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Archäologen konnten Rätsel um "Ödes Schloss" an Donau klären

14. Apr. 2025 · Lesedauer 4 min

Als "Ödes Schloss" werden Mauerreste an einem Donaunebenarm nahe Stopfenreuth (NÖ) bezeichnet. Womit man es wirklich zu tun hat, war lange ein Rätsel. Nach Grabungen im vergangenen Jahr ist nun klar, dass es sich - wie schon vor rund 150 Jahren vermutet - um ein römisches "Brückenkopfkastell" handelt - das erste seiner Art auf österreichischem Boden. Ob es dort einst eine feste Brücke über die Donau gab, ist aber zweifelhaft, so einer der beteiligten Experten zur APA.

Heute sind von der Befestigung, die bereits Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts von Archäologen unter die Lupe genommen wurde, nur noch die nördlichsten Seitenmauern erhalten. Rund um die Überreste in der Stopfenreuther Au, von denen nur eine Mauer bei Niedrigwasser sichtbar ist, gab es immer wieder Spekulationen, erklärte Christian Gugl vom Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW). So sprach man teils von möglichen mittelalterlichen Burgresten oder einer Befestigung, die bis in den "Ersten Türkenkrieg" bestanden haben könnte. "Es blieb also unklar, ob es sich wirklich um ein römisches Kastell handelt", so der Wissenschafter von der Forschungsgruppe "Archäologie der römischen Provinzen im lateinischen Westen".

Dass es dort schon damals einen Donauübergang gegeben haben könnte, lag nahe. Denn gerade dieser Bereich rund vier Kilometer von dem Legionslager Carnuntum entfernt, eignete sich über lange Zeit vermutlich recht gut, um in der einst noch von deutlich mehr Nebenarmen durchzogenen Region über den Hauptstrom überzusetzen. Dazu gibt es auf der um das Jahr 190 nach Christus in Rom errichteten "Mark-Aurel-Säule" eine Darstellung einer Pontonbrücke über die Donau bei Carnuntum. Diese Konstruktionen basieren auf schwimmenden Elementen, die vertäut werden, und über die dann der Weg übers Wasser führt.

Die damalige Zeit war geprägt von Einfällen von Germanengruppen, die im Rahmen der Markomannenkriege teils bis Oberitalien vordrangen, und das Riesenreich gehörig unter Druck brachten. Die Donau bildete damals die umkämpfte Grenze zwischen dem römischen Reich im Süden und den germanischen Gebieten im Norden. Die Auseinandersetzungen brachten einst auch die Kaiser Mark Aurel und später Gallienus ins heutige Ostösterreich.

Kein Zweifel mehr an "Brückenkopfkastell"

Genau in diese Periode können die Experten vom ÖAI und dem Archäologischen Park Carnuntum das "Öde Schloss" jetzt einreihen. Auf Basis der letztjährigen Grabungen, bei denen Mauerreste freigelegt werden konnten, die bis zu 2,65 Meter hoch sind, ist nun klar, dass es sich ohne Zweifel um ein Brückenkopfkastell handelt.

Zu welcher Brückenkonstruktion der "Kopf" aber gehört hat, sei offen, betonte Gugl, der eher dazu tendiert, der Darstellung auf der Mark-Aurel-Säule Glauben zu schenken: "Eine feste Brücke ist eher infrage zu stellen." Der Befund sei jedenfalls speziell, denn: Die nächste ähnliche Kastell-Anlage findet sich bei Iža-Leányvár in der Slowakei.

Neuer Blick auf Nordufer der Donau

Zum niederösterreichischen Kastell konnten nun jedenfalls einige Fragen geklärt werden: So zeichnen sich zwei Bauphasen ab. Die Erste um die Jahre 170 bis 180 n. Chr. Damals ließ Kaiser Mark Aurel die Grenze verstärken. Um das Jahr 260 n. Chr. legte dann Kaiser Gallienus nach. Gefunden wurden bei den aktuellen Grabungen auch gestempelte Ziegel der Legionsverbände XIV und XV, Münzen, Keramik sowie kleinere Bronze-Funde. "Sie belegen die große strategische Bedeutung Carnuntums innerhalb des römischen Militärsystems und liefern neue Erkenntnisse über die militärische Sicherung der Nord-Süd-Verbindung", wird der wissenschaftliche Leiter in Carnuntum, Eduard Pollhammer, am Montag in einer Aussendung zitiert.

Für Gugl heißt es nun: "Wir müssen unseren Gesamtplan jetzt wieder auf die Region Stopfenreuth ausdehnen." Denn, ob in diesem Gebiet am Nordufer der Donau wirklich nennenswerte römische Aktivitäten stattfanden, war lange unklar. Dass hier auch auf der quasi anderen Donau-Seite offenbar mehr, auch mit starken Truppenverbänden besetzte Steinkastelle errichtet wurden, "verändert unser Bild des Limes doch auch in entscheidender Weise". So könnte Stopfenreuth einerseits "das Tor ins freie Germanien" und andererseits der erste Angriffspunkt bei Überfällen auf die römische Flussseite gewesen sein, so Gugl.

Auch rund 100 Jahre nach den Markomannenkriegen scheint das Kastell noch eine wichtige Rolle gespielt zu haben, wie die Bauarbeiten in der Zeit von Gallienus - der das Reich mit Mühe und Not gerade noch zusammenhalten konnte - zeigen. Gegen Ende des vierten Jahrhunderts "endet auch die Geschichte des Stopfenreuther Kastells", sagte der Archäologe. Das ging auch einher mit dem Bedeutungsverlust Carnuntums insgesamt.

Zusammenfassung
  • Archäologen haben bestätigt, dass das 'Öde Schloss' bei Stopfenreuth ein römisches Brückenkopfkastell ist.
  • Die freigelegten Mauerreste sind bis zu 2,65 Meter hoch und datieren in die Zeit der Markomannenkriege.
  • Zwei Bauphasen wurden identifiziert: die erste um 170-180 n. Chr. unter Kaiser Mark Aurel und die zweite um 260 n. Chr. unter Kaiser Gallienus.
  • Gefundene Artefakte wie gestempelte Ziegel und Münzen belegen die strategische Bedeutung der Region für das römische Militär.
  • Das Kastell könnte ein Tor ins freie Germanien gewesen sein und spielte bis ins späte 4. Jahrhundert eine wichtige Rolle.