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Zwei Drittel der Antibiotika in der Viehzucht eingesetzt

Jährlich sterben weltweit rund 1,3 Millionen Menschen an Erregern, die gegen Antibiotika resistent sind. Während die Aufmerksamkeit dadurch auf den Menschen gelenkt ist, werden 70 Prozent aller Antibiotika in der Viehzucht verwendet. Das berichtete Bruno Gonzalez-Zorn von der Universität Complutense Madrid am Donnerstag beim European Health Forum Gastein (EHFG). Er und weitere Vortragende plädierten dafür, die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt ganzheitlich zu betrachten.

Dieser "One Health" genannte Ansatz mache Sinn beim Kampf gegen Antibiotikaresistenzen, weil es sich mittlerweile um ein Public-Health-Thema handelt, betonte Wendla Beyer von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten. Das Problem könne durch mehr Tierschutz und besseres Management in der Viehzucht verhindert werden. "Wir müssen die Art und Weise, wie wir Landwirtschaft betreiben, neu denken", sagte Beyer bei dem Kongress in Bad Hofgastein.

Einen großen Unterschied gibt es zwischen intensiver und extensiver Landwirtschaft. Bei der intensiven Form haben die Tiere weniger Platz, werden in kleinen Gruppen zusammengepfercht und haben so mehr Stress. Das erhöht die Gefahr von Infektionen und führt somit zu vermehrtem Antibiotikaeinsatz, erläuterte Beyer. Eine Schweinehaltung mit eineinhalb Quadratmetern pro Tier sei intensive Landwirtschaft, aber genüge schon für "Bio", berichtete der Kärntner Landwirt Georg Lexer. Er betreibe eine Freilandhaltung mit 600 Quadratmetern pro Schwein und habe noch nie Antibiotika eingesetzt, betonte er. Das Problem sei die intensive Landwirtschaft.

"Antibiotika bleiben nicht dort, wo wir sie einbringen", erläuterte Gonzalez-Zorn. Sie gelangen einerseits vom Menschen ins Abwasser und in unsere Gewässer sowie andererseits von Tieren ins Fleisch und damit in unser Essen und in den menschlichen Körper. Mit der hohen Verbreitung der Mittel können Bakterien gegen diese resistent werden. Antibiotikaresistenzen sind ein weltweites Problem, "wir müssen zusammenarbeiten" sagte der Universitätsprofessor. "Es braucht mehr Verknüpfung, nicht nur bei der Forschung, sondern auch beim Handeln", betonte auch Milka Sokolović, Generaldirektorin der Europäischen Public-Health-Allianz.

"Antibiotikaresistenz kennt keine Grenzen - von Bad Hofgastein bis in die Antarktis", sagte Marcus Bachmann von Ärzte ohne Grenzen Österreich im Anschluss an die Diskussion beim EHFG im Gespräch mit der APA. "One Health" sei wichtig, "weil man längst nicht mehr effektiv Medizin für Menschen sicherstellen kann, wenn man nicht weiter ganzheitlich denkt". Die Gesundheit im globalen Norden, also in den einkommensstärksten Ländern, könne auch nicht mehr von den einkommensschwächsten Ländern getrennt werden.

"Wir sehen dramatisch, wie bei anderen großen transversalen Gesundheitskrisen wie der Klimakrise, die am wenigsten dazu beitragen, tragen die höchsten Kosten, das sind die einkommensschwachen Länder", betonte Bachmann. Die Menschen in Subsahara-Afrika hätten mit Abstand die höchste Sterblichkeit durch Antibiotikaresistenzen, die ein "ganz großer Verstärker von Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten" in der Gesundheit des Menschen und beim Zugang zu Medikamenten seien. Die gängige Bezeichnung "Stille Pandemie" in Bezug auf Antibiotikaresistenz ist eine sehr angebrachte Bezeichnung, erläuterte der Experte von Ärzte ohne Grenzen in Bezug auf die vielen Menschenleben, die verloren gehen, und die fehlende Aufmerksamkeit dafür.

In Österreich gehe der Einsatz von Antibiotika bei Tieren zurück, aber langsamer und mit weniger großen Fortschritten als in anderen Ländern, berichtete Bachmann. Auch die Reduktion von Antibiotika, die von der Weltgesundheitsorganisation WHO mit höchster Wichtigkeit für den Menschen klassifiziert werden, sei hierzulande zu gering. "Österreich hat da großen Bedarf aufzuholen", sagte er. Dazu werde aber das vergangene Woche im Ministerrat beschlossene neue Tierarzneimittelgesetz wesentlich beitragen.

( S E R V I C E - European Health Forum Gastein (EHFG) von 26. bis 29. September als hybride Veranstaltung unter dem Titel "Health systems in crisis. Countering shockwaves and fatigue" - www.ehfg.org )

ribbon Zusammenfassung
  • Jährlich sterben weltweit rund 1,3 Millionen Menschen an Erregern, die gegen Antibiotika resistent sind. Während die Aufmerksamkeit dadurch auf den Menschen gelenkt ist, werden 70 Prozent aller Antibiotika in der Viehzucht verwendet. Das berichtete Bruno Gonzalez-Zorn von der Universität Complutense Madrid am Donnerstag beim European Health Forum Gastein (EHFG). Er und weitere Vortragende plädierten dafür, die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt ganzheitlich zu betrachten.