WWF-Kritik an "mutlosem" Klimaschutz-Papier
Österreichs Treibhausgas-Emissionen lagen zuletzt mehrere Millionen Tonnen über den Höchstwerten des Klimaschutzgesetzes. Von Bund und Ländern ausverhandelte Gegenmaßnahmen kritisiert der WWF nun als völlig unzureichend. Bei den meisten Vorhaben könnten die Verantwortlichen "nicht einmal eine ungefähre Wirkung angeben".
Die Umweltschützer bemängelten am Mittwoch die "Maßnahmentabelle des Bundes und der Länder für die Jahre 2019 und 2020" nach einer ersten Analyse des Dokuments als "mutlos". "Dieses Verhandlungsergebnis ist ein Desaster", meinte WWF-Klimasprecher Karl Schellmann. "Da nur wenige der Maßnahmen quantifiziert wurden, kann auf Basis der vorliegenden Informationen keine konkrete Einschätzung zur Wirkung der Maßnahmen und ihren Beitrag zur Zielerreichung bis 2020 getroffen werden", stehe wörtlich im Bund-Länder-Papier.
Die vom koordinierenden Klimaschutzressort als Gesprächsergebnis von Bund und Ländern vorgelegte Tabelle bestehe "aus längst bekannten Initiativen und vagen Strategien", obwohl gesetzlich eine "Stärkung bestehender oder Einführung zusätzlicher Maßnahmen" erfolgen müsste. "Die Politik nimmt ihre eigenen Gesetze offensichtlich nicht ernst genug", so Schellmann. Der "Klimasünder" Verkehr werde geschont, auch alle umweltschädlichen Subventionen lasse man "ungebremst weiterlaufen". Das Steuersystem werde "nur minimal angetastet".
"Gerade das Finanzministerium müsste hier als Leuchtturm agieren anstatt Relikte wie das Dieselprivileg zu konservieren. Damit bleibt Österreich eine Steuer-Oase, die den Schwerverkehr magisch anzieht", kritisierte Schellmann. Und an die Bundesländer gerichtet: "Baustandards sind nicht am Stand der Technik, Wohnbaugelder werden viel zu wenig für die thermische Sanierung eingesetzt, in Städten dominiert eine autozentrierte Verkehrspolitik."
Man riskiere "nirgends budgetierte Strafzahlungen in Milliardenhöhe, weil die EU-Ziele verfehlt werden", warnte der WWF. Österreich brauche eine große Energiesparoffensive, einen naturverträglichen Ausbau erneuerbarer Energien, eine zusätzliche jährliche Klimaschutz-Milliarde und eine Mobilitätswende mit Öffi-Ausbau, Rad-Offensive, Umstellung auf emissionsfreie Fahrzeuge und Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. "Ideal dafür wäre ein Klimabonus mit Lenkungswirkung, finanziert aus einer sozial und wirtschaftlich gerecht gestalteten CO2-Bepreisung", forderte Schellmann.
Auch Greenpeace und Global 2000 hatten nur vernichtende Beurteilungen übrig. "So kommt Österreich nicht auf Klimakurs. Die Maßnahmen wurden großteils nicht beziffert und zentrale Hebel wie das Ende der Kerosinsteuerbefreiung werden gar nicht thematisiert", kritisierte Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace.
Weil die gesetzlich vorgeschriebenen Bewertungen fehlen würden, bleibe unklar, was das Maßnahmenpaket an Einsparungen überhaupt bringe, hieß es von Global 2000. Säumig sei vor allem das Finanzministerium, das keinen Plan vorgelegt habe, wie Milliarden an umweltschädliche Subventionen abgebaut werden sollen. Auch die Bundesländer seien in Summe nicht bereit, substanzielle Maßnahmen einzumelden. Das Umweltministerium müsse rasch den Klimaschutzpfad bis 2030 definieren. Die Frist dazu sei Ende März abgelaufen. "Was hier vorgelegt wurde, ist ein Desaster", meinte Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000.
Vor allem mit Hinblick auf die Bewältigung der Coronakrise müssten Wirtschaftshilfen und Klimaschutz nicht als Gegensatz, sondern als Chance gesehen werden, forderte Greenpeace. Die Regierung müsse durch Investitionen in erneuerbare Energien und die öffentliche Verkehrsmittelinfrastruktur zukunftsfähige heimische Arbeitsplätze schaffen.
Zusammenfassung
- Österreichs Treibhausgas-Emissionen lagen zuletzt mehrere Millionen Tonnen über den Höchstwerten des Klimaschutzgesetzes.
- Von Bund und Ländern ausverhandelte Gegenmaßnahmen kritisiert der WWF nun als völlig unzureichend.
- Bei den meisten Vorhaben könnten die Verantwortlichen "nicht einmal eine ungefähre Wirkung angeben".
- "Dieses Verhandlungsergebnis ist ein Desaster", meinte WWF-Klimasprecher Karl Schellmann.