Albertina modern ruft die Druck-Revolution aus
Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder, der die Schau gemeinsam mit Constanze Malissa kuratiert hat, machte am Donnerstag bei einer Presseführung klar, dass er beide Teile zusammen betrachtet wissen möchte. Und dennoch ändere sich das Druck-Oeuvre in den Sixties einschneidend und sei mit dem, was fünfeinhalb Jahrhunderte davor geschaffen wurde, eigentlich nicht mehr vergleichbar. Nicht umsonst heißt die Ausstellung "Andy Warhol bis Damien Hirst" im Untertitel: "The Revolution in Printmaking".
Die Grundlagen dieses künstlerischen Umsturzes, der wegführt vom lange Zeit dominanten schwarz-weiß-dominierten Kleinformat, sind technischer Natur: Fortschritte in der Papierproduktion ermöglichen plötzlich monumentale Prints. Dazu kommt die Entwicklung synthetischer Farben, wodurch es der Druck an Grell- und Buntheit nun plötzlich mit den Möglichkeiten der Malerei aufnehmen kann, sowie die Fruchtbarmachung des bisher nur in der Textilindustrie angewandten Siebdrucktechnik für die Kunst. Letztere verdankt sich vor allem Andy Warhol, dem großzügig Platz eingeräumt wird in der Dependance am Karlsplatz.
Seine vielfärbigen und vervielfältigten Abzüge von Mao Tse-tung, eines elektrischen Stuhls oder eines Formel I-Rennwagens von Mercedes-Benz sind zugleich Beispiele für das Prinzip der Serialität, das Einzug in die Druckgrafik hält. "Der Künstler wird zur Maschine", erläuterte Co-Kuratorin Malissa. Nicht zufällig nannte Warhol sein Atelier "Factory". Motivisch steht nicht mehr die unmittelbare Nachahmung der Natur im Vordergrund, sondern die Darstellung von Wirklichkeit über den Filter von Massenmedien und Werbung. Robert Rauschenberg arbeitete sich an einer mehrteiligen Zeitungscollage-Serie ("Soviet/American Array") am Verhältnis der beiden Großmächte ab, Roy Lichtenstein erhob die Comic-Ästhetik zur "High Art", Warhol erklärte die Campbell Dosensuppe zur Ikone. Was die gegenständliche Pop-Art und die radikal abstrakte Minimal Art etwa von Donald Judd verbindet, ist die Ablehnung von Pathos im Sinne eines subjektiven Ausdrucks.
Es gibt aber auch Künstler wie Anselm Kiefer oder Markus Lüpertz, die mit der althergebrachten Technik des Holzschnitts experimentieren. Und Gegenpole zur schnell-schrillen Konsumwelt lassen sich ebenfalls ausmachen: Der Schweizer Franz Gertsch zerdehnt mit überdimensionalen pointillistischen Holzschnitten Foto-Schnappschüsse einer Verkäuferin oder eines Stücks Garten zu gewissermaßen ewigen Momentaufnahmen. Christiane Baumgartner löst wiederum Filmstills in horizontale Linienraster auf, die aus der Ferne aussehen wie grob gepixelte Schwarz-Weiß-Zeitungsausrisse.
Auch eine Handvoll heimischer Künstlerinnen und Künstler sind in der Schau zu finden: Arnulf Rainer ist mit seinen bekannten Kreuzmotiven vertreten, Herbert Brandl mit Variationen seiner Berglandschaften, und die weniger bekannte Michaela Konrad mit dem Zyklus "CAN THIS BE TOMORROW?", in der sie im Comic-Stil der 50er-Jahre wenig erbauliche und dennoch humorvolle Zukunftsvisionen entwirft. Hermann Nitsch wiederum ist neben "Die Grablegung" auch mit seinem, durch die Verwendung mehrerer Druckplatten ins Unscharfe gerutschte Werk "Das letzte Abendmahl" präsent.
Eine gleichnamige Arbeit gibt es im Übrigen auch von Damien Hirst in der Ausstellung. Dort sind die zwölf Apostel nur noch Imitate synthetischer Nahrungsmittel im üblichen Arzneimitteldesign. In der Mitte thront Jesus als Magic Mushroom. Ein schöner Schlusspunkt für eine berauschende Schau. Der abschließende dritte Teil des Druckgrafik-Schwerpunkts ist dann wieder im Stammhaus zu sehen und dreht sich ab 17. März um Picasso, der anlässlich seines 50. Todestags gewürdigt wird.
(S E R V I C E - "Andy Warhol bis Damien Hirst. The Revolution in Printmaking" in der Albertina modern, Wien 1, Karlsplatz 5, 24. Februar bis 23. Juli; Ausstellungskatalog 32,90 Euro; www.albertina.at)
Zusammenfassung
- Nicht umsonst heißt die Ausstellung "Andy Warhol bis Damien Hirst" im Untertitel: "The Revolution in Printmaking".