APA/APA/Lindner/PETER LINDNER

Prozess um Quälerei in Kindertagesstätte in Kärnten vertagt

Weil sie Kinder in ihrer Betreuungseinrichtung gequält und gedemütigt haben sollen, haben sich am Mittwoch zwei Kleinkindbetreuerinnen, 53 und 48 Jahre alt, vor dem Landesgericht Klagenfurt verantworten müssen. So sollen sie weinende Kinder in den Turnsaal gesperrt, ihnen den Gang zur Toilette verweigert und sie zum Essen gezwungen haben. Die beiden Frauen bestritten die Vorwürfe vehement, es sei alles eine Verschwörung von Exkolleginnen. Die Verhandlung wurde vertagt.

Der Verteidiger der beiden Frauen meinte zu Beginn der Verhandlung, dass sich keiner der Vorfälle so zugetragen habe, wie vorgeworfen: "Die Vorwürfe sind teilweise aus dem Kontext gerissen und erschöpfen sich darin, dass ehemalige Mitarbeiterinnen Wahrnehmungen weitergegeben haben, die sie nicht einmal selbst gemacht hatten." Im Ermittlungsverfahren hätten sie auch ihre Angaben relativiert.

"Warum sollten Ihre ehemaligen Kolleginnen Sie so belasten?", fragte Richterin Sabine Götz mehrmals. "Ich weiß es nicht", gab die 53-Jährige schließlich an. Kinder seien nie allein in den Turnsaal gesperrt worden, sie seien hineinbegleitet worden, wenn sie geweint hätten, um sie zu beruhigen. Zum Essen seien die Kinder auch nie gezwungen worden: "Ich möchte jedes Kind aber wenigstens einmal etwas kosten lassen, was sie nicht kennen." Auch die zweite Angeklagte bestritt die Vorwürfe - Kindern sei auch nie auf die Finger geklopft und ihnen sei auch nie der Gang auf die Toilette verweigert worden.

Den abschwächenden Aussagen der beiden widersprachen die Zeuginnen, die am Mittwoch geladen waren, quer durch die Bank heftig. Allesamt ehemalige Kolleginnen gaben zum Teil sichtlich erschüttert ihre Erinnerungen an zig Vorfälle wieder. Dass Kinder allein in den Turnsaal geschickt wurden, sei öfters vorgekommen. "Ein Bub, gerade elf Monate alt, hat geweint, also wurde er allein in den Turnsaal gesteckt, die Tür wurde geschlossen. Er konnte nicht gehen, also ist er zur Glastür gekrochen, man hat sein verweintes Gesicht gesehen", sagte eine junge Kinderbetreuerin, "ich wollte ihn holen, aber das wurde mir verboten."

Immer wieder hätten sich die beiden Angeklagten geweigert, die kleinen Kinder aufs WC zu begleiten. "Trau dich ja nicht in die Hose zu machen", sei dann gesagt worden. Hätten sich die Kinder dann eingenässt, sei ihnen gesagt worden, dass das "schiach" oder "ekelhaft" sei. Beim Spazierengehen habe es ein "Wagerlverbot" gegeben - kleine Kinder seien von einer Angeklagten durch die Gegend geschliffen worden, damit sie lernen zu gehen.

"Ein Bub war heikel, er wollte kein Gemüse probieren", erzählte eine weitere Pädagogin. Da sei die 53-Jährige gekommen, habe ihm in die Wangen gekniffen, damit er den Mund aufmacht. "Sie hat ihm Paprika in den Mund gestopft und gesagt: "Trau dich ja nicht ausspucken."" Solche Vorfälle, dass Kindern der Mund zugehalten wurde, damit sie essen, habe es öfter gegeben. Eine Betreuerin erzählte von einem Mädchen, das nicht essen wollte und erbrach - daraufhin habe eine Angeklagte den Teller weggenommen und einen neuen hingestellt, den es dann auslöffeln müssen habe.

"Das hört sich jetzt ganz anders an als das, was Sie uns erzählen", bemerkte die Richterin. Daraufhin relativierten die beiden ihre Angaben: Manche Kinder seien allein im Turnsaal gewesen, die Tür sei aber nie geschlossen gewesen. Nur einmal, sagte eine Angeklagte, habe sie ein Kind beim Essen am Mund angegriffen: "Da hatte ein Bub ein Stück Fleisch im Mund, ich hatte Angst, dass er erstickt, deshalb habe ich ihm die Nase zugehalten, damit er den Mund aufmacht."

Es sei immer mit den Eltern besprochen worden, dass Kinder neues Essen kosten sollen, bekräftigte die 53-Jährige: "Dabei sollen sie das Essen nicht nur in den Mund nehmen, sondern kauen. Am nächsten Tag haben wir das dann wieder probiert." Das verwunderte die Richterin: "Warum?" Die Kinder hätten dann gemerkt, dass ihnen gewisse Sachen ja doch schmecken, so die Antwort. "Oder sie haben einfach nur aus reiner Verzweiflung gegessen", so die Richterin. "Das war sicher keine Verzweiflung", so die Angeklagte.

Und wieder probierte es die Richterin: "Warum sollen Sie sieben, auch langjährige Kolleginnen zu Unrecht beschuldigen?" "Das frage ich mich auch. Das ist eine Verschwörung. Es gibt aber keinen Grund, warum mich die Kolleginnen anschwärzen", sagte die Erstangeklagte.

Viele der Zeuginnen hatten während des Verhandlungstages auch ganz allgemein den Erziehungsstil der beiden Angeklagten heftig kritisiert. "Der Stil ist autoritär, sie haben mit Macht und Angst gearbeitet." Viele ehemalige Mitarbeiterinnen gaben an, damit nicht zurechtgekommen zu sein und deshalb gekündigt zu haben, was die damals hohe Fluktuation beim Personal erkläre. "Ich habe auch selber gesagt: Wir sind hier nicht in einem Bootcamp, ich kann so nicht arbeiten", sagte eine Pädagogin aus.

Im weiteren Prozessverlauf stehen noch einige Zeugeneinvernahmen an. Die Verhandlung wurde auf Ende Jänner 2025 vertagt.

ribbon Zusammenfassung
  • Zwei Kleinkindbetreuerinnen im Alter von 53 und 48 Jahren stehen vor dem Landesgericht Klagenfurt wegen Vorwürfen der Quälerei von Kindern in ihrer Betreuungseinrichtung.
  • Die Vorwürfe umfassen das Einsperren weinender Kinder, das Verweigern des Toilettengangs und das Erzwingen von Mahlzeiten, was die Angeklagten als Verschwörung bezeichnen.
  • Ehemalige Kolleginnen widersprechen den Angeklagten und berichten von mehrfachen Vorfällen, bei denen Kinder allein in den Turnsaal gesperrt oder zum Essen gezwungen wurden.
  • Die Verteidigung argumentiert, dass die Vorwürfe aus dem Kontext gerissen sind und auf unbestätigten Wahrnehmungen basieren.
  • Der Prozess wurde vertagt, weitere Zeugeneinvernahmen sind für Ende Januar 2025 geplant.