"Ringe der Macht" startet am Freitag bei Amazon
Das Werk von J.R.R. Tolkien (1892-1973) ist äußerst umfangreich. Neben den bekanntesten Büchern "Der Herr der Ringe" und dessen zuvor veröffentlichte Vorgeschichte "Der Hobbit" gibt es unzählige andere Geschichten, die teils unvollständig geblieben sind, sowie eigene Sprachen, die Tolkien für seine Welt entwickelt hat. "Er hat den Marianengraben geschaffen, wenn es um Tiefe und Breite geht", schwärmte dementsprechend Patrick McKay bei einer Online-Pressekonferenz anfang der Woche. Er fungiert gemeinsam mit J.D. Payne als Showrunner für die neue Amazon-Produktion. "Tolkien hat immer gesagt, dass er nur Dinge entdeckt hat, die schon existierten", ergänzte Payne. "Das gilt noch mehr für uns."
In der Tat: Immerhin hat das Duo mit seinem Kreativteam eine Geschichte destilliert, die lange vor den Ereignissen im "Herr der Ringe" spielen. Konkret geht es um das Zweite Zeitalter auf Mittelerde, als der dunkle Herrscher Sauron in der Versenkung verschwunden ist und sich Menschen, Elben sowie Zwerge in relativer Sicherheit wähnten. Doch kein bombastisches Fantasyepos ohne ordentliches Comeback: Schließlich entstanden in jeder Zeit die titelgebenden Ringe der Macht, mit denen Sauron die Geschöpfe Mittelerdes unter seine Kontrolle bringen wollte, wobei ihm das Schmieden des Einen Rings helfen sollte.
"Wir haben eine Struktur gefunden, die sich organisch angefühlt hat", skizzierte Payne die Entstehungsgeschichte der Handlung. Das Duo musste dafür allerdings einen Kunstgriff anwenden und hat für die Serie Geschehnisse, die sich über einen langen Zeitraum ereignen, verkürzt und zusammengefasst. Dass man dennoch einen langen Atem braucht, unterstreicht schon die Ankündigung Amazons, zumindest fünf Staffeln produzieren zu wollen. Dementsprechend langsam entfaltet sich zum Auftakt auch das Kaleidoskop an Charakteren, die eine Rolle spielen werden.
Eine davon ist Elbin Galadriel: War sie im "Herr der Ringe" die von Cate Blanchett dargestellte, erhabene Herrscherin von Lothlórien, darf ihr die walisische Schauspielerin Morfydd Clark ein deutlich kriegerisches Antlitz verleihen. Sie will keineswegs akzeptieren, dass Sauron und mit ihm das Böse von Mittelerde verschwunden sei und macht sich auf eigene Faust auf die Jagd. "Ich habe viel trainiert, mit Waffen, auf Pferderücken, was sehr hilfreich war, um sie zu verkörpern", gab Clark Einblick in die anstrengende Vorbereitung für den Dreh. "Ich hatte auch im Kopf, wohin die Reise für meine Figur gehen wird. Das wussten wir ja. Aber das musste ich auch ausblenden. Es geht nicht nur um Galadriel, sondern darum, wie es sich anfühlte, im Zweiten Zeitalter von Mittelerde zu leben. Und die spätere Weisheit von Galadriel kam natürlich von Fehlern, die sie früher gemacht hat."
Im Inselreich Númenor begegnet dem Publikum mit Isildur ein anderer Name, der schon oft erklungen ist - wird aus diesem jungen Mann doch schließlich jener Krieger, der Sauron im letzten Kampf gegen Mordor den Einen Ring vom Finger schneidet. "Er ist ein komplexer Typ", meinte Maxim Baldry über seine Rolle. "Wir haben eine Idee, wo es für ihn hingehen wird, aber in der ersten Staffel ist er eigentlich ein Außenseiter auf der Insel. Er fühlt sich verloren und eine große Leere in sich drinnen." Seine Familie wird letztlich auch in die politischen Verstrickungen um den Thron von Númenor, den eigentlich Königin Míriel (Cynthia Addai-Robinson) für sich beansprucht, hineingezogen.
Als jüngerer, aber in Elbenjahren nicht unbedingt junger Elrond tritt Robert Aramayo in Erscheinung: "Ich liebe diese Zeit in seinem Leben, die wir noch nie zuvor gesehen haben." Der Brite, der selbst als ausgewiesener Tolkien-Anhänger gilt, hat die Arbeit an "Die Ringe der Macht" auch genutzt, "um allen ganz viele Frage zu stellen", lachte er. "Aber ich denke, das haben wir alle gemacht. Tolkien hat ja so geschrieben, als ob er durch den Spalt einer Tür schaut. Er lädt dich ein, deine eigenen Entscheidungen zu treffen. Hoffentlich konnten wir dem mit dieser Serie gerecht werden." Mehr als einen raschen Blick wird man wohl auch auf das Zwergen-Königreich Khazad-dûm werfen dürfen, spielt Durins Volk doch eine wesentliche Rolle. Und die Hobbits? Fehlen ebenso wenig, wenngleich sie in Form ihrer Vorfahren, der Harfüße, doch etwas anders aussehen als gewohnt.
Viele werden aber wohl besonders auf Sauron gespannt sein: Der finstere Gegenspieler von Menschen, Elben, Zwergen und Hobbits ist schließlich in diesem Zeitalter nicht nur ein feuriges Auge. "Ihn wirklich in Aktion zu sehen, war natürlich sehr attraktiv für uns", betonte Payne. Dennoch merkt man den Filmemachern an, dass sie allen Völkern gerecht werden wollen. "Um diese verschiedenen Kulturen zeigen und kennenlernen zu können, brauchten wir eine Geschichte, die sich sehr ausstreckt", nickte McKay. "Natürlich gibt es Action, aber eben nicht nur. Für uns wird es ein 50-stündiges Megaepos." Der Superlativ ist wohl auch angebracht, sollen die fünf geplanten Staffeln doch zusammen ein Budget von einer Mrd. Dollar haben.
(S E R V I C E - "Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht" ab 2. September bei Amazon Prime Video; https://www.amazon.de/Herr-Ringe-Die-Macht-Staffel/dp/B09QH9NVFG)
Zusammenfassung
- Mit Argusaugen wacht die Tolkien-Fangemeinde über das Werk des britischen Autors, der mit dem "Herr der Ringe" das Fantasygenre populär gemacht hat.
- Am Freitag startet mit "Die Ringe der Macht" nun eine der teuersten Serien aller Zeiten, deren Handlung tausende Jahre früher ansetzt - und doch einige bekannte Namen bereithält.
- "Tolkien hat immer gesagt, dass er nur Dinge entdeckt hat, die schon existierten", ergänzte Payne.