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Brucknerfest-Start mit Ruf nach Feminismus und Diversität

Das Internationale Brucknerfest Linz, das heuer herausragenden Komponistinnen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts gewidmet ist, ist am Sonntag offiziell eröffnet worden. Die österreichische Schriftstellerin und Staatspreisträgerin Anna Baar nutzte ihre Festrede, um eine Plädoyer für Feminismus und Diversität zu halten, in dem sie das Publikum keineswegs schonte und bezweifelte, dass mit den "Wutverwüsteten, Verängstigten und Besorgten ein Staat zu machen" sei.

Seit dem 4. September, Bruckners Geburtstag, und noch bis zu dessen Todestag am 11. Oktober heißt es in rund 30 Veranstaltungen "Frauen in der Musik". Im Vorfeld des 200. Geburtstags des Komponisten im nächsten Jahr pausiert sein Schaffen heuer. Beim Fest werden heute fast vergessene Komponistinnen - wie die Amerikanerin Amy Beach, die Afroamerikanerin Florence Price, oder die deutsche Emilie Mayer - erstmals in Linz präsentiert.

So wie das gesamte Festival heuer einen starken Frauenfokus hat, widmete sich auch Festrednerin Anna Baar dem Thema. Sie ging aber nicht nur auf Frauen ein, die im Laufe der Geschichte nicht die ihnen zustehende Anerkennung erfuhren, wie etwas Fanny Mendelssohn, die - ebenso begabt wie ihre Bruder Felix - ihre Kompositionen unter dessen Namen veröffentlichen musste, weil es sich anders nicht geziemt hätte, sondern vor allem auf die gegenwärtige gesellschaftliche Haltung: "Die Frau ist nicht der Normalfall. Sexismus gedeiht auch in Kreisen, die sich aufgeklärt geben und Frauen ausdrücklich fördern oder sogar vorziehen."

"Wir sind hier, um Frauen zu hören, während draußen die Rufe nach neuen starken Männern immer lauter werden", geißelte sie Ressentiments gegen eine gleichberechtigte und diverse Gesellschaft - das "Gelaber vom Minderheitenterror" und von "Genderindoktrination", das "schmierige Schauermärchen von der 'Frühsexualisierung', das böse Ressentiment, das sich laut und schrill als Wachsamkeit verkleidet" oder den "grauen Mob arg besorgter Bürger", der ein queeres Cafe schließen wolle, nur weil dort "ein Mann im Frauenkleid Kindern die Geschichte von einer Prinzessin vorliest, die einen Prinzen vor einem Drachen rettet".

"Es ist nicht lange her, dass unsere eigenen Leute beinhart ins Gas geschickt wurden, nur weil sie anders liebten", mahnte Baar und adressierte das Publikum gleich direkt. "Wie tief kann man eigentlich sinken, Damen oder Herren? Sparen Sie sich gefälligst Ihre heuchlerische, aggressive Besorgtheit! Wir werden hier gar nichts zusperren - weder die Villa Vida, noch Frauenanlaufstellen oder 'Safer Spaces', die es leider braucht, solange es Hetzer wie Sie gibt, die frei herumlaufen dürfen".

Auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) widmete sich in ihrer Ansprache den Frauen: "Solange Frauen benachteiligt sind, müssen wir sie fördern", betonte sie, es brauche gleiche Chancen. Kritik ließ sie dennoch an der Formulierung eines Gesetzes in rein weiblicher Form durchklingen: "Sollten Gesetze nicht für Menschen da sein, nicht für Geschlechter?", so die Ministerin. Ihr Appell ans Publikum: Man solle von Frauen Durchhaltevermögen und Beharrlichkeit lernen.

"Wir sind als gesamtes Land noch nicht dort, wo man mit Teilhabe und Gleichberechtigung im 21. Jahrhundert sein sollte", räumte der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) ein und sieht noch viel zu tun. Er betonte in seiner Ansprache zudem die Bedeutung der Kultur für das Industriebundesland. Kultur ermögliche den Blick über die Grenzen. Heimatverbundenheit, Pflege von Traditionen und Weltoffenheit seien "gleichberechtigte Ziele unserer Kulturarbeit", betonte er.

Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) betonte, wie wichtig es sei, nicht starr an Tradiertem festzuhalten. "Ich habe das Gefühl, dass wir uns manchmal selber im Weg stehen", meinte er und nannte als Beispiele den Zugang von Asylwerben zum von Fachkräftemangel gezeichneten Arbeitsmarkt oder den zurückhaltenden Umgang mit Künstlicher Intelligenz.

Begleitet wurde der Festakt vom Oberösterreichischen Jugendsinfonieorchester unter Dirigentin Rebecca Miller, das Werke von Emilie Mayer, Louise Farrenc, Augusta Holmès und Ethel Smyth spielte und vom Mozartchor des Musikgymnasiums Linz sowie dem Chor des musischen Gymnasiums Bad Leonfelden gesanglich unterstützt wurde.

(S E R V I C E - www.brucknerhaus.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Das Internationale Brucknerfest Linz, das heuer herausragenden Komponistinnen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts gewidmet ist, ist am Sonntag offiziell eröffnet worden.
  • Seit dem 4. September, Bruckners Geburtstag, und noch bis zu dessen Todestag am 11. Oktober heißt es in rund 30 Veranstaltungen "Frauen in der Musik".
  • Im Vorfeld des 200. Geburtstags des Komponisten im nächsten Jahr pausiert sein Schaffen heuer.