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"Ein Mann ohne Beschwerden": Neues Buch von Franz Schuh

Ein Mann ohne Eigenschaften ist Franz Schuh sicher nicht. Der vielfach ausgezeichnete "Literat mit philosophischen Interessen" hat die Neigung, sich über vieles Gedanken zu machen, die Bildung, dieses auf Grundlage eines weitreichenden Wissens zu tun, und die Fähigkeit, dem in funkelnden Formulierungen Ausdruck zu verleihen. "Ein Mann ohne Beschwerden", wie sein neues Buch heißt, ist er wohl noch viel weniger - und genau davon erzählt der 76-Jährige.

"Dieses Buch ist von der ersten bis zur letzten Seite dem Jahr 2022 gewidmet, dem 'annus horribilis' im Lebenslauf vieler Menschen, auch in meinem", schreibt er. Gesundheitliche Beschwerden brachten Franz Schuh in Krankenhäuser, Pflegeheime und an den Rand des Todes. Von dort wieder zurückgekehrt, führt er Beschwerde - denn er ist der festen Überzeugung, ohne typische Erscheinungen des österreichischen Gesundheitssystems wie menschliche Borniertheit, fachliche Inkompetenz und strukturelle Überforderung hätte es nicht so weit mit ihm kommen müssen.

Mit verständlichem Grimm und deutlichen Worten erzählt er von zahlreichen Begegnungen mit Menschen und einem System, die ihm nicht Heilung, sondern Verzweiflung brachten - und muss gleichzeitig einräumen: "In Amerika hätte man mich schlicht auf die Müllkippe geworfen." Diese Szenen sind erschreckend, bitter, aber - so wie sie geschildert werden - gleichzeitig mitunter auch hoch komisch. Als er etwa telefonisch bei einer Ärztin eine krankenkassamäßig korrekte Aufstellung seiner Spitals- und Heimaufenthalte urgiert und den Sachverhalt schildert, hört er sie am anderen Ende der Leitung einer Zuhörerin zuflüstern: "Jetzt halluziniert er."

Doch "Ein Mann ohne Beschwerden", aus dem der Autor am 31. August zum Abschluss des Literaturfestivals O-Töne im Wiener Museumsquartier lesen wird, ist keineswegs eine Anklageschrift gegen das Gesundheitssystem, oder jedenfalls nicht nur. Es ist erstaunlich, mit welchen anderen Personen und Themen Schuh während seines persönlichen Passionsweges die Kraft hatte, sich auseinanderzusetzen. Die Liste reicht von Rudolf Anschober über Adolf Hitler und Anna Netrebko bis zu Florian Teichtmeister, und vom Präsidentschaftswahlkampf bis zum Klimawandel. Eingestreut sind dabei Kurzszenen, Gedichte und eine freie Übersetzung des Billie-Holiday-Songs "Don't explain". Zu den Höhepunkten des Buches zählen Anekdoten, die etwa von seinem Versuch erzählen, sich im Irrgarten des in Umbau befindlichen Franz-Josef-Bahnhofs zu orientieren oder von seiner unfreiwillig unentgeltlichen Mitwirkung bei den Salzburger Festspielen.

Ein "Jedermann"-Schicksal wird Franz Schuh nicht erleiden. Nach seinen Erfahrungen kann er sagen: "Ich habe vor dem Tod keine Angst mehr." Nur die Wiederholung des Erlebten würde er sich gerne ersparen. "Wenn einer krank wird, sagt der Österreicher, er hat sich was geholt. Ich möchte nicht, dass sie mich wieder holen. Ich möchte nicht, dass ich mir wieder etwas hole. Nur, bitte gleich, den Tod."

(S E R V I C E - Franz Schuh: "Ein Mann ohne Beschwerden", Zsolnay, 240 Seiten, 25,70 Euro; Lesung zum Abschluss der O-Töne: 31. August, Museumsquartier Wien)

ribbon Zusammenfassung
  • "Dieses Buch ist von der ersten bis zur letzten Seite dem Jahr 2022 gewidmet, dem 'annus horribilis' im Lebenslauf vieler Menschen, auch in meinem", schreibt er.
  • Gesundheitliche Beschwerden brachten Franz Schuh in Krankenhäuser, Pflegeheime und an den Rand des Todes.
  • (S E R V I C E - Franz Schuh: "Ein Mann ohne Beschwerden", Zsolnay, 240 Seiten, 25,70 Euro; Lesung zum Abschluss der O-Töne: 31. August, Museumsquartier Wien)