USA: Proteste weiten sich aus

Die Proteste nach dem Tod des Afroamerikaner George Floyd bei einem Polizeieinsatz weiten sich weiter aus.

In zahlreichen Städten der USA hat der Tod des Afroamerikaners George Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz zu neuen Protesten mit Gewalt geführt. In Minneapolis, wo Floyd am Montag ums Leben kam, gingen viele Menschen trotz Ausgangssperre die vierte Nacht in Folge auf die Straße. Über mehrere US-Städte wurden der Notstand und Ausgangssperren verhängt.

Festnahmen

In New York protestierten mehrere Tausend Menschen gegen Rassismus protestiert. In der Nacht auf Samstag kam es dabei in den Stadtteilen Manhattan und Brooklyn zu Ausschreitungen. Dem Fernsehsender CNN zufolge nahm die Polizei mindestens 72 Menschen fest. Auf beiden Seiten soll es Verletzte gegeben haben.

Trump: Secret Service warteten nur auf "Action"

Nach einem Protest vor dem Weißen Haus drohte US-Präsident Donald Trump Demonstranten - indirekt, aber dafür mit sehr deutlichen Worten. Falls Demonstranten am Freitag über den Zaun des Regierungssitzes gelangt wären, wären sie von "boshaften Hunden und den bedrohlichsten Waffen" begrüßt worden, schrieb Trump am Samstag auf Twitter. Dann wären sie "wirklich mindestens schwer verletzt" worden. Viele Beamte des Secret Service warteten nur auf "Action".

Trump lobte die Sicherheitskräfte für Besonnenheit und Professionalität im Umgang mit Demonstranten. Diese hätten nicht den bei einem Polizeieinsatz getöteten Afroamerikaner Floyd ehren wollen, sondern hätten es nur auf Krawall abgesehen gehabt. Der Protest vor dem Weißen Haus am Freitagnachmittag war vergleichsweise klein und harmlos: Demonstranten warfen einige Behelfszäune aus Metall um, die rund 30 Meter vor dem Zaun des Weißen Hauses Passanten zurückhalten.

Der Gouverneur von Georgia, Brian Kemp, verhängte über Atlanta sowie weitere Städte im Umland den Ausnahmezustand. Gouverneur Tim Walz sprach am Samstag von einer "unglaublich gefährlichen Situation". Der Chef der Nationalgarde des US-Staats Minnesota, General Jon Jensen, kündigte nach einem Bericht des Fernsehsenders CBS an, noch am Samstag sollten in der Stadt 1.700 Soldaten einsatzbereit sein.

Ausgangssperren und Demonstrationsverbote

Die Großstadt Portland im US-Staat Oregon verhängte wegen teils gewaltsamer Proteste den Notstand und eine nächtliche Ausgangssperre. Plünderungen und Brandstiftungen seien kein Mittel, sich für Veränderungen einzusetzen, sondern schlicht "widerwärtig", erklärte Bürgermeister Ted Wheeler am Samstag auf Twitter. In Los Angeles erklärte die Polizei infolge gewaltsamer Protests ein Demonstrationsverbot für das Stadtzentrum.

"Bin ich der Nächste?"

Reporter des Senders CNN berichteten in der Nacht auf Samstag, weder Soldaten der Nationalgarde noch Polizisten seien in Minneapolis zu sehen gewesen. An den Protesten beteiligten sich Schwarze wie Weiße. Die Demonstranten trugen Schilder mit Aufschriften wie "Bin ich der Nächste?" und "Ohne Gerechtigkeit kein Frieden". CNN zeigte Bilder von friedlichen Protesten in Minneapolis, aber auch von brennenden Autos.

Auch in anderen US-Städten gab es Proteste, die vereinzelt in Gewalt umschlugen. In Atlanta (Georgia) griffen Demonstranten das Hauptquartier von CNN an. Der Sender zeigte Live-Bilder aus der eigenen Zentrale, auf denen zu sehen war, wie Demonstranten von außerhalb Objekte auf Polizisten im Eingangsbereich des Senders warfen. CNN wird von US-Präsident Donald Trump immer wieder kritisiert.
 

Etwa 500 Mitglieder der Nationalgarde von Georgia sollen eingesetzt werden, um Menschen und Eigentum zu schützen, schrieb Gouverneur Kemp am Samstag auf Twitter. Auch aus New York, Los Angeles, Dallas, Louisville und anderen Orten wurden Proteste gemeldet. Vor dem Weißen Haus in Washington versammelten sich ebenfalls Demonstranten. Einige von ihnen stießen Barrikaden um.

Biden: Kampf gegen "systematischen Rassismus"

Der ehemalige Vizepräsident Joe Biden forderte einen entschlossenen Kampf gegen "systematischen Rassismus" in den USA. "Durch unser Schweigen, durch unsere Selbstgefälligkeit sind wir Komplizen der Fortsetzung des Kreislaufs der Gewalt", sagte der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten in einer Videobotschaft. "Leute: Wir müssen aufstehen. Wir müssen uns bewegen. Wir müssen uns ändern."

Trump gibt Antifa die Schuld

In einem weiteren Tweet am Samstagnachmittag gibt US-Präsident Donald Trump der "Antifa und radikalen Linken" die Schuld an den Ausschreitungen.

George Floyd

Der 46-jährige George Floyd war am Montag nach einem brutalen Polizeieinsatz gestorben. Einer der vier beteiligten Polizisten wurde am Freitag des Mordes angeklagt: der Beamte, der Floyd sein Knie minutenlang in den Nacken gedrückt hatte. Die Untersuchungen gegen die drei anderen Polizisten dauern an.

Der Afroamerikaner hatte mehrfach um Hilfe gefleht, bevor er das Bewusstsein verlor. Die Szene wurde von einer Passantin gefilmt. Floyd wurde bei seiner Ankunft im Krankenhaus für tot erklärt.

Haftbefehl

Im Haftbefehl gegen den Polizisten heißt es unter anderem, der Gerichtsmediziner gehe nach vorläufigen Erkenntnissen nicht von Ersticken aus. Der 46-Jährige habe an Gesundheitsproblemen gelitten, die gemeinsam mit der Festsetzung und möglichen Rauschmitteln im Blut vermutlich zum Tod geführt hätten. In den letzten zwei Minuten und 53 Sekunden habe er keine Lebenszeichen mehr gezeigt. Die Anwälte der Familie Floyd meldeten jedoch Zweifel an den Ergebnissen dieser Obduktion an.

Man habe bereits in anderen Fällen gesehen, dass Menschen, die mit den Behörden zusammenarbeiteten, Dinge präsentierten, die eine "Illusion" seien, sagten die Anwälte Benjamin Crump und S. Lee Merritt. "All diese Dinge wie Asthma oder Herzprobleme spielen keine Rolle, solange sie (die Opfer) leben, atmen, gehen, reden. Alles ist in Ordnung - bis die Polizei sie anspricht."

ribbon Zusammenfassung
  • Die Proteste nach dem Tod des Afroamerikaner George Floyd bei einem Polizeieinsatz weiten sich weiter aus.
  • In Minneapolis, wo Floyd am Montag ums Leben kam, gingen viele Menschen trotz Ausgangssperre die vierte Nacht in Folge auf die Straße.
  • Vor dem Weißen Haus in Washington versammelten sich ebenfalls Demonstranten.
  • Der ehemalige Vizepräsident Joe Biden forderte einen entschlossenen Kampf gegen "systematischen Rassismus" in den USA.