Klangmagier Nils Frahm begeisterte wieder in Wien
2019 gastierte der deutsche Musiker zuletzt in Wien. Kürzlich erfolgte der Auftakt zur aktuellen Tour in Berlin. Das Konzerthaus war nun die zweite Station. Die Coronapause hat der deutsche Musiker offenbar kreativ genutzt, wobei er sein Home Office im Funkhaus in Berlin ausüben durfte. Zum einen wurde altes Material gesichtet und neu herausgegeben. Frühe und längst nicht mehr erhältliche Alben wie "Streichelfisch" (2005) sind nun wieder erwerbbar.
Aber auch ganz neue Ware liegt vor. Vor wenigen Tagen erschien sein neues Album "Music For Animals". Es ist das erste Studiowerk seit "All Melody" aus dem Jahr 2018 und bietet ausschließlich elektronische Klanglandschaften.
Dominiert wurde die Szenerie im Großen Saal wieder von einer beachtlichen Sammlung aus Gerätschaften, also von Tasteninstrumenten, Mischpulten, Synthesizern oder Lautsprechern. Menschen, die glauben, dass daheim in ihrem Wohnzimmer inzwischen zu viel Technik-Kram herumsteht, konnten beruhigt nach Hause gehen. Die Vielfalt auf der Bühne toppt das um Welten.
Was Nils Frahm den Tastaturen und Schaltkreisen entlockt, zieht unweigerlich in seinen Bann. Er serviert tanzbare Beats, die in jeden Club passen würden und ein breites Spektrum elektronischer Klänge. Auf minimalistisch-elegische Ambient-Sphären folgt Bombast, auf leise Töne lautes Tosen. Die Freude an der Melodie ist dabei stets spürbar.
Nils Frahm beim Tüfteln an den Soundwelten zu beobachten, bereitet großes Vergnügen, geschieht es doch mit sichtlich großer Begeisterung - und mit körperlichem Einsatz. Immer wieder wechselt er zwischen seinen Maschinen, Reglern, den Keyboards oder dem Piano, das der klassisch ausgebildete Musiker virtuos beherrscht, hin und her. Oft bedient er mehrere Instrumente und Geräte gleichzeitig.
Das Publikum musste hingegen züchtig sitzen, wobei manche Stücke dazu anregen, sich im Sog der Klänge zu bewegen. Exemplarisch dafür steht sein bekanntestes, immer wieder variiertes Werk "Says". Es beginnt minimalistisch und steigert sich zum großen Finale.
Neu mit dabei war erstmals ein altes, inzwischen selten gewordenes Instrument: Die Glasharmonika. Diese habe nun zum ersten Mal den "sicheren Hafen" Berlin verlassen, betonte Frahm. Zum Einsatz kam sie gleich zum Auftakt des Konzerts. Der fragile Apparat, der aus Glasglocken besteht, die mit den Händen zum Klingen gebracht werden, wurde von Frahm behutsam bedient. Die Sphärenklänge waren der perfekte Einstieg in den Abend.
Reduziert - aber prägnant und stimmig - fiel auch die Lichtshow aus. Sie benötigte nur wenige Scheinwerfer. Wenig zurückhaltend zeigte sich Frahm hingegen, wenn es um Interaktion mit seinem Publikum geht. Mit Verweis auf den Titel seines neuen Albums, also "Music For Animals", ersuchte er die Anwesenden, doch bitte Tierstimmen zu imitieren.
Was folgte war ein akustischer Besuch im Zoo. Da wurde begeistert gegurrt, gequakt oder gezwitschert. Ausdrücklich gelobt wurde von Frahm das Muhen einer Kuh, das im Tiergeräuschchor zu vernehmen war. Dieser wurde von Frahm auf Band aufgenommen und mit veränderter Geschwindigkeit sogleich in der nächsten Nummer verwendet.
Nach zwei Stunden war der Zauber vorbei. Es blieb bei einer Zugabe, obwohl das Publikum, das sich mit Standing Ovations, Jubel und langem Applaus bedankte, wohl noch gerne mehr gehört hätte. Aber es bleibt die Hoffnung, dass Nils Frahm bei einer seiner nächsten Klangreisen erneut in Wien Station macht. "Ich komme auf jeden Fall immer wieder", versprach er.
Zusammenfassung
- Am Samstagabend beehrte Nils Frahm zum ersten Mal nach der Pandemiepause wieder Wien.
- Er erfreute das ausverkaufte Konzerthaus mit einem Querschnitt seines Schaffens.
- Neu mit dabei war erstmals ein altes, inzwischen selten gewordenes Instrument: Die Glasharmonika.
- Diese habe nun zum ersten Mal den "sicheren Hafen" Berlin verlassen, betonte Frahm.
- Wenig zurückhaltend zeigte sich Frahm hingegen, wenn es um Interaktion mit seinem Publikum geht.