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Conny Frischauf vertraut darauf, "dass die Klänge kommen"

Conny Frischauf hat ihr zweites Album "Kenne keine Töne" betitelt, was natürlich eine glatte Lüge ist. Die Wiener Musikerin, die sich schon auf ihrem Debüt "Die Drift" (2021) als experimentierfreudige Soundtüftlerin präsentiert hat, geht diesmal gleich mehrere Schritte weiter und macht es sich zwischen Avantgarde und Pop bequem. "Ich liebe es, nach Klängen zu suchen", beschrieb sie im APA-Gespräch ihren Antrieb. Gefunden hat sie tatsächlich viele und vielfältige.

Schon im Opener "Düfte" flirrt und zirpt es, dröhnt und knackt es, dass es eine Freude ist. Darüber streut Frischauf nachdenkliche Zeilen von ätherischem Charakter, die sich auch im luftigen "Schall und Schwer" fortsetzen. Aber nicht immer braucht es Vocals, beinahe die Hälfte der Stücke kommt ganz instrumental daher, wie das um ein feines Flötenmotiv kreisende "Röte". In Sicherheit darf sich die Hörerschaft jedenfalls nicht wiegen, dafür sind die 16 Nummern zu sprunghaft und schwer zu fassen, was sich auch in stimmlich-dadaistischen Ausflügen wie "M" oder "Nichts Nichts" niederschlägt.

Die Platte habe sich sukzessive entwickelt, unterstrich Frischauf, wobei ihr ganz wichtig gewesen sei, gewisse Stücke auch in ihrer Skizzenhaftigkeit für sich stehen zu lassen. "Ich kann und darf ihnen das zutrauen", nickte sie. "Die Produktion war vielleicht nicht darauf ausgelegt, Songstrukturen im klassischen Sinn zu schaffen, sondern zu schauen, was passiert, wenn man die so lässt, wie sie kommen und auch sein wollen." Der Gedanke an das große Ganze sei zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vorhanden gewesen. "Im Vordergrund stand ganz einfach das Musikmachen. Und langsam haben sich die Dinge dann ergeben. Plötzlich waren da 16 Strukturen, die sich ineinander weben und auch in dieser Gegensätzlichkeit zueinander gehören."

Eindimensionalität ist ohnehin nicht Frischaufs Sache, ist sie doch auch als Bildende Künstlerin und Autorin aktiv. Wie aber entscheidet sie, wohin sie einen kreativen Einfall lenkt? "Tatsächlich unterscheide ich nicht so gern. Es gibt natürlich unterschiedliche Zugänge, es sind unterschiedliche Medien. Aber grundsätzlich gibt es einfach mal ein Interesse. Mit Sound und Klang zu arbeiten ist für mich omnipräsent", sagte die Künstlerin. "Text hat ja auch etwas mit Klang zu tun, auch unsere Umgebung und Geräusche." Letztlich würden sich die verschiedenen Ausdrucksformen gegenseitig befruchten. "Und ich arbeite gerne über die Disziplinen hinaus. Es stellt sich immer die Frage: Was braucht es gerade?"

Das kann übrigens auch komplette Stille sein, so wie im Stück "Zwei Minuten", bei dem der Weg zu John Cages "4'33''" nicht weit ist. "Natürlich ist diese Referenz sofort da. Aber es ist auf Platte, es ist 2024 - das hat schon eine andere Bedeutung", gab Frischauf zu bedenken. "Es hat einfach damit zu tun, wie wir mit Sounds umgehen und wie anders wir Musik hören." Für sie ist es jene Nummer des Albums, "die am stärksten einen selbst reflektiert und das eigene Verhalten dazu". Die Reaktionen aus ihrem Umfeld seien dementsprechend sehr unterschiedlich ausgefallen. "Stille erzeugt eine gewisse Form von Wirkung. Sie macht etwas mit den Personen, die das hören."

So konzeptuell sie hier vorging, spielt ansonsten der Zufall eine nicht unwesentliche Rolle in Frischaufs Schaffen. "Ich glaube, wir sind verheiratet", meinte sie lachend. "Du musst einfach darauf vertrauen, dass die neuen Klänge kommen. Ich weiß, dass ich es nicht forcieren kann. Man muss einfach immer wieder neue Wege gehen." Dazu gehöre nicht zuletzt, alte Sachen zu löschen: "Wenn etwas nicht passt, weg mit dem Material!" Zwar gebe es auch bei ihr die eine oder andere externe Festplatte mit Ideen. "Aber manchmal denke ich mir: Diese Bassline braucht wirklich niemand", schmunzelte die Musikerin. "Dann lösch' ich das auch."

Neben ihrem neuen Album, das Conny Frischauf mit einer Releaseparty diesen Freitag im Wiener Flucc und live am 11. Oktober im Radiokulturhaus vorstellen wird, ist das laufende Jahr noch von einem anderen Projekt geprägt: Für "Notes from the Field" hat sie ein Arbeitsstipendium für Komposition der Stadt Wien erhalten und wird sich mit dem Donauraum zwischen Wien und Bratislava auseinandersetzen. "Gewässer interessieren mich schon lange, zudem lebe ich direkt an der Donau." Dieser landschaftliche und politische Raum öffne viele Fragen, nicht zuletzt Identitätspolitik betreffend. "Ich möchte das auf eine künstlerisch-poetische Art und Weise reflektieren. Es gibt einfach eine Urgenz in mir, mich damit auseinanderzusetzen." Das Ergebnis soll in eine klangliche Installation sowie eine Publikation fließen. Bei Frischauf bleibt also alles im Fluss.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

(S E R V I C E - www.connyfrischauf.org; https://connyfrischauf.bandcamp.com)

ribbon Zusammenfassung
  • Conny Frischauf hat ihr zweites Album 'Kenne keine Töne' veröffentlicht, das sich zwischen Avantgarde und Pop bewegt.
  • Das Album besteht aus 16 Stücken, von denen einige rein instrumental sind, und wurde sukzessive entwickelt.
  • Frischauf liebt es, nach Klängen zu suchen und hat viele verschiedene gefunden, wobei der Zufall eine große Rolle in ihrem Schaffen spielt.
  • Das Stück 'Zwei Minuten' enthält komplette Stille und erinnert an John Cages '4'33'''.
  • Neben ihrem neuen Album hat Frischauf ein Arbeitsstipendium für Komposition der Stadt Wien erhalten und arbeitet an einem Projekt namens 'Notes from the Field'.