Vier Tote: Hochwasser-Lage in Deutschland spitzt sich zu
Besonders Baden-Württemberg und Bayern sind betroffen. "Die Lage ist und bleibt ernst und kritisch und angespannt", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag im oberbayerischen Reichertshofen. Weiter drohten Dämme zu brechen oder durchzuweichen. Im Osten stehe das Schlimmste bevor. "Wir sehen, dass das Hochwasser jetzt wandert", sagte er mit Verweis auf Regensburg.
Katastrophenfall ausgelöst in Regensburg
Die Stadt Regensburg hatte am Morgen bereits den Katastrophenfall ausgelöst. Die Zahl der bestätigten Todesfälle bei der Flutkatastrophe hat sich inzwischen auf vier erhöht. Rettungskräfte fanden im vom Hochwasser stark betroffenen oberbayerischen Schrobenhausen eine Leiche im Keller eines Hauses.
Es handle sich um eine vermisste 43-Jährige, teilte die Polizei mit. Am Sonntagmorgen war in Pfaffenhofen an der Ilm in Oberbayern ein Feuerwehrmann tot geborgen worden, der bei einer Rettungsaktion ums Leben kam. Der Mann war bei einem Einsatz mit drei Kollegen mit dem Schlauchboot gekentert. Vermisst wird in Bayern zudem ein weiterer Feuerwehrmann.
Einsatzkräfte der Feuerwehr haben zwei weitere Leichen aus einem leer gepumpten Keller in Schorndorf im Rems-Murr-Kreis in Baden-Württemberg geborgen. Das bestätigte die Polizei der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.
Der Keller war zuvor aufgrund des Hochwassers vollgelaufen. Die genauen Hintergründe des Todes sind noch unklar. Bei den Verstorbenen handelt es sich einer Mitteilung zufolge um einen Mann und eine Frau. Die Identität der beiden sei aber noch nicht gesichert geklärt. Die Kriminalpolizei habe die Ermittlungen aufgenommen. Zunächst sei eine tote Person entdeckt worden, dann die zweite.
Hochwasser: Passierschiff evakuiert
In Deggendorf in Niederbayern wurde wegen des Hochwassers ein Passagierschiff evakuiert. Mehr als 140 Menschen würden seit den Mittagsstunden vom Schiff gebracht, sagte eine Sprecherin des Landratsamts am Montag. Wegen des Hochwassers an der Donau könne das Schiff nicht weiterreisen. Bei den Passagieren handle es sich überwiegend um ältere Menschen. In dem Landkreis wurde am Montag der Katastrophenfall ausgerufen-
Mehr als 3.000 Menschen seien derzeit "in der Evakuierung", Tendenz steigend, sagte Söder in Reichertshofen. Rund 20.000 Hilfskräfte seien im Einsatz. Insgesamt seien es seit dem Wochenende schon um die 50.000 gewesen.
Söder war gemeinsam mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) in das am Vortag überflutete Reichertshofen gekommen. Scholz sicherte den Betroffenen des Hochwassers in Süddeutschland Solidarität zu. "Wir werden alles dazu beitragen, auch mit den Möglichkeiten des Bundes, dass hier schneller weiter geholfen werden kann." Solidarität sei "geübte Praxis".
"Keine Vollkaskoversicherung gegen den Klimawandel"
Die Menschen in Deutschland müssten sich vermehrt auf Naturkatastrophen, besonders auf Hochwasser, einstellen, betonte Scholz auch. "Das ist in diesem Jahr das vierte Mal, dass ich in ein konkretes Einsatzgebiet gehe", sagte er und nannte dies einen "Hinweis darauf, dass was los ist". Die "Aufgabe, den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten", dürfe nicht vernachlässigt werden. "Auch das ist eine Mahnung, die aus diesem Ereignis und dieser Katastrophe mitgenommen werden muss."
Söder sprach von Ereignissen, "die es vorher nicht gab". Man müsse sich Klimaschutz und Klimaanpassung noch viel stärker widmen, sagte er. "Es gibt keine Vollkaskoversicherung gegen den Klimawandel." Milliarden seien bereits in den Hochwasserschutz gesteckt worden, sagte der Ministerpräsident.
Die Strategie müsse aber ausgebaut und fortgesetzt werden - auch wenn sich in betroffenen Gebieten Widerstand gegen die Einrichtung neuer Hochwasserschutzmaßnahmen rege. An diesem Dienstag wolle sich das bayerische Kabinett mit der Hochwasserkatastrophe und schnellen, unbürokratischen Hilfen befassen, kündigte Söder an.
Faeser sah bei dem Besuch in Reichertshofen Lerneffekte aus der Katastrophe im Ahrtal vor drei Jahren. Sie sei beeindruckt, wie gut die Rettungskräfte zusammenarbeiten, sagte sie. Ihr Eindruck sei, "dass nach dem Ahrtal auch die Lehren daraus gezogen wurden, dass das viel besser funktioniert in der Koordinierung, in der Zusammenarbeit".
Hochwasser-Schwerpunkt verlagert sich nach Osten
Derweil verlagerte sich der Hochwasser-Schwerpunkt weiter nach Osten: Der Wasserstand der Donau stieg weiter an.
Doch auch in Schwaben konnte am Montag von Entwarnung keine Rede sein. Dort drohten weitere Dammbrüche wegen des dramatischen Hochwassers. Im Landkreis Donau-Ries wurde die Bevölkerung der Orte Heißesheim und Auchsesheim am Montag erneut aufgefordert, das Gebiet umgehend zu verlassen, weil Dämme nachgeben könnten.
"Mit einer Überflutung der gesamten Ortsgebiete muss gerechnet werden", teilte die Kreisbehörde in Donauwörth mit, nachdem bereits am Sonntagabend gewarnt wurde. Notunterkünfte seien eingerichtet worden. Auch für die anderen bislang evakuierten Bereiche könne keine Entwarnung gegeben werden.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) rechnete auch im Laufe des Montags mit schauerartigem und zum Teil ergiebigem Regen. Betroffen sei vor allem die Südhälfte Bayerns, teilte ein DWD-Sprecher in München mit. Auch die Nacht zu Dienstag wird laut Deutschem Wetterdienst in Teilen Schwabens und Oberbayerns von Dauerregen geprägt sein.
Gebietsweise werden voraussichtlich 40 bis 50 Liter pro Quadratmeter in etwa 18 Stunden fallen. An den Alpen könne diese Menge lokal auch bis zu 60 Liter pro Quadratmeter betragen, im Ober- und Ostallgäu teils sogar bis zu 65 Liter pro Quadratmeter.
Söder sagte bei seinem Besuch in Reichertshofen, nun heiße es: "Hoffen, dass wir die nächsten Tage gut überstehen". Er betonte: "Wir bleiben in Halb-Acht-Stellung."
Hochwasser in Süddeutschland: Droht Österreich ähnliches?
Zusammenfassung
- Mindestens zwei Menschenleben hat das Hochwasser in Teilen Süddeutschlands gefordert.
- Besonders Baden-Württemberg und Bayern sind betroffen. "Die Lage ist und bleibt ernst und kritisch und angespannt", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag im oberbayerischen Reichertshofen.
- Weiter drohten Dämme zu brechen oder durchzuweichen.
- Im Osten stehe das Schlimmste bevor. "Wir sehen, dass das Hochwasser jetzt wandert", sagte er mit Verweis auf Regensburg.