David Sedaris liest in Wien aus seinen neuen Büchern
Sedaris, in New York geboren, zwischendurch in England und Frankreich lebend, Schriftsteller, Essayist, begnadeter Vorleser, Radiomitarbeiter und freiwilliger Straßenmistaufsammler zeigt einmal mehr, dass Humor mitunter jene Grenze überschreiten darf, die eigentlich die Trennlinie zur politischen Korrektheit darstellt. Am liebsten hätte er ja alle Witze, die ihm bei Reisen zugetragen wurde, in "Kleine Happen" verewigt, "aber in Zeiten wie diesen hätte mein Verleger die zu erwartende gewaltige Flut an Hassmails wohl kaum überstanden", schreibt Sedaris. Fans kommen dennoch auf ihre Kosten.
"Kleine Happen" ist die Fortsetzung der gesammelten Tagebuchaufzeichnungen des Meisters der Überspitzung und des schrägen Humors. Man stößt u.a. auf telefonierende Menschen in Öffentlichen Verkehrsmitteln, die ihr Privatleben lautstark offenlegen, auf Ratten und Mäuse, auf eine Frau, die versucht hat, ihre Katze wiederzubeleben, Fernsehshows mit dem Titel "101 aus dem Körper entfernte Gegenstände" und einen Hund, der an Alkoholismus und Alzheimer leidet. Sedaris kommentiert das auf seine trockene-pointierte Weise, auch was Eindrücke in fremden Ländern betrifft, hält er sich nicht zurück.
Aber von purem Klamauk weit entfernt: Sedaris reflektiert auch die unschönen Dinge des Lebens wie den körperlichen Verfall seines Vaters oder Amokläufe in den USA. Politik bleibt auch nicht ausgespart, Donald Trump und Brexit waren in der Zeit von 2003 bis 2020 (aus der die Eintragungen stammen) ja lange bestimmende Themen. Und natürlich Covid - dazu heißt es etwa in "Bitte Lächeln!": "Die furchtbare Schande an der Pandemie in den Vereinigten Staaten ist, dass bis heute mehr als neunhunderttausend Menschen gestorben sind und ich nicht einen einzigen davon aussuchen durfte."
Wer beide Bücher liest, wird auf die eine oder andere Wiederholung stoßen. Während "Kleine Happen" Tagebucheintragungen in - eben - kleinen Happen auftischt, verarbeitet Sedaris so manches Ereignis daraus für "Bitte Lächeln!" zu Essays. In jenem schmaleren Band beweist der Autor, dass er auch ernste Themen auf den Punkt bringen kann. Sein Beitrag zum Tod seines Vaters geht unter die Haut und macht nachdenklich. Letzteres gelingt ihm aber auch generell, selbst wenn man mitunter laut auflacht (und sich schnell die Hand vor dem Mund hält, damit niemand merkt, dass man die eine oder andere Derbheit lustig findet).
(S E R V I C E - David Sedaris: "Kleine Happen" und "Bitte Lächeln!", übersetzt von Georg Deggerich, Karl Blessing Verlag, gebunden, 656 bzw. 288 Seiten, 27,50 Euro bzw. 25,50 Euro. www.gartenbaukino.at)
Zusammenfassung
- Beim US-Bestseller-Autor findet man sie jedenfalls weiterhin zwischen humoristischen Lebensbetrachtungen, die durchaus nachdenkliche Hintergründe haben können.
- "Kleine Happen" ist die Fortsetzung der gesammelten Tagebuchaufzeichnungen des Meisters der Überspitzung und des schrägen Humors.
- Während "Kleine Happen" Tagebucheintragungen in - eben - kleinen Happen auftischt, verarbeitet Sedaris so manches Ereignis daraus für "Bitte Lächeln!" zu Essays.