Über die Hälfte der PCR-Tests in Tirol zweifelhaft
Die Firma HG Labtruck führt in ihren mobilen Teststationen bisher mehr als die Hälfte der insgesamt rund 430.000 PCR-Tests in Tirol durch. Betrieben wird sie von dem Wiener Urologen Ralf Herwig. Vergangene Woche berichtete der ORF Tirol, dass die Vergabe des lukrativen Auftrags über acht Millionen Euro zahlreiche Fragen aufwerfe, denn es gab keine offizielle Ausschreibung. Das Land Tirol und die Firma HG Labtruck rechtfertigen die Ausschreibung mit der Qualität und dem Zeitdruck.
Doch nun haben Recherchen des "Standard" ergeben, dass der Betreiber Ralf Herwig nicht nur keine Arztlizenz mehr hat, sondern auch die Herkunft und Durchführung der Tests ungeklärt ist. Als Urologe darf Herwig nämlich keine PCR-Tests durchführen, dazu wird ein Facharzt benötigt. Im Sommer 2020 hat Herwigs Firma dazu den Labormediziner Armin Schwarzbach in Augsburg kontaktiert und ihm eine Kooperation angeboten.
Schwarzbach ließ sich in Österreich für diese Arbeit über Eintragung bei der Ärztekammer ermächtigen. Doch dann endete der Kontakt zu Herwig, wie er dem "Standard" erzählt. "Ich habe nie wieder von ihm gehört. Ich habe auch keine einzige Probe befundet und keinen Cent erhalten", so der Mediziner.
Auch Herkunft des Testmaterials unklar
Offen ist auch, wie Herwig seit November 2020 die Tests durchführen konnte. Das Material dafür sollte eigentlich vom Unternehmen Procomcure Biotech kommen, das Herwig damals als seinen Partner ausgab. Doch die Partnerschaft endete kurz nach dem Zuschlag, wie der "Standard" berichtet. HG Labtruck bezahlte die Rechnungen nicht, weshalb man die Zusammenarbeit beendete. Mittlerweile ist eine Klage anhängig, da Forderungen in Millionenhöhe gegen Herwigs Firma bestehen.
Arztlizenz entzogen
Herwig selbst darf derzeit laut Ärztekammer auch nicht mehr als Arzt praktizieren. Aufgrund einer von der Disziplinarkommission für Wien verhängten einstweiligen Maßnahme sei er derzeit nicht zur ärztlichen Berufsausübung berechtigt. Gegen ihn laufen offenbar Prozesse wegen schwerer Körperverletzung und wegen schweren Betrugs – es gilt die Unschuldsvermutung.
Zusammenfassung
- Rund 220.000 der bisher insgesamt 430.000 PCR-Tests in Tirol wurden von der Firma HG- Labtruck durchgeführt. Laut einem "Standard"-Bericht dürfte der Verantwortliche dies aber gar nicht. Auch die Herkunft der Testkits ist unklar.
- Die Firma HG Labtruck führt in ihren mobilen Teststationen bisher mehr als die Hälfte der insgesamt rund 430.000 PCR-Tests in Tirol durch. Betrieben wird sie von dem Wiener Urologen Ralf Herwig.
- Der Vertrag über acht Millionen Euro wurde ohne öffentliche Ausschreibung vergeben, berichtet der ORF Tirol. Gleichzeitig ist Herwig gar nicht zum Durchführen von PCR-Tests berechtigt.
- Eine Kooperation mit einem Augsburger Labormediziner kam nicht zustande, dieser habe "nie wieder etwas von ihm gehört", sagte er dem "Standard".
- Auch die Test selbst sind unbekannter Herkunft. Die Partnerfirma, die das Material zur Verfügung stellen sollte, beendete die Zusammenarbeit, nachdem Millionenbeträge ausständig sind.
- Zuletzt hat die Ärztekammer Herwig die Arztlizenz entzogen, weil gegen ihn offenbar Prozesse wegen schwerer Körperverletzung und schweren Betrugs laufen. Es gilt die Unschuldsvermutung.