APA/HARALD SCHNEIDER

Albumklassiker "Es lebe der Zentralfriedhof" feiert 50er

Heute, 05:29 · Lesedauer 5 min

Vor 50 Jahren, im April 1975, kam eine Langspielplatte in den Handel, die Wolfgang Ambros endgültig den großen Durchbruch bescherte. Der Titelsong mit einem Text von Joesi Prokopetz gilt längst ebenso wie das Album als Klassiker: "Es lebe der Zentralfriedhof". "Ich hab g'spürt, dass etwas Großartiges entsteht", erinnert sich Ambros an die Arbeit am Meilenstein. "Wir waren jung und mutig, wir haben ohne Kalkül das gemacht, was uns bewegt hat", so Prokopetz.

Mit dem Hit "Da Hofa" hatte das kreative Duo bereits 1971 das begründet, was später unter dem Begriff Austropop populär wurde. "Es war schwer daran anzuschließen", blickt Ambros zurück. "Meine zweite Single war ein kompletter Flopp. Dann kam Peter Cornelius mit seiner Wolk'n. Daran wollten wir unbedingt wieder anschließen." Mit "Zwickt's mi" gelang dem Musiker 1975 ein weiterer großer Hit, für den deutschen Markt wurde extra eine sprachlich angepasste Version eingesungen.

"Das Lied haben sie überall gespielt", erzählt Ambros im APA-Interview. "Ich war unsicher, ob ich am richtigen Weg bin, da ich nicht nur in der Hitparade vertreten war, sondern auch in Schlagersendungen. Darum wollte ich eigentlich eine Pause machen. Ich wollt' nimmer neben der Marianne Rosenberg stehen." Der Druck sei allerdings "massiv" gewesen: "Die Plattenfirma forderte: Ein neues Album muss her!"

Die Initialzündung für eine der besten heimischen Popproduktionen kam schließlich durch das, was Prokopetz im APA-Gespräch als "göttlichen Funken" bezeichnet. Die Erzählungen der Proponenten divergieren. "Joesi rief mich eines Tages an: 'Stell dir vor, was ich erlebt hab. Ich fahr' mit der Straßenbahn beim Zentralfriedhof vorbei, die haben ein Schild beim Eingang, da steht drauf '100 Jahre Zentralfriedhof'", schildert Ambros seine Version. "Das fanden wir beide so arg, dass sich das jemand einfallen lässt. Mittlerweile kenn' ich die Leute am Zentralfriedhof und weiß, wie die drauf sind", lacht der Sänger.

"Die Wahrheit ist, dass ich das in der 'Kronen Zeitung' gelesen hab", widerspricht Prokopetz. "Mir ist spontan 'Es lebe der Zentralfriedhof' für ein Lied eingefallen. Daraufhin hab ich den Ambros angerufen, der hat gesagt: 'des moch ma' - und daraufhin habe ich den Text, so wie alle guten Sachen von mir, recht schnell geschrieben."

Song sorgt allerorts für Heiterkeit

"Wir haben uns deppert gelacht", so Ambros. Auch bei der Plattenfirma in Frankfurt sei man angetan gewesen: "Ich bin dort hingefahren und hab' ihnen gesagt, dass ich zumindest schon einen Titel für ein neues Album habe: 'Es lebe der Zentralfriedhof'. Die hab'm si' obg'haut. Wenn die das schon toll finden, dachte ich, wird das als Titel schon richtig sein." Mit dem Lied begab sich Ambros dann zu Christian Kolonovits: "Im Rekordtempo sind alle Nummern für das Album entstanden. Das war eine fantastische Zeit."

Aufgenommen wurde in Wien und Offenbach unter musikalischer Leitung von Kolonovits, der auch für die Arrangements verantwortlich zeichnete und laut Ambros die Band zusammenstellte. Unter anderem fungierte Kurt "Supermax" Hauenstein als Bassist. Zwei Songs, "Heite drah i mi ham" und "A Gulasch und a Seitl Bier" stammten aus der Feder von Georg Danzer. Kennengelernt hatten sich die beiden Liedermacher bei der Präsentation von Ambros' zweitem Album "Eigenheiten" (1973): "Die haben wir im dritten Bezirk in einem zwei Stockwerke tiefen Keller gemacht", so Ambros über den Ort der ersten Begegnung. "Da stand auf einmal der Danzer da. Gehört hatte ich schon von ihm, Freunde sind wir später geworden."

"Haben uns nichts g'schissen"

Neben dem Titelsong steuerte Prokopetz die Texte zu den gesellschaftskritischen, provokanten Titeln "De Kinettn wo i schlof", "G'söchta" und "Familie Pingitzer" bei. Ob Zeilen wie "G'söchta, mit dein Heislschmäh bist bei mir im Orsch daham" heute noch durchgehen würden? Prokopetz: "Vielleicht wäre das ein Skandal. Wir waren in einem Alter, in dem wir uns noch nichts g'schissen haben. Der Erfolg hat mir und uns viel Mut gemacht." Zensur von der Plattenfirma gab es keine: "Deren Chef war ein Serbe, der hat das alles nicht verstanden", schmunzelt Ambros. "Wienerisch überhaupt nicht, und Deutsch nur bedingt. Dem war das vollkommen wurscht, er wollt nur, dass wir Platten verkaufen. Und wir haben Platten verkauft!"

Ikonisch ist auch das Albumcover, das ursprünglich ein Grafiker des Labels designen sollte. Ambros erinnert sich an seine Reaktion: "Na, na, na, das mach ich selber!" Der Musiker wohnte seinerzeit "großteils" in Favoriten, dort entstand auch das Foto mit der Pensionistin mit Hund, die an Ambros vorbei geht. "Ich sagte zum Fotografen (Wolfgang Sos): 'Wir fragen irgendeine alte Frau, ob sie sich fotografieren lässt.' Die war dann so lieb, so reizend, hat gefragt: 'Wor's des jetzt?' Und ich: 'Machen wir noch eins.' Die arme hat immer wieder vorbeigehen müssen."

"An niemandem orientiert"

Die Musik - alle Kompositionen sind von Ambros - erstaunt noch heute mit ihrer Bandbreite - vom Wienerlied über Country bis zum Blues. "Sie wollten schon damals alle wissen, wer meine Vorbilder sind. Das weiß ich bis heute nicht. Ich habe mich an niemandem orientiert."

Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, das Album zum Jubiläum in voller Länge live zu bringen, muss Ambros lachen. "Des wär' ein bisserl anstrengend, oder?" Aber den "Zentralfriedhof" wird man auf seiner Tournee, die am 13. März in Amstetten startet, garantiert hören. Auch Prokopetz lässt der besungene Friedhof nicht los: "Nach meinem Krimi 'Hofer' erscheint heuer im Herbst der Roman 'Die Blume vom Gemeindebau' und 2027 folgt das Buch 'Es lebe der Zentralfriedhof'".

(Von Wolfgang Hauptmann/APA)

(S E R V I C E - www.wolfgangambros.at - https://prokopetz.at/)

Zusammenfassung
  • Wolfgang Ambros' Album 'Es lebe der Zentralfriedhof' feiert 50 Jahre seit seiner Veröffentlichung im April 1975.
  • Der Titelsong und das Album gelten als Klassiker des Austropop und brachten Ambros den großen Durchbruch.
  • Die Inspiration für den Titelsong kam von einem Schild am Wiener Zentralfriedhof, was zu einem 'göttlichen Funken' führte.
  • Das Album wurde in Wien und Offenbach unter der Leitung von Christian Kolonovits aufgenommen und enthält provokante Texte von Joesi Prokopetz.
  • Ambros plant, den Titelsong auf seiner Tournee, die am 13. März in Amstetten startet, zu spielen.