APA/APA/Volksoper/Barbara Pálffy

Ein Familienausflug: "Die Reise zum Mond" in der Volksoper

Die Volksoper auf Mondmission: Mit Jacques Offenbachs frühem Sci-Fi-Spektakel "Die Reise zum Mond" aus 1875 fungiert das Haus am Gürtel als Abschussrampe in Richtung Erdtrabant und Familienglück. Denn unter der Regie des Franzosen Laurent Pelly wird die eigentlich schlüpfrige Satire zum kinder- und jugendkompatiblen Stück. Zum Schießen (auf den Mond), wie die Premiere am Samstag unter Beweis stellte.

In der bereits in Paris präsentierten Neufokussierung durch Pelly bleibt der Kern der Handlung letztlich gleich, wird jedoch für jüngere Musikfreunde kompatibel gemacht: Der jugendliche Prinz Caprice hat so gar keinen Bock, seinem Vater König Zack an der Staatsspitze nachzufolgen, nachdem er gerade von einer Weltreise zurückgekehrt ist. Stattdessen ist er auf weitere Abenteuer aus und hat sich den Mond als nächstes Ziel auserkoren.

Mikroskop, der beste Wissenschafter des Königreichs, ermöglicht diesen Traum mit einer gigantischen Kanone. Mit deren Hilfe fliegen Caprice, Mikroskop und König Zack zu Frau Luna. Dort treffen sie auf die Mondmenschen unter deren kugelförmigem König Kosmos, in dessen Tochter Fantasia sich Prinz Caprice unmittelbar verliebt. Dumm nur, dass am Mond die Liebe als Krankheit gilt. Da ist nun guter Rat teuer.

In der Pelly-Deutung ist die Erde, von der die drei Abenteurer aufbrechen, alles andere als ein heimeliger Ort, sondern die Heimat von grauen Ja-Sagern, die Selfies machen und ihren Planeten mit Plastikbergen vermüllt haben. Der Ursprungscharakter des Stücks voll Zukunftsoptimismus und Aufbruch zu neuen Welten, scheint heute seltsam fern. Stattdessen geht es mehr um die Flucht von der zerstörten Erde. Umso cooler, gleichsam im 60er-Jahre-Astrodesign kommen da im Vergleich der Mond und seine Bewohner daher.

Alles andere als Retro ist indes ein Großteil der Besetzung des Abends, die zentral aus Mitgliedern des Opernstudios respektive Jugend- und Opernchor besteht. Aaron-Casey Gould überzeugt als ursprünglich als Hosenrolle konzipierter Prinz Caprice mit sehr schlankem Tenor, während der eigentlich gertenschlanke Christoph Stocker im Fatsuit als kugelrunder Herrscher mit Spielwitz den Mond regiert. Carsten Süss ist als König Zack mehr Sängerschauspieler denn Stimmakrobat, während Paul Schweinester wie stets beide Qualitäten vereint und als tollpatschiger Gelehrter Mikroskop uneitle Spielfreude mit schnörkellosem Tenor zu kombinieren weiß.

Auch im Graben herrscht virile Spielfreude, enteilt Dirigent Alfred Eschwé den Sängern doch sogar immer wieder. Beim Stammrepertoire kann das Volksopernorchester wohl einfach nicht an sich halten. Alles in allem ist "Die Reise zum Mond" am Gürtel somit primär ein Familienausflug - auch wenn die Reisezeit mit zwei Stunden Nettospielzeit für jüngere Operettenfans wohl etwas lang gerät.

(S E R V I C E - "Die Reise zum Mond" von Jacques Offenbach in der Volksoper, Währinger Straße 78, 1090 Wien. Dirigent: Alfred Eschwé, Regie/Kostüme: Laurent Pelly, Bühnenbild: Barbara de Limburg, Licht: Joël Adam. Mit König Zack - Carsten Süss, Prinz Caprice - Aaron-Casey Gould, Prinzessin Fantasia - Alexandra Flood, Mikroskop - Paul Schweinester, König Kosmos - Christoph Stocker, Flamma - Jaye Simmons, Königin Popotte - Sofia Vinnik, Kaktus - Jonathan Hamouda Kügler. Weitere Aufführungen am 20. Oktober, am 1., 6., 14. und 18. November, am 7. Dezember sowie am 3., 16., 20. und 25. Juni 2024. www.volksoper.at/produktion/die-reise-zum-mond-2023.de.html)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Volksoper auf Mondmission: Mit Jacques Offenbachs frühem Sci-Fi-Spektakel "Die Reise zum Mond" aus 1875 fungiert das Haus am Gürtel als Abschussrampe in Richtung Erdtrabant und Familienglück.
  • Zum Schießen, wie die Premiere am Samstag unter Beweis stellte.
  • Mit deren Hilfe fliegen Caprice, Mikroskop und König Zack zu Frau Luna.
  • (S E R V I C E - "Die Reise zum Mond" von Jacques Offenbach in der Volksoper, Währinger Straße 78, 1090 Wien.