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"Café Schindler" als doppeldeutige Horror-Vergegenwärtigung

Das Theaterstück "Café Schindler" - nach der gleichnamigen Erzählung von Meriel Schindler - hat Samstagabend am Tiroler Landestheater in Innsbruck unter der Regie von Jessica Glause seine Uraufführung und Premiere gefeiert. Im Zentrum dabei: Das in Innsbruck immer noch existierende Café Schindler, das der jüdischen Familie Schindler gehörte und in der NS-Zeit arisiert wurde. Regisseurin Glause behandelte dabei Themen wie NS-Terror und Antisemitismus fast schon "poppig".

Im Wesentlichen stellte "Café Schindler" aber natürlich die Familiengeschichte der weitverzweigten jüdischen Familie Schindler dar, die einst in der Tiroler Landeshauptstadt unter anderem ein berühmtes Tanzcafé führte. Dort kulminierten familiäre Stränge, Nebenerzählungen und natürlich auch der NS-Terror, der in Innsbruck besonders brutal zum Ausbruch kam. Erzählt wurde etwa von Café-Gründer Hugo Schindler oder von Samuel Schindler, der in Tirol die "Erste Tiroler Fruchtsaftpresserei" aus der Taufe hob. Selbstverständlich stand der gesamte Abend auch unter dem Zeichen von Migration und Emigration.

Diese zeitgeistige Inszenierung hatte Höhe und Tiefen, die von der Musik von Eva Jantschitsch verstärkt wurden. Die Bühnenfiguren, die ohne feste Rollenzuschreibungen auskamen, rollten die von Meriel Schindler ausufernd dargelegten Ereignisse recht kompakt in einem rund hundertminütigen Theaterstück aus. Langatmigkeit war dabei ganz offensichtlich nicht gewünscht, ebenso wenig wie optische und ästhetische Entsprechung der Zeit, von der erzählt wurde. Alles gestaltete sich recht bunt, zum Teil sehr ausgelassen, die Musik von Jantschitsch - die einst als Gustav musikalische Erfolge feierte - versuchte sich außerdem in einer Art agitatorischem Indie-Schlager mit elektronischem Touch.

Die Agenda dahinter war deutlich, denn auch das recht minimalistische Bühnenbild und die farbenfrohen Kostüme von Mai Gogishvilli sprachen dieselbe Sprache: Der bereits im 19. Jahrhundert aufkeimende und sich schließlich in der NS-Zeit gnadenlos entladende Judenhass soll nicht fein säuberlich archiviert als etwas Gewesenes dargestellt werden. Die Musik von Jantschisch strich genau das heraus, mit Liedern wie "Tag Null" oder "Innsbruck, immerhin" und vor allem "Die Symmetrie des Faschismus", das sich nicht nur als Kommentar zum damals Passierten eignete, sondern auch Anti-Rechts-Demonstrationen in der Gegenwart trefflich untermalen könnte.

Gemeinsam mit der knalligen Kleidung der Protagonisten ergab das die eine oder andere Ambivalenz: Der Modus der Vergegenwärtigung führte zum Teil fast schon in Richtung Relativierung. Indem die vermeintlichen Mechanismen des Faschismus offengelegt wurden, verblasste die Unvergleichbarkeit der Shoah neben einem oft allzu fröhlichen Bühnentreiben, bei dem auch gelacht werden durfte.

Das mochte wiederum intendiert gewesen sein: Die Figuren - durchgehend schauspielerisch brillant verkörpert von Tommy Fischnaller-Wachtler, Christoph Kail, Sara Nunios, Julia Posch, Marion Reiser, Philipp Rudig und Cansu Şiya Yıldız - standen auf der Bühne nämlich immer wieder historischen Fotos gegenüber. Damit stellte man Vergangenheit und Gegenwart gegenüber, zeigte, dass die Darstellerinnen und Darsteller zwar von den Ereignissen und den Personen erzählten, in diesen aber nicht völlig aufgingen.

Für die Darsteller gab es dann auch schließlich überaus heftigen Applaus, mit dem auch die anwesende Meriel Schindler üppig bedacht wurde. Auch die restlichen künstlerisch Verantwortlichen durfte sich zum Teil heftige Beifallsbekunden abholen.

(Von Markus Stegmayr/APA)

(S E R V I C E - "Café Schindler" - nach einer biografischen Erzählung von Meriel Schindler. Regie: Jessica Glause, Musik: Eva Jantschitsch, Bühne und Kostüme: Mai Gogishvili. Mit Tommy Fischnaller-Wachtler, Christoph Kail, Sara Nunius, Julia Posch, Marion Reiser, Philipp Rudig, Cansu Şiya Yıldız. Weitere Vorstellungen am 12., 13., 18., 19., 20. und 24. April, am 5., 8., 11., 16. und 24. Mai, am 8., 20., 23. und 27. Juni sowie am 7. Juli. www.landestheater.at/)

ribbon Zusammenfassung
  • 'Café Schindler', ein Theaterstück nach der Erzählung von Meriel Schindler, feierte seine Uraufführung im Tiroler Landestheater in Innsbruck und thematisiert NS-Terror und Antisemitismus.
  • Die Inszenierung von Regisseurin Jessica Glause und die Musik von Eva Jantschitsch hinterfragen mit einem minimalistischen Bühnenbild und poppigen Elementen den Umgang mit dem Judenhass der Vergangenheit.
  • Das Stück erhielt starken Applaus, insbesondere für die Darsteller und Meriel Schindler; weitere Aufführungen sind über mehrere Monate geplant.