APA/FLORIAN WIESER

Das war Tag 1 am Nova Rock 2023

Das Nova Rock-Festival hat begonnen wie jenes im Vorjahr: mit viel Regen.

Das Chaos blieb diesmal aus, und wer wie ein Großteil der Besucher gut ausgestattet mit Regenjacke und Gummistiefeln unterwegs war, hatte seine wahre Freude am Auftakt. Den beschlossen die Maskenmetaller von Slipknot mit einer gewohnt professionellen wie kompromisslosen Show, die ihren Ausnahmestatus in der Szene eindrucksvoll untermauerte. Unter den Zuhörern im Gatsch war auch Skistar Dominik Paris.

Turbulenter Tag auch für Bands

Dabei waren die Voraussetzungen für die Gruppe aus Iowa alles andere als ideal. "Clown" Shawn Crahan konnte aufgrund eines Notfalls in der Familie nicht die Europareise antreten, von Keyboarder Craig Jones trennte man sich just am Tag des Auftritts, und Sänger Corey Taylor hatte sukzessive mit Stimmproblemen zu kämpfen. Alles egal.
Wer Brecher wie "The Heretic Anthem" oder "The Blister Exists" im Köcher hat, den erschüttert so schnell nichts. Energiegeladen und beizeiten noch etwas temporeicher als auf Platte, pflügte sich die Band durch Nummern wie das wütende "Liberate", die eingängige Hymne "Unsainted" oder das bereits zum Klassiker mutierte "Before I Forget". Wünsche blieben da tatsächlich wenige übrig, auch dank einer mit reichlich Feuereffekten ausgestatteten Bühnenshow.

Disturbed, Vended, In Extremo

Direkt davor sorgten ihre Landsmänner von Disturbed nicht nur für reichlich Headbanging im Publikum, sondern auch ruhige Momente. Denn neben Krachern wie "Ten Thousand Fists" spielte die Gruppe um Sänger David Draiman auch ihr Cover des Simon & Garfunkel-Klassikers "The Sound of Silence", mit dem sie 2015 die heimischen Charts toppten, und zwar inklusive Streicherunterstützung. Ihre Rückkehr auf die Festivalbühne hat die Band herbeigesehnt, betonte Gitarrist Dan Donegan vor dem Auftritt. Er verpasste just heute den 16. Geburtstag seines Sohnes. "Wenn ich für diese Zeit von meiner Familie weg bin, dann muss es sich wirklich auszahlen. Ich zähle aber nicht die Tage, sondern will, dass diese Tage wirklich zählen." Die Shows seien immer auch "eine Therapiestunde für uns alle".

Den harten Wahrheiten ins Auge sehen musste man auch zum Beginn des Festivaltags, als es nicht nur wie aus Kübeln goss, sondern die Opener Vended (Band der Slipknot-Söhne Griffin Taylor sowie Simon Crahan) und Lorne Shore (ziemlich intensiver Deathcore) dem Festival eine höchst metallische Schlagseite verpassten. Danach stand ein Folklore-Block an, wobei The Hu bewiesen, dass man nicht nur mit E-Gitarren, sondern auch mit mongolischen Pferdekopfgeigen ordentlich rocken kann. Mit treibenden, mitunter regelrecht hypnotischen Rhythmen und ebensolchem Untertongesang begeisterten die Mongolen das Publikum. Die Band ließ Folklore aus ihrem Heimatland mit Elementen der harten Musik zur "Hunnu Rock", wie sie ihren Stil bezeichnen, verschmelzen. Man verstehe sich als kulturelle Botschafter, sagten die beiden Musiker "Jaya" Nyamjantsan Galsanjamts und Galbadrakh Tsendbaatar vor ihrer Darbietung im Gespräch mit der APA.

In Extremo bis Bibiza 

Anschließend geigten In Extremo mit ihrem Mittelalter-Rock auf, statt Pferdekopfgeigen gab es nun Marktsackpfeifen. Die deutsche Band gehört auch schon zum Inventar des Festivals, die Reaktion der Fans und 1,5 Millionen verkaufte Tonträger gibt dem wohl recht. Auf den Sänger mit dem schönen Künstlernamen Das letzte Einhorn folgte die einzige weibliche Stimme auf der Blue Stage an diesem Tag: Sharon den Adel, die mit ihrer Band Within Temptation die Freunde des Symphonic Metal mit einem Best-Of-Programm verwöhnte. "Es hat keinen Sinn, bei einem Festival das Publikum mit weniger bekanntem Material zu konfrontieren. Aber die neue Single spielen wir auch", sagte Sharon den Adel im APA-Interview.

Die Euphorie und Leidenschaft für Musik und Tourneen sei bei ihr trotz dreier Kinder über die Jahre nicht verflogen, betonte die Sängerin. "Ich bin immer noch so nervös wie damals, wenn ich auf die Bühne gehe. Vor allem nach einer längeren Pause. Ich empfinde Musik als einen sehr wichtigen Teil von mir. Ich hätte viele andere Dinge machen können, es gab etwa Angebote für TV-Shows, aber ich bleibe eng mit Musik verbunden." Ein Thema bei Gesprächen backstage waren die kolportierten Vorfälle rund um Rammstein. Sie selbst habe sich als Frau im Metier nie unsicher gefühlt, so den Adel. "Ich geriet nie eine eigenartige Situation. Vielleicht auch deshalb, weil mein Partner zur Band gehört. Ich weiß aber von vielen Frauen, die im Musikgeschäft Probleme hatten."

Die stilistische Bandbreite des Nova Rock zeigte sich auch an den Auftritten von You Me At Six und Bibiza. Während die Formation aus der ländlichen Region Surrey in England auf großes Pathos in ihren Refrains setzte und mit ihrem zwischen Emo, Rock, Post-Hardcore und Pop angesiedelten Sound Werbung für das aktuelle Album "Truth Decay" machten, ließ der Rapper und Sänger seine "Wiener Schickeria" hochleben, wie seine kürzlich erschienene Debütplatte betitelt ist. Dafür setzte er auf viel Charme und augenzwinkernden Schmäh, die Energie passte. "Meine Einstellung auf der Bühne ist, dass ich Bock habe, dass die Crowd Bock hat", brachte er kurz zuvor im APA-Gespräch sein Rezept auf den Punkt. "Ich tue alles dafür, dass es abgerissen wird." Wohl ein Motto, auf das sich viele an diesen vier Tagen einigen können - nicht zuletzt Marteria und Rin, die auf der Red Stage zum Abschluss hin die Fahne des Hip-Hop hochhielten.

Letztlich fühlte sich auch Skistar Dominik Paris beim Nova Rock gut aufgehoben. "Ich wollte schon lange auf ein Festival gehen, habe es bisher aber leider nie geschafft", sagte der Südtiroler im APA-Interview, wobei er angesichts der zunächst matschigen Verhältnisse meinte: "Für so etwas war ich nicht vorbereitet." Das neue Verkehrskonzept sowie die Investitionen der Veranstalter in das Gelände haben sich am Mittwoch in jedem Fall bewährt, gab es bei der Anreise doch keine gröberen Probleme. Auch seitens des Roten Kreuzes hieß es am späten Nachmittag, dass das Festival ruhig begonnen habe. Hauptsächlich wurden Verstauchungen, Insektenstiche und Schürfwunden behandelt. Bis Samstag werden täglich rund 50.000 Fans auf den Pannonia Fields erwartet. Als weitere Headliner sind The Prodigy, Bilderbuch und Die Ärzte angesagt.

ribbon Zusammenfassung
  • Das Nova Rock-Festival hat begonnen wie jenes im Vorjahr: mit viel Regen.
  • Die Band ließ Folklore aus ihrem Heimatland mit Elementen der harten Musik zur "Hunnu Rock", wie sie ihren Stil bezeichnen, verschmelzen.
  • Die stilistische Bandbreite des Nova Rock zeigte sich auch an den Auftritten von You Me At Six und Bibiza.
  • Letztlich fühlte sich auch Skistar Dominik Paris beim Nova Rock gut aufgehoben.