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brut Wien wird Mitte 2026 zu "brut dazwischen", Kirsch geht

Das Wiener Koproduktionshaus brut, das unter dem Titel brut nordwest seit Herbst 2021 als Zwischennutzung ein ehemaliges Industrie- und Bürogebäude am Gelände des früheren Nordwestbahnhofs bespielt, wird ab Herbst 2026 zu "brut dazwischen". Wie es am Mittwoch bei der Programmpräsentation für 2024/25 hieß, eröffnet die neue Spielstätte in St. Marx erst im Herbst 2027 - ohne brut-Chefin Kira Kirsch, die ihren Vertrag nicht erneut verlängert.

Kirsch, die das brut seit dem Herbst 2015 leitet, steht ab 2025 - parallel zum brut, das sie Ende Juni 2026 verlässt - dem deutsch-französischen Kulturfestival "Perspectives" in ihrer Heimatstadt Saarbrücken vor. Die Stadt Wien werde die Position der künstlerischen Leitung ab der Spielzeit 26/27 noch vor Ende des Jahres ausschreiben. Die neue kaufmännische Geschäftsführerin Stephanie Höltschl erläuterte, dass man das Projekt "brut dazwischen" gemeinsam mit der künftigen brut-Leitung als "Pilotphase zum Kennenlernen der Umgebung und Nachbarschaft" in St. Marx nutzen werde. Der Standort am Nordwestbahnhof wird Ende Juni 2026 aufgegeben.

Während man die Büroräumlichkeiten dann in Containern nahe dem neuen Standort in der Karl-Farkas-Gasse unterbringen wird, setzt man künstlerisch auf Kooperationsprojekte und Einmietungen in Wien-Landstraße, um der Freien Szene weiterhin Auftrittsmöglichkeiten zu geben. Arne Forke vom Büro von Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) unterstrich, dass es sich bei der neuen brut Wien-Spielstätte "um eines der größten Stadtkulturprojekte handelt, die wir derzeit umsetzen".

Die abgelaufene Saison sei laut Höltschl sehr erfolgreich gewesen, insgesamt verzeichnete man bei 171 Einzelveranstaltungen eine Auslastung von 87 Prozent. Unter den 50 Projekten waren 16 Uraufführungen und vier österreichische Erstaufführungen. Beim 35-Jahr-Jubiläum von "imagetanz" verzeichnete man sogar eine Auslastung von 96 Prozent.

Die neue Saison fokussiert laut Kirsch auf "choreografische Auseinandersetzungen mit Zeitlichkeit sowie die performative Aufarbeitung von kollektiver und persönlicher Geschichte". Am Anfang stehen drei Uraufführungen: Am 25. September startet man am Nordwestbahnhof mit der installativen Tanzperformance "now" von Inge Gappmaier, in der "das konkrete Erleben der Gegenwart" im Fokus steht und ein "mehrdimensionaler Klang- und Bewegungskosmos" geschaffen werde, wie es bei der Programm-Präsentation hieß.

Tags darauf setzt man im studio brut in Wien-Neubau auf die digitale performative Installation "End of Life" von Victoria Halper und Kai Krösche vom Kollektiv "darum", in der das Publikum mittels VR-Brillen ein "stillgelegtes Metaverse erkundet". Am 2. Oktober folgt schließlich Anna Maria Nowaks Durational Performance "The Generations Seasons", die sich mit Themen wie Veränderung und Altern beschäftigt. Schauplatz ist Der Betrieb in Rudolfsheim-Fünfhaus.

Zu den Höhepunkten im Herbst gehören u.a. "The Last Feminist" (ab 9. Oktober im brut nordwest) von Myassa Kraitt, in dem die Performerinnen und Performer "in der Dystopie die inneren Konflikte feministischer Bewegungen" beleuchten und "nach offenen Türen kollektiver Befreiung" suchen. "Zwischen dem Esstisch einer oberschlesischen Familienfeier und der Oberfläche einer Dating-App" ist die Performance "Paskudnik" von Tubi Malcharzik und seinem angelegt, bei der Fragen zu Geschlechterrollen und Sexualität, Antislawismus und Queerness gestellt werden. Die Produktion im studio brut ist als Abend über "polnisch-deutsche Erinnerungskultur und queeres Geflüster" angekündigt (Premiere am 18. Oktober).

Das studio brut ist am 25. und 26. Oktober Schauplatz von "Please take over. oder: Die Zukunft der Vergangenheit des Widerstands": Das Kollektiv Nazis & Goldmund widmet sich anlässlich der vergangenen Wahlen in Österreich und Europa und der bevorstehenden Wahl in den USA "Narrativen für ein positives Verständnis von Veränderung". "Das Potenzial des Nichtigen, des Nebensächlichen und des Nichtstuns" erforscht Alix Eynaudi bei "Death by Landscape" ab 6. Dezember im brut nordwest. Im neuen Jahr erwartet das Publikum u.a. die interaktive, performative Installation "Data Ghosts" von Gin Müller, "Come back" von Doris Uhlich oder die Audioperformance "Invisible Collection" des Performanceduos "Sööt/Zeyringer".

(S E R V I C E - www.brut-wien.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Das brut Wien wird ab Herbst 2026 zu 'brut dazwischen' und zieht nach St. Marx. Die neue Spielstätte eröffnet jedoch erst im Herbst 2027.
  • Kira Kirsch, die das brut seit 2015 leitet, wird ihren Vertrag nicht verlängern und verlässt das brut Ende Juni 2026. Die Stadt Wien schreibt die Position der künstlerischen Leitung ab der Spielzeit 26/27 neu aus.
  • Die abgelaufene Saison war sehr erfolgreich mit einer Auslastung von 87 Prozent bei 171 Einzelveranstaltungen, darunter 16 Uraufführungen und 4 österreichische Erstaufführungen.