Bestechungsverfahren gegen Dichands und Kurz wegen Inseraten

In den Büros von "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand ist es am Donnerstag zu Hausdurchsuchungen gekommen, nachdem diese von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid schwer belastet wurde. Eva Dichand wies die Anschuldigungen als falsch zurück. Die WKStA ermittelt wegen Verdacht auf Inseratenkorruption gegen das Ehepaar Dichand, Sebastian Kurz und weitere Beschuldigte.

Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid soll in seinem umfassenden Geständnis bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auch die "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand schwer belastet haben, berichtete am Donnerstag zunächst das Ö1-"Mittagsjournal".

Laut Darstellung der Ermittlungsbehörde, die PULS 24 vorliegt, habe Dichand für Änderungen beim Stiftungsrecht lobbyiert und im Gegenzug eine positive Berichterstattung für Sebastian Kurz versprochen. Das haben in einem Fall dazu geführt, dass das Finanzministerium gegen eine Novelle für die von Stiftern ungeliebte Veröffentlichungspflicht eingetreten sei. Außerdem habe Dichand auf mehr Regierungsinserate in "Heute" und "Krone" gedrängt. Dies sei auch geschehen.

Laut Medientransparenzdatenbank habe es nach 2017 einen sprunghaften Anstieg der Schaltungen des Finanzministeriums gegeben: Und zwar von 800.000 auf 1,3 bis 1,6 Millionen Euro bei der "Krone" und von 730.000 Euro auf 1 bis 1,2 Millionen Euro bei "Heute". 

Dichands und Kurz als Beschuldigte

Seitens der WKStA wurden am Donnerstagabend "Hausdurchsuchungen bzw Sicherstellungen an mehreren Unternehmensstandorten in Wien" bestätigt. Zudem wurde bekanntgegeben, dass Amtshilfeersuchen an zwei Bundesministerien gestellt wurden. Inhalt der weiteren Ermittlungen sei der Verdacht einer strafrechtlich relevanten Vereinbarung zwischen Amtsträgern der Republik Österreich sowie insbesondere zwei österreichischen Medienunternehmen, wobei "Heute" und die "Kronen Zeitung" gemeint sein dürften. Die WKStA machte deutlich, dass die nun in Verdacht stehenden Inseratenschaltungen "etwa der Verschleierung der bereits seit Oktober 2021 bekannten (nach der Verdachtslage) korruptiven Vereinbarung mit einem anderen Medium und der Vermarktung politischer Inhalte gedient haben". Es geht also um Bestechung, Untreue und Bestechlichkeit.

Darüber hinaus geht aus der Aussendung hervor, dass Schmid einem Abteilungsleiter des BMF als Belohnung für die Inseratenschaltungen die Bestellung zu einem Staatskommissär versprochen und diesen in weiterer Folge auch auf diese Position ernannt haben soll. In diesem weiteren Verfahrensstrang würden "weitere darauf fokussierte Ermittlungen durchgeführt". Der konkrete Schaden sei noch Gegenstand des laufenden Ermittlungsverfahrens.

"Goodwill" für positive Berichterstattung

Dichand sei bezüglich Änderungen im Stiftungsrecht ab 2015 immer wieder auf Schmid zugekommen und habe ihre Wünsche auch an die Ex-ÖVP-Finanzminister Hansjörg Schelling und Hartwig Löger herangetragen. 2017 habe Schmid sich laut eigener Aussage entschlossen, Dichand gegenüber "guten Willen" zu zeigen, um rund um die Nationalratswahl 2017 positive Berichterstattung für Sebastian Kurz bei "Heute" und "Kronen-Zeitung" zu erreichen.

"Hoffe, sehr negativ"

Dichand wollte demnach mehr Flexibilität, weniger Transparenz und einen verringerten Steuersatz bei Auflösung einer Privatstiftung erreichen. Dafür soll sie Experten und Gutachten in ihrem Sinne übermittelt haben, die in entsprechende Beratungen im Finanzministerium (BMF) einfließen sollten.

In einem Chat zwischen Schmid und Dichand, der auch PULS 24 vorliegt, heißt es: "Liebe Eva, wir geben morgen unsere negativen Stellungnahmen zum Stiftungsgesetz des BMF ab." Dichands Antwort: "Danke für Info. Hoffe, sehr negativ." Schmid habe dann bestätigt: "Wir sagen, dass wir ein Paket und kein Stückwerk wollen. Und das daher ablehnen."

Mit seiner Bestellung zum ÖBAG-Vorstand 2019 habe Thomas Schmid laut eigener Aussage keinen Einblick mehr in die Stiftungssache gehabt und könne daher nicht sagen, inwieweit die Wünsche Dichands letztlich umgesetzt wurden.

Inserate, Inserate, Inserate

Dichand habe außerdem beklagt, dass die Mediengruppe "Österreich" gegenüber "Krone" und "Heute" bevorzugt werde. Laut Schmid habe Eva Dichand dabei auch für ihren Mann Christoph gesprochen, also auch für die "Krone".

Schmid soll daraufhin Johannes Pasquali, der für die Inseratenvergabe im Finanzministerium zuständig war, mit entsprechenden Freigaben beauftragt haben. An Dichand schrieb er im September 2017: "Habe alles erledigt wie besprochen – die GF (Geschäftsführer der beiden Medien, Anm.) sollen sich bei Pasquali melden." Eine knappe Woche später vermeldete Schmid an Dichand: "Wurde gerade informiert, dass beides erledigt wurde, wie besprochen!" Dichand antwortete erfreut: "Ja! Auch gehört! Danke. Christoph kommt heute zu eurem Umtrunk (ich gehe Fashion Show =D)"

"30 Prozent mehr als Österreich"

Bei den Inseratenschaltungen soll es sich nach Ansicht der Ermittler nicht um eine einmalige Sache gehandelt haben. Immer wieder schrieb Pasquali auch im folgenden Jahr an Schmid Bestätigungen über "erledigte" Inseratenzahlungen – vor allem auch an die "Krone".   

"Sache, wie eben besprochen, erledigt und Info wird umgehend an CD (Christoph Dichand, Anm.) weitergegeben", heißt es etwa am 17. Mai 2018. Einen knappen Monat später schreibt Pasquali: "Hatte einen sehr guten Termin mit dem Geschäftsführer der Krone, alles sehr freundschaftlich besprochen und geklärt."

Später zieht Pasquali gegenüber Schmid Bilanz: "Krone ist erledigt – sie hatten 30 Prozent mehr als Österreich – sie sind happy – ich bin es nicht, denn leider hat die Belohnung nicht geklappt."

Dichand: Anschuldigungen falsch

Eva Dichand hat die Vorwürfe gegen sie sowie "Heute" und "Kronen-Zeitung" als durchgehend falsch zurückgewiesen. Sie habe keinerlei Einfluss auf die Redaktion genommen, die "Heute" werde seit 11 Jahren von Chefredakteur Christian Nusser ohne politische Einflussnahme von außen geführt.

Auch Nusser selbst betonte auf Twitter, dass es keinerlei Interventionen auf redaktionelle Arbeit gegeben habe. Auf Versuche von Einflussnahme reagiere er "allergisch".

Es habe "viele Versuche von außen" gegeben, die Unabhängigkeit der "Heute" auszuhebeln. Eva Dichand nehme aber "null Einfluss" auf seine "redaktionellen Tages-Entscheidungen".

Kurz informiert: "wirklich etwas gelungen"

Sebastian Kurz, für den die wohlwollende Berichterstattung mit den Inseraten erkauft worden sein soll, sei laut Schmid von Anfang an über die Abmachungen informiert gewesen. So schrieb Schmid bereits im März 2017 an Kurz: "Hatte sehr langes und gutes Gespräch mit Eva Dichand und in Folge auch mit Helmut Fellner! Hier ist wirklich etwas gelungen! Beide stehen voll hinter dir! In dieser Form gab es das bei einem ÖVP-Kandidaten sicherlich noch nie! Einige Punkte müssen aber verstärkt beachtet werden: Stiftungen, Presseförderung, RTR, usw."

Für die WKStA ergibt sich aus diesen Nachrichten der Verdacht der Inseratenkorruption. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Schmid will Kronzeugen-Status

Der Ex-ÖBAG-Geschäftsführer und frühere Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid hat durch die auf seinem Handy gefundenen Chatnachrichten mehrmals für Schlagzeilen gesorgt. Sein Mobiltelefon war im Zuge der Ibiza-Ermittlungen beschlagnahmt worden, die von ihm zunächst gelöschten Chats konnten von den WKStA-Ermittlern aber wiederhergestellt werden.

Die Chats sorgten für umfangreiche Ermittlungen vor allem auch in den Reihen der ÖVP und führten letztlich zum Rücktritt mehrerer ÖVP-Regierungsmitglieder, darunter auch Ex-Kanzler und Parteichef Sebastian Kurz.

Schmid war vor allem in der Beinschab-Affäre rund um manipulierte Umfragen für Sebastian Kurz, die mit Steuergeldern bezahlt wurden, schwer belastet. Schmid legte bei der WKStA daraufhin ein umfassendes Geständnis ab und belastete zahlreiche Personen aus der ÖVP, um einen Kronzeugen-Status beantragen zu können.

ribbon Zusammenfassung
  • In den Büros von "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand ist es am Donnerstag zu Hausdurchsuchungen gekommen, nachdem diese von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid schwer belastet wurde.
  • Die WKStA ermitelt wegen Verdacht auf Inseratenkorruption gegen das Ehepaar Dichand, Sebastian Kurz und weitere Beschuldigte.