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Autoritarismus-Studie: Wenig Sympathie für Regierende

In Österreich ist die Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie und der Arbeit der Regierung gesunken. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie, die Zeithistoriker Oliver Rathkolb von der Universität Wien am Sonntag bei der Matinee "Demokratie hat Zukunft" im Burgtheater vorgestellt hat. Demnach zeigten sich 2022 nur 9 Prozent der befragten Österreicherinnen und Österreicher "sehr zufrieden" mit der Arbeitsweise der Demokratie in ihrem Land.

Die für eine Studie des Wiener Instituts für Kultur- und Zeitgeschichte (VICCA) in Auftrag gegebenen Online-Umfrage über "Autoritarismus, historische Wahrnehmungen und demokratische Positionen", für die repräsentative Stichproben von je 2000 Befragungen in Deutschland, Frankreich, Italien, Polen und Großbritannien sowie von je 1000 Befragungen in Österreich, Tschechien und Ungarn genommen wurden, zeichnet insgesamt ein uneinheitliches Bild. Die Unzufriedenheit mit amtierenden Politikern und ein steigender Wunsch nach einem starken Führer ist jedoch als eine Tendenz herauszulesen, die auf der Burgtheater-Bühne von Rathkolb mit Misha Glenny (IWM), Cathrin Kahlweit ("Süddeutsche Zeitung") und Sylvia Kritzinger (Universität Wien) diskutiert wurde.

Im Vergleich zu einer Umfrage 2019 nahm etwa die Zustimmung zu der Aussage "Leute wie ich haben kein Mitspracherecht darüber, was die Regierung tut" mit Ausnahme von Ungarn und der Tschechischen Republik in allen Ländern zu (in Österreich von 42 auf 44 Prozent). Der Aussage "Demokratie ist die beste Regierungsform, auch wenn sie Probleme mit sich bringen kann" stimmten in Österreich 2022 jedoch 79 Prozent (plus 2 Prozentpunkte) zu, so viele wie in keinem anderen der übrigen sieben Länder. Gleichzeitig sei aber in Österreich die Zufriedenheit mit der Arbeit der Regierung von 43 auf 19 Prozent zurückgegangen, heißt es in der Studie.

Bei der im November und Dezember 2022 durchgeführten Befragung wurden auch Aspekte des Ukrainekriegs abgefragt. Auf die Frage, wie groß sie die Gefahr einschätzen, die die russische Invasion für die Sicherheit des jeweiligen Landes darstellt, zeigten sich die Österreicher mit Abstand am wenigsten beeindruckt: Nur 30 Prozent hielten die Gefahr für sehr groß oder groß. Am anderen Ende der Skala liegt Polen, wo mit 66 Prozent die Sicherheitsbedenken am höchsten waren.

Bei der Veranstaltung lasen Annamária Láng, Tobias Moretti, Martin Schwab und Marie-Luise Stockinger neue, extra für die Matinee geschrieben literarische Reflexionen europäischer Autoren und Autorinnen zu Demokratie und Autoritarismus. So befasste sich der Italiener Antonio Scurati mit Faschismus und Populismus, Sabine Gruber anhand eigener Erfahrungen mit der italienischen Politik in Südtirol, Gerhild Steinbuch mit der Verrohung der Sprache und Dorota Masłowska mit Hate Speech im Internet. Beiträge gab es auch von Jean-Baptiste Del Amo, Michal Hvorecký, Terézia Mora und Tena Štivičić. Kathrin Röggla hatte einen Dialog verfasst, in dem die Gefährdung der Demokratie besprochen wird: "Sie faseln vom Tag X, der da kommen wird. Sie werden schneller sein. Wir sind immer zu langsam."

ribbon Zusammenfassung
  • In Österreich ist die Zufriedenheit mit der Demokratie und der Regierungsarbeit gesunken; nur 9 Prozent sind 'sehr zufrieden' mit der Demokratie, die Regierungszufriedenheit fiel von 43 auf 19 Prozent.
  • Trotzdem stimmen 79 Prozent der Aussage zu, dass Demokratie die beste Regierungsform sei, ein Anstieg um 2 Prozentpunkte, während 44 Prozent glauben, kein Mitspracherecht zu haben.
  • Die Wahrnehmung der Gefahr durch die russische Invasion ist in Österreich am geringsten; lediglich 30 Prozent sehen eine sehr große oder große Gefahr für die Sicherheit ihres Landes.