Verbrechernetzwerke infiltrieren Europas große Häfen
Erstmals hatten Sicherheitsexperten die Risiken der großen Seehäfen von Antwerpen, Rotterdam sowie Hamburg und Bremerhaven analysiert. Die internationalen Banden nutzen Europol zufolge vor allem den Containerverkehr, um Kokain in die EU zu schleusen. Die Drogen würden zwischen legalen Waren wie Autoteile oder Bananen versteckt und dann in den Häfen wieder herausgeholt. Haupteinfuhrhäfen sind Antwerpen und Rotterdam. Allein im vergangenen Jahr hatten Zollfahnder dort die Rekordmenge von insgesamt rund 200 Tonnen Kokain sichergestellt. Nach den Analysen der Ermittler ist dies aber nur ein Bruchteil der tatsächlich geschmuggelten Drogen.
In den Seehäfen der EU kommen nach Angaben der Behörde jährlich rund 90 Millionen Container an. Doch nur ein kleiner Teil kann auch auf illegale Waren kontrolliert werden. Die europäische Polizeiagentur berichtete, dass nur zwischen zwei und zehn Prozent dieser Container auch physisch kontrolliert werden können. Dies macht die Entdeckung illegaler Waren extrem herausfordernd, obwohl Risikoanalysetools die Fahnder beim Herausfinden der "richtigen" Container unterstützen.
Die Verbrecher-Netzwerke stehen vor der Herausforderung, die geschmuggelten Güter aus dem Hafen zu bekommen: den richtigen Container herausfinden, ihn öffnen, die geschmuggelten Waren und Drogen herausholen und sie aus dem Hafen transportieren. Dabei setzen die kriminellen Banden dem Bericht zufolge vor allem auf Korruption von Hafenmitarbeitern. Interessant sind für die Täter auch Mitarbeiter von Transportfirmen und Reedereien, Importeure, Speditionsmitarbeiter, Sicherheitspersonal, Strafverfolgungsbehörden und Zöllner. Doch die Bestechung von vielen Einzelpersonen und damit Mitwisser stelle für sie auch große Risiken dar.
Daher würden die Banden auf neue Methoden setzen. Sie zielten der Analyse der Experten zufolge zunehmend auf die digitalen Sicherheitscodes für See-Container. Mit diesen Codes könnten sie Container öffnen, aber diese auch problemlos aus den Sicherheitsbereichen der Häfen schaffen. Um an die Codes zu kommen, müssten nur weniger Mitarbeiter bestochen werden oder Computersysteme gehackt werden.
Banden schleusten auch selbst professionelle Teams ein, um die Waren aus den Containern zu holen. Dabei nutzten sie die "Methode Trojanisches Pferd", wie die Experten darstellten. Professionelle "Rausholer-Teams" würden auf das Hafengelände eingeschleust und bekommen nach Schätzungen von Europol zwischen sieben und 15 Prozent des Wertes der illegalen Ladung - oft hunderttausende Euros.
Eine Begleiterscheinung der Unterwanderung in den Häfen ist Gewalt. Laut Europol wird sie von den Banden einerseits benutzt, um die Kooperation von bestochenen Hafenmitarbeitern sicherzustellen. Andererseits werden auch Rivalitäten um die Kontrolle der Häfen der kriminellen Organisationen gewaltsam ausgetragen. Zu bemerken war dies in den vergangenen Wochen und Monaten zum Beispiel in Antwerpen. Bandenkämpfe griffen dabei auch auf Wohnbezirke der belgischen Hafenstadt über.
Prinzipiell gilt Europol zufolge, dass die größten Häfen auch das größte Interesse hervorrufen. Nicht zuletzt deshalb werden die meisten Drogen über die Häfen von Rotterdam und Antwerpen in die EU geschleust. Die Infiltration der Häfen sei jedenfalls eine große Bedrohung der Sicherheit und der legalen Wirtschaft in der EU. Die Polizeibehörde wies auch darauf hin, dass in vielen Häfen Kapazitäten ausgebaut werden. Ein gemeinsamer europaweiter Strategieansatz für den Kampf gegen diese Bedrohung müsse implementiert werden.
Zusammenfassung
- Das organisierte Verbrechen infiltriert nach einem Bericht von Europol zunehmend die großen Häfen Europas.
- Die Banden würden Hafenbeamte oder Firmenmitarbeiter bestechen, Komplizen einschleusen und zunehmend digitale Sicherheitscodes von Containern knacken.
- Dabei setzen die kriminellen Banden dem Bericht zufolge vor allem auf Korruption von Hafenmitarbeitern.
- Die Polizeibehörde wies auch darauf hin, dass in vielen Häfen Kapazitäten ausgebaut werden.