2. CIVA-Medienkunstfestival wagt sich ans Körperliche
CIVA steht für "Contemporary Immersive Virtual Art" und orientiert sich bei der Aussprache am Wort Cyber. "Embodied Structures" haben die Organisatorinnen und Organisatoren als diesjähriges Motto gewählt. Festivalleiterin Eva Fischer gab am Mittwoch in einem Mediengespräch im Volkstheater - es ist neben dem Stadtkino, dem Belvedere 21 und natürlich dem virtuellen Raum einer der Austragungsorte - einen ausführlichen Programmüberblick.
Der menschliche Körper sei eines der stärksten Symbole und gleichzeitig ein Spiegel der Gesellschaft, meinte Fischer: "An unseren Körpern kann deutlich abgelesen werden, wie sehr wir uns als Personen in der Mitte der Gesellschaft befinden oder uns diese an den Rand drängt. Wer es nicht schafft, seinen Körper in die Norm zu bringen, hat offenbar versagt: zu dick, zu alt, zu gebrechlich, nicht weiß genug." In der heurigen Festivalausgabe gehe es um die Frage nach einer entsprechenden Opposition gegen diese Konventionen, "um ein aktives Auftreten gegen toxische Strukturen".
Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) freute sich über das "spannende Thema" - nicht zuletzt wegen sich verändernder Seh- und Hörgewohnheiten durch die Digitalisierung - und betonte, wie wichtig es sei, dass sich Kunst sowohl kritisch als auch humorvoll mit Identitäts- und Körperpolitik auseinandersetze.
Eröffnet wird die zweite CIVA-Edition am 18. Februar um 19 Uhr im Blickle Kino im Belvedere 21. Zu sehen ist u.a. ein Videoessay der New Yorker Kuratorin und Autorin Legacy Russell mit dem Titel "Glitch Feminism". Außerdem gibt es im Foyer die Augmented-Reality-Installation "Swaring Lounge" des kanadisch-österreichischen Ensembles kondition pluriel zu sehen, bei der Besucherinnen und Besucher über ihre Smartphones mit virtuellen Charakteren in Verbindung treten.
Im Untergeschoß des Belvedere 21 ist außerdem über die gesamte Festivaldauer bis 26. Februar die Ausstellung "Embodied Structures" zu sehen, die auch das Herzstück von CIVA 2022 darstellt. Anhand von sieben internationalen künstlerischen Positionen geht es um non-binäre und prothetische Körper, Avatare, Cyborgs und Data Bodys. Derart solle veranschaulicht werden, wie sich das Bewusstsein unseres Körpers durch das "Phygitale" - also die Verschränkung des Physischen mit dem Digitalen - verändere, erklärte Fischer. Dort geht auch ein umfangreiches Begleitprogramm über die Bühne - von Touren über Talks und Lectures bis hin zu Workshops zum Thema Fettleibigkeit in einem "inklusiven Fitnessstudio" ("Empowering Body") oder einer "wissenschaftlich-hexenhandwerklichen Choreografie" - Eigenurinproben inklusive ("Molecular Queering Agency").
Im Stadtkino wiederum findet am 24. Februar das Kurzfilmprogramm "I know girls" statt. Sieben internationale Arbeiten "sollen dazu einladen, die eigene Komfortzone zu verlassen, sollen physisch und emotional fordern, Spaß und Mut machen", umriss Kuratorin Marija Milovanovic die Mission. In Alltagsgeschichten von Frauen würden Themen wie Rassismus, Religion, Feminismus und Stigmatisierung verhandelt.
Das Volkstheater steuert neben Susanne Kennedys Tschechow-Adaption der "Drei Schwestern" am 20. Februar vor allem das Programm des Abschlusstages bei. Am 26. Februar gibt es eine Aufführung von Lydia Haiders "Zertretung - 1. Kreuz brechen oder Also alle Arschlöcher abschlachten" in der Dunkelkammer gezeigt sowie Marco Donnarummas und Margherita Peveres "Eingeweide", uraufgeführt beim Donaufestival 2021, auf der Hauptbühne zu sehen sein. Der Weiße Salon wiederum wird mit der Installation "Binichgft" von Arobota+ bespielt - eine "ortsspezifische Performance aus computergeneriertem Nebel, menschlichen Körpern, Worten und Klang, die das Publikum dazu einlädt, in den Wolken zu wandern", wie es in den Programmunterlagen heißt.
Gemäß dem hybriden Charakter des Festivals werden viele Veranstaltungen und Formate auch online - etwa über Twitch - übertragen. Das solle auch die internationale Vernetzung fördern. Bei der CIVA-Premiere - coronabedingt rein online abgehalten - konnte man rund 6.200 Besucherinnen und Besucher aus 80 Nationen begrüßen, hieß es.
Wie sehr man dieses Mal tatsächlich den analogen Raum betreten kann, hängt freilich einmal mehr von der Corona-Entwicklung ab. Sollte es zu strikten Beschränkungen kommen, "haben wir einen Plan A, B und C", versprühte Fischer Optimismus. Manche Formate würden dann komplett ins Netz verlegt, andere nach Möglichkeit später nachgeholt. Vor allem die für den 26. Februar ab 22 Uhr angesetzte Abschlussparty in der Roten Bar des Volkstheaters steht aus jetziger Sicht unter eher ungünstigen Vorzeichen. Direktor Kay Voges wollte sich heute aber die gute Laune keinesfalls verderben lassen. Sollte Corona das Fest verhindern, werde man eben im März oder April feiern - denn: "Wir lassen uns diese Party nicht wegnehmen."
(S E R V I C E - Medienkunstfestival CIVA, 18. bis 26. Februar im Volkstheater, Belvedere 21, Stadtkino und online; Detailliertes Programm ab Donnerstag online unter www.civa.at/)
Zusammenfassung
- Die zweite Ausgabe des Wiener Medienkunstfestivals CIVA fokussiert heuer auf den Körper - und zwar in zweierlei Hinsicht.
- Nicht nur, dass ab 18. Februar neun Tage lang in Ausstellungen, Aufführungen, Workshops und Touren der menschliche Körper in Bezug etwa auf Politik, Identität und Normativität betrachtet wird, setzt man zudem auf physischen Kontakt.
- Im Stadtkino wiederum findet am 24. Februar das Kurzfilmprogramm "I know girls" statt.