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Heimische Kinos mit Aufwärtstrend nach dem Coronajahr

Die Kinobranche gehörte in der Coronapandemie zu den am stärksten betroffenen Branchen, brachen doch etwa im Augustvergleich 2019 zu 2020 die Besucherzahlen um 71,8 Prozent auf 390.178 Gäste ein. Umso höher fiel nun die Aufholjagd im laufenden Jahr aus, wie Christian Dörfler als Fachgruppenobmann der Branche in der Wirtschaftskammer am Donnerstag in einem Pressegespräch unterstrich: Von März bis August 2021 betrug das Plus im Jahresvergleich 284,9 Prozent.

Entsprechend sprach sich der Fachverbandsobmann, der als Besitzer des Wiener Haydn-Kinos auch selbst Betreiber ist, vehement gegen ein neuerliches Zusperren des Landes aus: "Wir halten einen Lockdown nicht nochmals aus." Wichtig sei deshalb, dass überall die Einhaltung der 3G-Regeln so konsequent kontrolliert werde wie in den Kinos. Dabei müsse man angesichts geringer Kommunikation und Bewegung nochmals betonen: "Die Ansteckungsgefahr im Kino ist wesentlich geringer als etwa im Supermarkt oder vielen anderen Bereichen."

Mit den finanziellen Unterstützungen der Branche im Lockdown seien die Kinos durchaus zufrieden, konzedierte Dörfler: "Das hat alles gut funktioniert." Das gelte auch im Europavergleich, Griechenland ausgenommen: "Das hat sonst nirgends so gut geklappt."

Die Frage, wie sich eine etwaige 1G- oder 2G-Regel bei steigender Inzidenz in den Krankenhäuser auf die Kinos auswirke, sei nicht so leicht zu beantworten. Programmkinos in der Stadt mit einem älteren, gebildeteren Publikum seien davon vermutlich weniger betroffen als Kinos am Land, bei denen die Testquote deutlich höher liege.

Grundsätzlich sei die Lage des heimischen Kinomarktes mit seinen 140 Betrieben mit 562 Sälen und 90.000 Sitzplätzen vor der Pandemie relativ solide gewesen. "Die Besucherzahlen waren in den vergangenen zehn Jahren ziemlich stabil", so Dörfler. Jährlich habe man zwischen 13 und 15 Millionen Besucher vorweisen können - bis zur Pandemie. 2020 brachen die Zahlen um 71,8 Prozent auf 2,198.628 Besucher ein. "Wir sind keine sterbende Branche, sondern eine, die sich sehr gut entwickelt hat bis zur Pandemie", betonte der Fachgruppenobmann. So sei die Zahl der Kinogänger europaweit seit 1999 um 39 Prozent gestiegen und habe etwa der britische Kinomarkt 2019 die höchste Besucherzahl seit 1972 verzeichnet.

Entsprechend sei auch die boomende Streamingbranche nicht das Problem."Ich sehe Streamen natürlich als Mitbewerber, aber nicht als die große Gefahr für das Kino", so Dörfler. Nicht zuletzt habe sich auch für die Studios gezeigt, dass das Geschäftsmodell der Kinos berechenbar sei, was im Streaming weniger der Fall sei.

Eher ein Thema sei die Frage, wie der Anteil heimischer Produktionen im Kinomarkt erhöht werden könne, zeige sich doch beim europäischen Ländervergleich, dass die Zuwachsraten umso höher lägen, je höher der Filmanteil heimischer Werke in einem Land sei. Während dieser etwa in Italien 2019 bei 21,2 Prozent, in Deutschland bei 19,7 Prozent und in den Niederlanden bei 10,9 Prozent gelegen habe, seien dies in Österreich lediglich 2,8 Prozent gewesen. Der Auftrag an die österreichischen Förderstellen sei deshalb, auch in breitenwirksame Produktionen zu investieren, betonte Dörfler: "Wir haben nichts davon, wenn wir nur Arthaus-Produkte gefördert bekommen."

Zu den weiteren Forderungen der Branche gehört, den in der Krise ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 5 Prozent auch über 2021 hinaus beizubehalten, da dieser ob mangelnden Umsatzes bisher noch nicht wesentlich zum Tragen gekommen sei. "Bis jetzt war es mehr eine Geste", so Dörfler. Überdies sollten von den Fördertöpfen nicht nur die Programmkinos, sondern alle Betriebe der Branche profitieren.

Die Begeisterung für das Kino soll auch mit einer Aktion gesteigert werden, die man gemeinsam mit Ö3 organisiert: Der Ö3-Kinopass. Neun Pässe - pro Bundesland einer - werden zwischen 13. und 16. September vom Radiosender verlost. Mit dem Pass können die Besitzer schließlich ein Jahr lang kostenlos in alle Kinos Österreichs gehen. Die Registrierung für die Aktion startet am Freitag. (https://oe3.orf.at/promo/stories/3017365)

BESUCHERZAHLEN JULI/AUGUST

2019

2.723.058

2020

539.263

2021

2.004.628

ribbon Zusammenfassung
  • Die Kinobranche gehörte in der Coronapandemie zu den am stärksten betroffenen Branchen, brachen doch etwa im Augustvergleich 2019 zu 2020 die Besucherzahlen um 71,8 Prozent auf 390.178 Gäste ein.
  • Mit den finanziellen Unterstützungen der Branche im Lockdown seien die Kinos durchaus zufrieden, konzedierte Dörfler: "Das hat alles gut funktioniert."
  • "Die Besucherzahlen waren in den vergangenen zehn Jahren ziemlich stabil", so Dörfler.