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ImPulsTanz: Tanzklassiker "Fase" begeistert nach wie vor

Zwei Tänzerinnen in Sneakers und grauen Kleidern, eine leere Bühne, Scheinwerfer und Minimal Music aus der Dose: Das sind die Zutaten von "Fase, Four Movements to the Music of Steve Reich", dem 1982 uraufgeführten frühen Meisterstück der belgischen Starchoreografin Anne Teresa De Keersmaeker. Gut 40 Jahre später weiß diese Symbiose aus strengem Formalismus und verspielten Bewegungsvariationen noch immer zu begeistern, wie die bejubelte ImPulsTanz-Aufführung am Montag bewies.

De Keersmaeker, geboren 1960, ist seit Jahren ein gern gesehener Gast des Festivals. Ihre Arbeit "Fase", mit der sie mit gerade einmal Anfang 20 ihren Durchbruch als Cheografin feierte und die immer noch regelmäßig international aufgeführt wird, war bereits 2001 bei ImPulsTanz zu sehen. Damals stand neben Michel Anne De May auch De Keersmaeker selbst auf der Bühne. Gut zwei Jahrzehnte später gab es nun in der Reihe "Classics" ein Wiedersehen mit dem 70-minütigen wegweisenden Werk im Wiener Volkstheater - mit Laura Bachman und Soa Ratsifandrihana, beide Mitglieder in De Keersmaekers Kompagnie Rosas, als neue Besetzung.

Es ist ein rein abstraktes Werk - ohne Narrativ oder Verweis auf Figuren. Die Grundlage bilden die vier Kompositionen "Piano Phase", "Come Out", "Violin Phase" und "Clapping Music" des amerikanischen Komponisten Steve Reich, die zwischen 1966 und 1972 entstanden sind. Dabei werden musikalische Grundmotive, die einmal aus Klavier- oder Violintonabfolgen, einmal aus Stimmenloops und zuletzt nur aus rhythmischem Klatschen bestehen, etabliert und in zig Wiederholungen variiert. De Keersmaekers Choreografie spiegelt dieses kompositorische Grundprinzip.

Die Tänzerinnen bewegen sich in perfekter Gleichzeitigkeit zur repetitiven Musik. Das Figurenvokabular ist dabei recht begrenzt. Schwingende Arme, Drehungen, kleine Sprünge, Wippen - aus reduzierten, kraftvollen und dabei doch stets fließenden Bewegungsabläufen setzen sich die in Summe hochkomplexen Tanzmuster zusammen, die manchmal an Ballerina-Spieluhren, manchmal an Selbstverteidigungsgesten, manchmal an wilde Ekstase denken lassen. Nach und nach werden die kurzen Bewegungssequenzen leicht verändert, verschieben sich, Asynchronität schleicht sich ein. Was sehr fordernd und verkopft klingt, erzeugt in Kombination mit den zuweilen an die weiße Leinwand geworfenen Schatten einen geradezu hypnotischen Sog.

Lediglich der dritte Abschnitt "Violin Phase" tanzt etwas aus der Reihe und bricht das strenge formalistische Grundprinzip der Duett-Dramaturgie etwas auf, darf Ratsifandrihana dabei doch als Solistin glänzen. Aber auch hier regiert die Faszination der Variation. "Fase, Four Movements to the Music of Steve Reich" ist gerade wegen seiner Zeitlosigkeit ein wunderbar gealteter Klassiker, den es lohnt, erstmals oder wieder zu entdecken. Umso erfreulicher, dass das ImPulsTanz-Festival wegen der hohen Nachfrage neben der geplanten Aufführung am Mittwoch eine Zusatzvorstellung für den heutigen Dienstag eingeschoben hat. Für beide Termine erwischt man mit etwas Glück noch Restkarten.

(S E R V I C E - ImPulsTanz: "Fase, Four Movements to the Music of Steve Reich" von Anne Teresa De Keersmaeker/Rosas. Getanzt von Laura Bachman und Soa Ratsifandrihana. Weitere Aufführungen: 18. (Zusatzvorstellung) und 19. Juli, 21 Uhr, im Wiener Volkstheater. www.impulstanz.com)

ribbon Zusammenfassung
  • De Keersmaeker, geboren 1960, ist seit Jahren ein gern gesehener Gast des Festivals.
  • Getanzt von Laura Bachman und Soa Ratsifandrihana.