Senta Berger las Alfred Polgar beim Kultur.Sommer.Semmering
"Zu früh": So quittiert Berger den frenetischen Empfang, den ihr das Publikum bereitet. Feine Ironie kennzeichnet ihre eloquente Contenance, und diese Ironie findet sich auch in Polgars Texten, die "von den archaischen Eigenschaften des Menschen handeln", in Geschichten, "die man verfilmen könnte. Vielleicht mach ich das noch einmal", meint Berger. Polgar sei ein "kritischer Wiener" gewesen wie sie selbst, doch sei sie "so selten in Wien, dass ich keine Gelegenheit dazu finde." Mit wunderbar differenzierter Stimmgebung und Gespür für die reizvollen, reizenden und gereizten Situationsbilder entstehen mitreißende Miniaturen mit köstlichen Mann-Frau-Dialogen, vom Semmeringer Salonquartett erstklassig in musikalischen Intermezzi bereichert.
"Gedanken über Unabänderliches helfen nicht weiter. Ich bin kein religiöser Mensch und meditiere auch nicht. Ich muss Endlichkeit erst lernen": Im Gespräch mit Intendant Florian Krumpöck gab die bewundernswert jugendlich wirkende Grande Dame des österreichischen Theaters und Films anschließend Auskunft über ihre Ansichten auch zu den letzten Dingen. "Wenn ich schon begraben sein muss, will ich unter einem Stein liegen, der mit gefällt."
In einfachen Verhältnissen aufgewachsen, aber von den Eltern gefördert, startete sie schon in jungen Jahren eine Filmkarriere in Hollywood: "Eine große Erfahrung, aber ich habe gemerkt, es ging für mich nicht mehr weiter. Ich war ausgehungert nach europäischem Leben." Sie habe sich dann "ohne Überlegung" in Rom niedergelassen, später in München. Von 1974 bis 1982 reüssierte sie an der Seite von Curd Jürgens als Buhlschaft im "Jedermann" bei den Salzburger Festspielen, war u.a. am Wiener Burgtheater und am Hamburger Thaliatheater engagiert.
Auch Fragen aus der Zuhörerschaft beantwortet Berger ohne Umschweife. Was denn ihr Traum wäre, noch einmal zu machen? "Ich habe diesen Traum nicht." Ihre Haltung zum Feminismus? "Ich war immer unabhängig. Eine Gruppe Frauen ohne einen Mann langweilt mich." Warum sie so bodenständig und geerdet wirke? "Ich bin ein Stier!"
Mit ihrem Mann Michael Verhoeven ist sie seit 1966 verheiratet. Mit ihm zusammen hat sie die Sentana-Filmproduktion gegründet. "Geld aufzutreiben, um einen Film zu produzieren, war für mich ein großer Schritt. Ohne Filmförderung wäre das heute nicht mehr denkbar." Und aus ihrer Erfahrung am Filmset weiß sie: "Bei Dreharbeiten sind Auseinandersetzungen nur teuer. Es muss alles vorher geklärt sein." Ihre Lieblingsfilme? Deren gibt es viele, darunter "Die weiße Rose" und "Das schreckliche Mädchen".
Nach dem Geheimnis ihrer langen stabilen Ehe befragt, antwortet Berger: "Wir streiten sehr gerne und haben verschiedene Meinungen, aber wirklich gestritten haben wir nur über die Kinder." Und schließt mit einem Zitat von Polgar: "In der Liebe ist es besser, Zwei zu bleiben, anstatt - wie es die festlich-erotische Formel verlangt - Eins zu werden."
Nach der Veranstaltung rauscht sie im eigenen Wagen ab, nicht ohne vorher noch geduldig und freundlich Wünsche nach Autogrammen und Fotos erfüllt zu haben. Kein Zweifel: Berger ist tatsächlich eine der ganz Großen - ein unkapriziöser Superstar, eine beeindruckende Persönlichkeit voll positiver Ausstrahlung, Lebensenergie und (nicht zuletzt) Lebensklugheit.
(S E R V I C E - Kultur.Sommer.Semmering, Südbahnhotel, Intendanz: Florian Krumpöck, Veranstaltungen bis 5. September, Information: www.kultursommer-semmering.at)
Zusammenfassung
- Anlässlich ihres 80. Geburtstags wurde Senta Berger zuletzt mit etlichen Auszeichnungen bedacht.
- "Zu früh": So quittiert Berger den frenetischen Empfang, den ihr das Publikum bereitet.