Wolfsverordnungen laut VwGH nicht rechtskonform
In seiner aktuellen Entscheidung in Bezug auf die niederösterreichische Fischotter-Verordnung 2019 hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) laut einer Aussendung des WWF klargestellt, dass anerkannte Umweltschutz-NGOs grundsätzlich bereits an Behördenverfahren, in denen Normen des EU-Umweltrechts betroffen sind, beteiligt werden müssen.
Zudem muss es einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz geben, Verordnungen zur Tötung von Wolf & Co. wären nicht rechtskonform.
NGOs sehen "Meilenstein"
"Das ist ein Meilenstein für den bröckelnden Artenschutz in Österreich und ein klares Signal für eine rechtskonforme und lösungsorientierte Politik in den Bundesländern", sagt Christian Pichler, Artenschutzexperte beim WWF Österreich.
Die Aarhus Konvention stellt klar, dass Umweltschutzorganisationen nicht nur das Recht haben müssen, in die Entnahmeverfahren von streng geschützten Tierarten eingebunden zu sein, sondern diese auch auf ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht überprüfen zu lassen. Durch die Verordnungen wurde das Beschwerderecht zuletzt ausgehebelt, argumentierten die NGOs, infolge habe man sich in einer außerordentlichen Revision an das Höchstgericht gewandt.
Seit Jahren Verletzungsverfahren
"Das Erkenntnis ist angesichts des seit Jahren laufenden Vertragsverletzungsverfahrens in Zusammenhang mit der Umsetzung der Aarhus Konvention in Österreich keine Überraschung. Umgehungskonstruktionen wie die Verordnungspraxis im Artenschutzrecht wurden zuletzt von der Europäischen Kommission explizit gerügt", erklärte die Umweltjuristin Lisa Schranz von Ökobüro.
"Schon seit Jahren kämpfen wir vor Gericht für EU-rechtlich geschützte Tierarten, die sich inzwischen in Österreich wieder etablieren", sagte Pichler. Die rechtlichen und fachlichen Kritikpunkte liegen in den meisten Fällen bereits als Stellungnahmen von WWF und Ökobüro bei den zuständigen Behörden und Gerichten.
NGOs wollen "rechtkonforme" Maßnahmen
Die beiden NGOs fordern nun eine vollständige, rechtskonforme Umsetzung der Aarhus-Konvention in den Bundesländern und eine Rückkehr zur strengen Auslegung der Ausnahmetatbestände vom strengen Schutz. "Generell stellt eine Verordnung keine korrekte Rechtsform für die Entnahme nach den Vorgaben des Unionsrechts dar. Für die Entnahmen fehlt eine europarechtlich verpflichtende Einzelfallprüfung durch die Behörde", so die Umweltjuristin Schranz.
VGT kritisiert Landwirte
Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) hielt in einer Stellungnahme den zuständigen Landesräten und Landesrätinnen vor, dass die Forderung nach einer Änderung der FFH-Richtlinie wegen der bekannten rechtlichen Mängel der Verordnungen betrieben würde. Verbandsklagen oder Einspruchsrechte gegen Bescheide und Verordnungen seien keine Störung rechtsstaatlicher Abläufe, sondern Garantien zur Aufrechterhaltung der Rechtsstaatlichkeit selbst.
Im Gespräch mit der APA erläuterte Schranz die rechtlichen Folgen des VwGH-Spruchs, die den NGOs die Möglichkeit bieten, sich bei Verordnungen nun aktiv an die jeweiligen Landesverwaltungsgerichte wenden zu können, um diese auf Konformität mit dem Unionsrecht prüfen zu lassen. Zuvor seien jedoch die dahin gehenden Bedenken den zuständigen Landesregierungen in Form eines Überprüfungsantrags zu melden. Ohnehin sieht Schranz den Ball jetzt bei den Landesregierungen, die angesichts des VwGH-Entscheids von sich aus den rechtskonformen Weg wählen sollten.
Dieser liegt in der vollständigen Umsetzung der Aarhuskonvention und ihrer drei Säulen. Hier offenbart sich auch eine zweite Möglichkeit, denn seit 2014 läuft ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen der Säumigkeit in dieser Causa. "Wenn dieses Verfahren zu einem Urteil führt, sind tägliche Strafzahlungen die Folge", sagte die Umweltjuristin - und deren beträchtliche Höhe könnte ebenfalls zu einem Umdenken führen.
Die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde durch den "BIV - Grün-Alternativer Verein zur Unterstützung von Bürger:inneninitiativen" unterstützt. Vonseiten der Grünen zeigte sich deren Umweltsprecherin Astrid Rössler erfreut über den VwGH-Entscheid. "Damit steht endgültig fest, dass auch die Salzburger Verordnungen zum Abschuss von Wölfen und Fischottern rechtswidrig sind. Die zuständige Jagdreferentin ist gut beraten, den Abschuss sofort zu stoppen."
In Tirol denkt indes der zuständige LHStv. Josef Geisler (ÖVP) an keine Änderung der bisherigen Vorgangsweise: "Wir werden in Tirol den eingeschlagenen Weg, von dem wir immer gesagt haben, dass er ein Grenzgang ist, weitergehen", teilte er der APA mit. Die nunmehrige VwGH-Entscheidung betreffe den Fischotter und liege offenbar noch nicht einmal dem Land Niederösterreich vor. "Klar ist, die niederösterreichische Fischerotter-Verordnung steht in keinem rechtlichen Zusammenhang mit der Maßnahmenverordnung Wolf durch das Tiroler Jagdgesetz". Geisler hielt einmal mehr fest, dass Wölfe nicht vom Aussterben bedroht seien und reguliert gehören, "wie jede andere Wildtierart."
Erst kürzlich hatten die beiden Europarechtsexperten Walter Obwexer und Peter Hilpold gegenüber der APA erklärt, dass die Tiroler Wolfsverordnung aufgrund der Nichteinhaltung der Aarhus-Konvention, die das Beschwerderecht einräumt, wohl rechtswidrig sei. Obwexer hatte daher eine Rückkehr zur Bescheid-Variante vorgeschlagen, wobei den Landesverwaltungsgerichten klarere Vorgaben gemacht werden sollten, unter welchen Umständen Beschwerden stattzugeben bzw. abzuweisen seien.
Zusammenfassung
- Dieser liegt in der vollständigen Umsetzung der Aarhuskonvention und ihrer drei Säulen.