Weltraumstress knabbert schützende Erbgut-Endkappen an
Im April und Mai dieses Jahres begab sich ein Team von sechs "Analog-Astronauten" des ÖWF auf eine simulierte Marsmission (namens AMADEE-24) in die Wüstenregion "Armash" in Armenien. Sie lebten dort vier Wochen lang in einer "Raumstation" mit Kommandozentrale, Besatzungsquartieren, Küche, Sanitäreinrichtungen und wissenschaftlichem Labor. Ihre Aufgabe war, das Leben und Arbeiten auf dem "Roten Planeten" zu simulieren. Deshalb trugen die Analog-Astronauten zum Beispiel bei Arbeiten außerhalb ihres "Habitats" (Wohnmoduls) stets Raumanzüge. Funknachrichten zum Kontrollzentrum in Wien hatten eine Verzögerung von zehn Minuten wie durchschnittlich vom Mars zur Erde.
Sie konnten daher bei Unklarheiten nicht einfach "kurz um Rat fragen", sondern mussten viele Entscheidungen selbst treffen und selbstständig handeln, erklärte Monika Fischer vom ÖWF der APA. Die Isolation und viele vorgesehene Experimente in begrenzter Zeit durchzuführen, verursacht Stress, sagte sie. Die Astronauten - ob analog oder tatsächlich im All - hätten stets im Hinterkopf, dass sie alles richtig machen sollten, um jenen Wissenschaftern, die ihre Experimente und teils teuren Geräte entwickelt haben, aber nicht vor Ort sein können, brauchbare Daten "nach Hause" zu schicken.
Dieser Stress schlägt sich am Erbgut nieder. Ein Team um Arsen Arakelyan vom Institut für Biomedizin und Pharmazie der Russisch-Armenischen Universität (RAU) untersuchte Blutproben der Analog-Astronauten, die sie zu mehreren Zeitpunkten der Mission gesammelt und bei Rückkehr von der simulierten Raumstation abgegeben hatten. Die Forscher fanden heraus, dass bei den Astronauten in den ersten Tagen der Isolation die schützenden Telomere an den Erbgutträgern (Chromosomen) geschrumpft waren.
"Telomere verkürzen sich mit zunehmendem Alter allmählich", so Arakelyan: "Diese Verkürzung ist mit Zellalterung und einer Abnahme der Immunfunktion verbunden." Für sichere Weltraum-Missionen müssten die Astronauten demnach vor allem in den ersten Tagen der Isolation besonders gut unterstützt werden, um ihre gute Gesundheit für die Dauer der Mission aufrechtzuerhalten. Offensichtlich kamen die Crew-Mitglieder aber immer besser mit der Situation zurecht: Am Ende der Isolationsperiode normalisierte sich die Länge ihrer Telomere wieder, heißt es.
(S E R V I C E - https://oewf.org/)
Zusammenfassung
- Weltraumstress verkürzt die Telomere des Erbguts, was das Immunsystem schwächt. In den ersten Tagen der Isolation sind stressreduzierende Maßnahmen wie ausreichender Schlaf wichtig, um die Gesundheit der Astronauten zu erhalten.
- Sechs Analog-Astronauten des ÖWF simulierten im April und Mai die Marsmission AMADEE-24 in Armeniens Wüste. Sie lebten vier Wochen isoliert in einer Raumstation und mussten viele Entscheidungen selbst treffen.
- Blutproben zeigten, dass die Telomere in den ersten Tagen der Isolation schrumpften, sich aber bis zum Ende der Mission wieder normalisierten. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, Astronauten in der Anfangsphase gut zu unterstützen.