Multireligiöses Oratorium zum Start von Festival Imago Dei
Zu Beginn des Abends sprach der Philosoph Konrad Paul Liessmann über das Thema "Zum ewigen Frieden", in Anlehnung an die gleichnamige Schrift von Immanuel Kant. Ewiger Friede sei zwar nur am Friedhof möglich, doch dauerhafter Friede könne durch rechtliche Rahmenbedingungen garantiert werden. Angesichts weltweiter Aufrüstung mache sich allerdings geradezu verdächtig, wer heute vom Frieden spreche, meinte Liessmann und plädierte für die Einhaltung des Völkerrechts, das auf Kant zurückgehe, und für die Ächtung des Kriegs im Sinne der Vernunft und nach der Erfahrung zweier Weltkriege.
Ein wenig zwiespältig wirkte da das folgende Werk: In Händels Oratorium geht es auf sehr alttestamentarisch-grausame Weise um die Befreiung Israels aus der ägyptischen Gefangenschaft, indem Gott die Unterdrücker bis auf den letzten Mann ausrottet. Das birgt heutzutage durchaus problematisches Assoziationspotenzial. Signalisiert werden soll im 2011 uraufgeführten Werk allerdings das genaue Gegenteil, indem friedliches gemeinsames Musizieren drei Weltreligionen vereint: als "Trotzdem" gegen alle Faktizität.
Das Konzept stammt von hochkarätigen Musikern: Werner Ehrhardt gründete 1985 das Concerto Köln. Seit 2004 dirigiert er das ebenfalls von ihm gegründete Orchester l'arte del mondo, mit dem er auch in Krems auftrat. Der irakisch-jüdische Musiker Yair Dalal spielt mit seiner Gruppe Al Ol (Wüstenwind) seit mehr als 30 Jahren mit Musikern aus Israel und benachbarten Ländern, egal welche Herkunft oder Religion sie haben mögen. Weiters mitgewirkt hat der von Tobias Grabher sehr gut einstudierte Konzertchor Niederösterreich. Das Konzert wird am Sonntag, 30. März, wiederholt und am 15. April um 19.30 Uhr auf Ö1 ausgestrahlt.
Bis zum Ostermontag wartet Imago Dei mit sieben weiteren Veranstaltungen auf. Unter den Mitwirkenden des Festivals finden sich u.a. Franziska Fleischanderl, das Koehne Quartett, Wolfgang Muthspiel, Hopkinson Smith, Karin Nakagawa, Clemens Wenger, Maja Osojnik und Lena Willemark (Artist in Residence des Festivals). Ein Totentanz-Bilderzyklus von Herwig Zens und Partituren von George Crumb sind ausgestellt. Der letzte Konzertabend ist eine Hommage an den Festivalgründer Jo Aichinger, der am 8. April 70 Jahre alt geworden wäre, mit vielen seiner Wegbegleiter.
(S E R V I C E - Krems-Stein: Festival Imago Dei. Bis 21. April. Information und Tickets: www.imagodei.at)
Zusammenfassung
- Das Festival 'Imago Dei' startete mit der österreichischen Erstaufführung des Oratoriums 'Israel in Egypt - From Slavery to Freedom', das Händels Musik mit jüdischen und muslimischen Elementen kombiniert.
- Konrad Paul Liessmann sprach über die Bedeutung des Völkerrechts und plädierte für die Ächtung des Krieges im Sinne der Vernunft.
- Das Konzert wird am 30. März wiederholt und am 15. April um 19.30 Uhr auf Ö1 ausgestrahlt, während das Festival bis zum 21. April mit weiteren Veranstaltungen fortgesetzt wird.