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Schachingers Schulroman "Echtzeitalter" als Jugendstück

Tonio Schachingers 2023 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Schulroman "Echtzeitalter" für ein junges Publikum auf die Bühne zu bringen, ist würdig und recht. Gerald Maria Bauer, der Chefdramaturg des Theaters der Jugend, übernahm gleich selbst Bühnenfassung und Inszenierung. Die Premiere wurde am Montag im Wiener Theater im Zentrum umjubelt - vieles an Schachingers am Theresianum gesammelten und im Roman niedergeschriebenen Erfahrungen hat wohl allgemein Gültigkeit.

Die Nöte des jungen Till Kokorda und seiner Mitschüler mit dem strengen und ungerechten Klassenvorstand Dolinar vermitteln sich in der glaubwürdigen Darstellung von Ludwig Wendelin Weißenberger als nicht unbegabter, aber auch nicht überambitionierter Schüler und Sebastian Pass als permanent übergriffiger Lehrer sehr nachvollziehbar. Dagegen bleibt jene Welt, in die sich der Computer-Nerd mit Vorliebe zurückzieht und dort zum international gefeierten Szene-Star wird, ein Fremdkörper.

Hatte man am Schauspielhaus Graz, wo im Dezember die erste Dramatisierung ihre Uraufführung feierte, wenigstens versucht, das in der Handlung zentrale Computerspiel "Age of Empire 2" in die Bühne zu integrieren, so führt Friedrich Eggerts Wiener Bühnenlösung in die Irre: Was wie Pixelwände aussehen soll, kommt mehr als weiß-grau-schwarze Kachelfläche rüber. Der Unterricht scheint nicht im Klassen-, sondern im Badezimmer stattzufinden. Hier flimmert rein gar nichts. Das Ambiente scheint so antiquiert wie der große Doppeladler, der an der Wand prangt.

Dennoch gelingt es, eine halbwegs zeitgemäße "Der Schüler Gerber"-Version des 21. Jahrhunderts abzuliefern, in der en passant ein kleines bisschen jüngste Zeitgeschichte verpackt wird: Wie das mit Kanzler Kurz und seinen in Polizeipferde verliebten Innenminister Kickl war, was das Ibiza-Video ausgelöst hat, und wie sich die Corona-Pandemie bleischwer über das Land und den Schulbetrieb legte - davon bekommt das junge Publikum eine Ahnung vermittelt.

Neben den beiden famosen Hauptdarstellern agiert auch der Rest des Ensembles - Sophie Aujesky, Clemens Matzka, Curdin Caviezel, Stefan Rosenthal und Aña-Maria Kunz - in Mehrfachrollen durchaus lebensnah, allerdings mit einem Hang zur Überzeichnung, der von der Ausstattung unterstützt wird. Dass sie nur selten wirklich miteinander spielen dürfen, sondern in diesen zweieinhalb Stunden (inklusive Pause) häufig Handlung nacherzählen, ist ein häufiges Problem von Roman-Dramatisierungen, dem auch Bauer nicht entkommt.

Am Ende weiß man, dass die Konfrontation mit schulischen Autoritäten und den übrigen Herausforderungen des Erwachsenwerdens heute offenbar ganz ähnlich erlebt und erzählt werden kann wie in den Generationen davor. Man hat aber auch eine Ahnung, dass sich das gewiss frecher und zeitgemäßer auf die Bühne bringen ließe. Den einzigen Szenenapplaus heimst übrigens kein Lehrer und kein Schüler, sondern ein Sektionschef ein: Clemens Matzka zeigt ihn als Karikatur der fleischgewordenen Schul-Bürokratie. Und mit der dürfte jeder und jede im Publikum einschlägige Erfahrungen gemacht haben.

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - "Echtzeitalter" von Tonio Schachinger in einer Bearbeitung von Gerald Maria Bauer, Regie: Gerald Maria Bauer, Ausstattung und Licht: Friedrich Eggert. Mit: Ludwig Wendelin Weißenberger, Sebastian Pass, Sophie Aujesky, Clemens Matzka, Curdin Caviezel, Stefan Rosenthal und Aña-Maria Kunz. Für Jugendliche ab 13 Jahren und Erwachsene. Eine Produktion des Theaters der Jugend im Theater im Zentrum, Vorstellungen bis 28. März. www.tdj.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Tonio Schachingers Roman 'Echtzeitalter', ausgezeichnet mit dem Deutschen Buchpreis 2023, wurde von Gerald Maria Bauer für die Bühne adaptiert und im Wiener Theater im Zentrum uraufgeführt.
  • Das Stück behandelt die schulischen Herausforderungen des jungen Till Kokorda und integriert gesellschaftliche Themen wie die Corona-Pandemie, wobei die Darstellung des zentralen Computerspiels kritisiert wurde.
  • Die Aufführung wird bis zum 28. März gezeigt und erhielt positive Resonanz, insbesondere für die Darstellerleistungen von Ludwig Wendelin Weißenberger und Clemens Matzka.