Weinstein-Prozess ab Dienstag in New York neu aufgerollt
Für die Vorkämpferinnen gegen sexuellen Missbrauch in der Filmbranche war es ein schwerer Rückschlag: Vor gut einem Jahr hob das höchste New Yorker Gericht ein Urteil gegen Weinstein wegen Verfahrensfehlern wieder auf und ordnete eine Neuverhandlung an. Wegen sexueller Übergriffe und Vergewaltigung war Weinstein 2020 ursprünglich zu 23 Jahren Haft verurteilt worden.
Nun also die Neuauflage. Vor dem Strafgericht von Manhattan hat Richter Curtis Farber ab Dienstag zunächst fünf Tage für die Auswahl der Geschworenen angesetzt. Danach beginnt der eigentliche Prozess, der vier bis sechs Wochen dauern dürfte.
Der einst mächtige Hollywood-Mogul Weinstein gilt vielen Schauspielerinnen als "Monster", seit die Zeitung "New York Times" und das Magazin "New Yorker" vor mehr als sieben Jahren mit ihren Enthüllungen ein Erdbeben in der Filmbranche auslösten. Der Name Weinstein wurde weltweit zum Synonym für Männer, die ihre Machtstellung gegenüber Frauen schamlos ausnutzen.
Weinstein beharrt auf einvernehmlichen Sexualkontakten
Weinstein selbst hofft auf einen "neuen Blick" auf seinen Fall. Er beharrt darauf, alle seiner Sexualkontakte seien einvernehmlich gewesen. Bei einem Gerichtstermin diese Woche wirkte der 73-Jährige blass und wegen seiner Herzprobleme geschwächt. Er wurde im Rollstuhl in den Saal geschoben. Weinsteins Anwalt Arthur Aidala will nach eigenen Worten einen Prozess "über die Fakten, nicht über MeToo". Vor fünf Jahren habe es noch Demonstrationen gegeben, bei denen sein Mandant als "Vergewaltiger" beschimpft wurde. "All das hat sich gelegt", glaubt der Anwalt.
Das sehen die MeToo-Verfechterinnen natürlich anders. Für sie ist Weinsteins berüchtigte "Besetzungscouch" weiterhin eine Mahnung an Frauen weltweit, für ihre Rechte einzutreten. Mehr als 80 Frauen sehen sich als Opfer. Sie beschreiben den früheren Chef der Produktionsfirmen Miramax und Weinstein Company als "Raubtier", der Schauspielerinnen oder Assistentinnen zu sexuellen Handlungen genötigt oder sie vergewaltigt hätte, meist in Hotelzimmern.
Drei Fälle prozessgegenständlich
In dem New Yorker Verfahren geht es um drei Fälle. Erneut wird die mutmaßliche sexuelle Nötigung der ehemaligen Produktionsassistentin Miriam "Mimi" Haley 2006 verhandelt sowie die mutmaßliche Vergewaltigung der aufstrebenden Schauspielerin Jessica Mann 2013. Dazu kommt eine dritte Klägerin, die Weinstein erzwungenen Oralsex vorwirft. Weitere Frauen sollen in dem neu aufgerollten Prozess vorerst nicht aussagen. Denn das war einer der Gründe dafür, dass das New Yorker Berufungsgericht Weinsteins Verurteilung vor einem Jahr verwarf: Es entschied, es hätten nicht zahlreiche Zeuginnen erscheinen dürfen, deren Fälle gar nicht mit angeklagt waren.
Zu seinem neuen Prozess erscheint Weinstein dennoch nicht als freier Mann. Er ist weiterhin auf der Gefängnisinsel Rikers Island im East River von New York inhaftiert. Dort sitzt er eine 16-jährige Haftstrafe aus einem separaten Verfahren ab. In Los Angeles war er im Februar 2023 ebenfalls wegen Vorwürfen sexueller Gewalt verurteilt worden.
Zusammenfassung
- Der Prozess gegen Harvey Weinstein wird ab Dienstag in New York neu aufgerollt, nachdem das höchste New Yorker Gericht das ursprüngliche Urteil wegen Verfahrensfehlern aufgehoben hatte.
- Der 73-jährige Weinstein, der 2020 zu 23 Jahren Haft verurteilt wurde, bleibt während des Verfahrens inhaftiert und sieht sich Vorwürfen in drei Fällen gegenüber, darunter die mutmaßliche Vergewaltigung von Jessica Mann.
- Die MeToo-Bewegung hofft auf Gerechtigkeit, während Weinsteins Anwalt einen Prozess 'über die Fakten, nicht über MeToo' anstrebt.