Deutscher Buchpreis geht an Wiener Tonio Schachinger
Der junge Wiener Tonio Schachinger hat mit seinem Schulroman "Echtzeitalter" den Deutschen Buchpreis 2023 gewonnen. Das wurde soeben im Frankfurter Römer bekannt gegeben.
Die prestigereiche Auszeichnung für den besten deutschsprachigen Roman des Jahres ist mit 25.000 Euro dotiert.
Der 31-jährige Schachinger, als Sohn eines österreichischen Diplomaten und einer mexikanisch-ecuadorianischen Künstlerin in Neu-Delhi geboren, verarbeitet in "Echtzeitalter" seine eigene Schulzeit im Wiener Theresianum und liefert mit seinem Roman quasi eine Weiterführung von Friedrich Torbergs "Der Schüler Gerber" aus dem Jahr 1930.
Protagonist Till Kokorda ist der neue Kurt Gerber und sein Klassenvorstand, der Deutschprofessor Dolinar, der neue "Gott Kupfer": gefürchtet, ungerecht, fordernd, auf Pünktlichkeit und Disziplin höchsten Wert legend, seine Schüler immer wieder beschimpfend und mit umfangreichen Strafen ihre karge Freizeit minimierend. Die braucht Till aber dringend, denn im Internet-Gaming arbeitet er sich gerade in die Weltspitze vor. Auch Schachinger selbst hat eine erstaunliche Karriere hingelegt: Schon sein Debütroman "Nicht wie ihr", der die Innensicht auf das Leben eines jungen österreichischen Topfußballprofis bot, schaffte es 2019 in die Endauswahl für den Deutschen Buchpreis.
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"Auf den ersten Blick ist Tonio Schachingers ,Echtzeitalter' ein Schulroman. Auf den zweiten viel mehr als das: ein Gesellschaftsroman, der das Aufwachsen seines Helden Till an einer Wiener Eliteeinrichtung beschreibt, an der die künftigen Leistungsträger*innen mit reaktionärem Drill und bildungsbürgerlichen Idealen aufs Leben vorbereitet werden. Aus dieser repressiven Umgebung, verkörpert durch den mephistophelischen Lehrer Dolinar, flüchtet sich Till in die Welt des Gaming", heißt es in der Jurybegründung. "Mit feinsinniger Ironie spiegelt Schachinger die politischen und sozialen Verhältnisse der Gegenwart: Aus gebildeten Zöglingen spricht die rohe Gewalt. Die Welt der Computerspiele bietet einen Ort der Fantasie und Freiheit. Auf erzählerisch herausragende und zeitgemäße Weise verhandelt der Text die Frage nach dem gesellschaftlichen Ort der Literatur."
"Wir wissen, dass das hier nicht das Wichtigste ist"
Schachinger zeigte sich über die Verleihung des Preises beeindruckt: "Ich freue mich sehr darüber - vielleicht merkt man es mir nicht an, aber es ist wirklich so." Er bedankte sich nicht bei der Jury und dem Börsenverein, denn die machten schließlich nur ihren Job. "Tatsächlich bedanken möchte ich mich bei meiner Frau Margit, die heute hier ist, und von der ich alles gelernt habe, was ich weiß in diesem Leben." Deren heuer erschienenen Roman wolle er allen ans Herz legen.
"Wir wissen alle, dass das hier nicht das Wichtigste ist", sagte er unter Verweis auf die Weltlage. "Es macht mich wirklich fertig, die Nachrichten zu sehen." Es sei zwar "sinnlos, wenn ich etwas dazu sage, gleichzeitig ist es auch schwer, nichts zu sagen", denn es sei "einfach unerträglich zu sehen, was passiert auf dieser Welt".
20 Verlage aus Österreich
In diesem Jahr waren insgesamt 196 Romane von 113 deutschsprachigen Verlagen im Rennen. Von den teilnehmenden Verlagen stammten 83 aus Deutschland, 20 aus Österreich und zehn der Schweiz. Auf die Longlist hatten es mit Clemens J. Setz, Raphaela Edelbauer, Thomas Oláh, Teresa Präauer, Kathrin Röggla und Tonio Schachinger sechs Autorinnen und Autoren aus Österreich geschafft.
Der Deutsche Buchpreis gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen der Branche und wird seit 2005 verliehen.
Zusammenfassung
- Der junge Wiener Tonio Schachinger hat mit seinem Schulroman "Echtzeitalter" den Deutschen Buchpreis 2023 gewonnen.
- Die prestigereiche Auszeichnung für den besten deutschsprachigen Roman des Jahres ist mit 25.000 Euro dotiert.