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Frankensteins Vater: Komponist HK Gruber hat 80. Geburtstag

Er hat in seiner langen Karriere das Kunststück vollbracht, sich einerseits den unbestrittenen Rang einer internationalen Größe der Neuen Musik zu erarbeiten, und dies zugleich mit originellem Humor zu verbinden: HK Gruber, Komponist, Dirigent und vieles mehr, feiert am heutigen Dienstag seinen 80. Geburtstag. In ebenso erratischer wie zugänglicher Weise vereint er die Musiktraditionen des 20. Jahrhunderts in sich und seinem Werk.

Grubers Quellen speisen sich ebenso aus der klassischen Tradition wie dem volkstümlichen Liedschaffen. Zeitgenössische Bewegungen haben im Werk des Wieners ebenso Spuren hinterlassen wie die Weimaraner Arbeiten Kurt Weills oder Hanns Eislers. Bar einfacher Einordnungen in stilistische Schulen, reiht HK Gruber chromatische wie diatonische ebenso wie neoklassische Elemente aneinander, gewürzt mit Anklängen an Revue und Pop. Da geht vieles zusammen, was sonst scheinbar nicht zusammengehört. Als Kitt dient ihm dabei stets der Humor und der leichte Zugang an schwere Arbeiten.

Mit dieser kompositorischen Mischung und als Dirigent von eigenen sowie von Werken seiner Vorbilder und Zeitgenossen ist er sowohl im klassischen Konzertbetrieb, als auch abseits davon seit vielen Jahren erfolgreich. Hinzu kommen gefeierte Auftritte als Kontrabassist und Hornist, als Schauspieler und als Chansonnier.

Geboren wurde Heinz Karl Gruber am 3. Jänner 1943 in Wien, wo er mit zehn Jahren Sängerknabe wurde (bis 1957). Anschließend studierte er bis 1963 an der Wiener Musikhochschule Kontrabass, Horn, Elektronik, Filmmusik, Tanz, Zwölftontheorie und Komposition (bei Alfred Uhl, Erwin Ratz und Gottfried von Einem). 1968 gründete er mit Kurt Schwertsik und Otto M. Zykan das Ensemble MOB art & tone ART, in dem er gleichzeitig sang und schauspielerte. Parallel war er bis 1969 Kontrabassist des Tonkünstler-Orchesters und von 1969 bis 1995 Mitglied des ORF Radiosymphonieorchesters. Auch dem Ensemble "die reihe" ist Gruber eng verbunden, was ebenso für das Ensemble Modern und die London Sinfonietta gilt.

Als Komponist katapultierte ihn das 1978 von Simon Rattle uraufgeführte "Frankenstein!! Ein Pandämonium für Chansonnier und Orchester" nach Kinderreimen von H.C. Artmann an die internationale Spitze. Erfolg feierte Gruber, der aktiv etwa von Leonard Bernstein gefördert wurde, in den folgenden Jahrzehnten auch mit seinen Streicherkompositionen, darunter zwei für Ernst Kovacic komponierte Violinkonzerte und ein Cellokonzert für Yo-Yo Ma. "Aerial", 1999 für den Trompeter Hakan Hardenberger geschrieben, hat sich mit über 60 Aufführungen zum Klassiker entwickelt.

Percussiondiva Evelyn Glennie zählt sein Schlagzeugkonzert "Rough Music" zu ihrem Repertoire, während die Volksoper 1993 Grubers apokalyptische Oper "Gomorra" uraufführte. Seine musikalische Variante von "Gloria von Jaxtberg", der Schweinegeschichte von Rudolf Herfurtner, kam in den 1990ern unter anderem am Münchener Volkstheater und dem Festival Wien Modern zur Aufführung, und als Filmkomponist reüssierte Gruber im Rahmen des Mozartjahres 1991 beim Fernsehfilm "Bring me the head of Amadeus". Beim Wiener Konzerthaus war er 2008/2009 "Artist in Residence". Zu den jüngeren Arbeiten gehört die 2011 uraufgeführte Orchestersuite "Northwind Pictures", ein Schlagzeugkonzert mit dem Titel "into the open..." für Martin Grubinger oder seine Oper "Geschichten aus dem Wiener Wald" nach Ödön von Horváth, die 2014 bei den Bregenzer Festspiele uraufgeführt wurde. Gruber machte aus dem bekannten Stück eine Buffo-Oper und destillierte daraus im vergangenen September die "Kurzgeschichten" für Orchester, die vom Gewandhausorchester Leipzig inauguriert wurden.

Bei allen Erfolgen gelte jedoch eines, unterstrich Gruber einst im APA-Gespräch: Das Komponieren könne kaum jemals ein Hauptberuf sein - weil man dabei einfach nicht genug verdiene. Ergo: "Komponisten sind Pfuscher, die nebenberuflich arbeiten". Und so ist Gruber auf den Bühnen der Welt auch in seinen anderen Nebenberufen - als Dirigent und Chansonnier - gefragt. Er übernimmt international regelmäßig die Rolle des Chansonniers in "Frankenstein!!" und organisierte mit anderen die Reihe Alternative Vienna, die 1993 vom London Philharmonic Orchestra und dem South Bank Centre veranstaltet wurde. Als Dirigent gastierte Gruber überdies regelmäßig bei führenden Orchestern und hatte seit 2010 beim BBC Philharmonic die Funktion eines "Composer/Conductor" inne.

Gruber, der seit seinen Tagen bei den Wiener Sängerknaben den Spitznamen "Nali" trägt, lebt mit seiner Frau, der Textilkünstlerin Franka Lechner, in Wien sowie in Rosenburg im Kamptal. Bereits 1989 erhielt er den Preis der Stadt Wien für Musik. Seit 2003 ist er auch Träger des Großen Österreichischen Staatspreises, der höchstrangigen Kulturauszeichnung der Republik Österreich. 2017 erhielt er das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.

Und entsprechend gefeiert wird Gruber nun auch zu seinem runden Geburtstag. Auf Ö1 stellen das "Ö1 Konzert" ab 19.30 Uhr und der "Zeit-Ton" ab 23.03 Uhr heute gleich mehrere Werke des Komponisten vor. Und persönlich ist das frischgebackene Geburtstagskind dann am 7. Jänner zu Gast bei Elke Tschaikner im "Ö1 Klassik-Treffpunkt" ab 10.05 Uhr.

Ebenfalls persönlich anwesend wird Gruber schließlich im März beim Kremser Festival Imago Dei sein, das am 17. März seine neue Ausgabe mit einer "Hommage an HK Gruber" eröffnet. Hierbei gibt es neben einem Publikumsgespräch unter anderem auch die "Nebelsteinmusik" und den Klassiker "Frankenstein!!" zu hören.

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  • In ebenso erratischer wie zugänglicher Weise vereint er die Musiktraditionen des 20. Jahrhunderts in sich und seinem Werk.