieben, und die Besetzung führte zu Verwirrung, insbesondere durch die Doppelrollen von Tobias Artner und Roberto Romeo.
  • Die Inszenierung, die bis zum 28. Mai läuft, versuchte moderne Themen wie Digitalismus und KI zu integrieren, was als herausfordernd empfunden wurde.