Mumok zeigt Piérons Wartezimmer der anderen Art
Was sich nun im dritten Untergeschoß des mumok findet, sei ein wunderbares Beispiel dafür, Kunst als Ventil zu verwenden, um Leid und die eigene Lebensgeschichte zu bewältigen, meinte mumok-Direktorin Karola Kraus bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Sie sprach von einer "sinnlichen", "berührenden", "lebensbejahenden", ja sogar "bezaubernden" Ausstellung. Den Überblick über diese hat man recht rasch, handelt es sich doch laut Kuratorin Manuela Ammer mit ihren 55 Quadratmetern Fläche um die wohl kleinste mumok-Ausstellung jemals.
In dem Raum finden sich rund zwei Dutzend Sessel, mehrere kleinere Tische, ein Kleiderständer samt einem dreiteiligen Kostüm, das aus recycelten Krankenhausleintüchern angefertigt wurde und in dem der Künstler dem Wartezimmer und den Zuschreibungen für kranke Personen entfliehen könnte. Auch ist ein mit kleinen rosa Steinen gefüllter Nasswischwagen, in den es kontinuierlich von der Decke tropft, vorhanden. Es wirkt fast so, als wäre die Installation an dieser Stelle undicht, als würde die Realität in diesen surrealen, pastellfarbenen Ort eindringen, an dessen Wänden sich sanft Schatten von Blattwerk bewegen und die Decke als bunter Himmel erstrahlt.
Blickfang von "Monstera deliciosa" - der Name verweist auf eine Pflanze, die heutzutage viele Wartezimmer in Arztpraxen schmückt - sind aber sicherlich 14 Schneekugeln, deren rosafarbene Schneeflocken behutsam zum Schweben gebracht werden dürfen. "Es handelt sich um kleine Zeitkapseln, mit denen Benoît Piéron wichtige Ereignisse aus seinem Leben teilt", erklärte Ammer. Schmerz, Lust, seine Faszination für Pflanzen oder auch Referenzen auf TV-Serien thematisiert der 1983 geborene Künstler mit den eigens für die mumok-Ausstellung angefertigten Werken.
Warten gilt gemeinhin als unproduktive Zeit, so auch der Körper, der in einem Wartezimmer verharrt. Benoît Piéron ist es jedoch gelungen, diese Zuschreibung zu durchbrechen, indem er im Banalen Wundersames entdeckte. Dass er es nun auch für die museale Öffentlichkeit sichtbar macht, lässt den nächsten Arztbesuch gleich in neuem Licht erscheinen.
(S E R V I C E - Ausstellung "Benoît Piéron. Monstera deliciosa", von 26. Oktober 2023 bis 7. Jänner 2024 im mumok, Museumsquartier Wien, Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen 10-18 Uhr, Mittwoch 10-20 Uhr; www.mumok.at)
Zusammenfassung
- Der französische Künstler Benoît Piéron verbrachte viel Zeit in solchen, erkrankte er doch bereits als Kind schwer.
- Das Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig (mumok) im Wiener Museumsquartier zeigt bis 7. Jänner seine erste museale Einzelausstellung "Monstera deliciosa".
- Benoît Piéron ist es jedoch gelungen, diese Zuschreibung zu durchbrechen, indem er im Banalen Wundersames entdeckte.