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Studie suchte "klimasoziale" Lösungen für Armutsbetroffene

Armutsbetroffene sind den Folgen der Klimakrise aufgrund ihrer eingeschränkten Handlungsoptionen stärker ausgeliefert als die Gesamtbevölkerung. Eine Studie der Volkshilfe hat sich im Auftrag des Umweltministeriums dieser Problematik angenommen. Um insbesondere auf die Energiearmut zu reagieren, gab Umweltministerin Leonore Gewessler bei der gemeinsame Präsentation mit Sozialminister Johannes Rauch (beide Grüne) am Freitag die Gründung der Koordinierungsstelle kea bekannt.

"17,5 Prozent der Bevölkerung sind laut Statistik Austria armutsgefährdet", sagte Gewessler, und um diese Menschen bestmöglich unterstützen zu können, wurde die Studie beauftragt. Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich, hob die stärkere Betroffenheit der einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppe mit Zahlen aus dem Volkshilfebarometer 2023 hervor: Demnach seien hier 77 Prozent von der Klimakrise betroffen und über diese besorgt - im Gegensatz zu 46 Prozent bei der Gesamtbevölkerung.

Für die aktuelle Studie wurden laut Fenninger nun 100 Betroffene einer qualitativen Befragung unterzogen und hier hätte sich die Wohnsituation als eine der größten Belastungsfaktoren offenbart. Fast 80 Prozent seien hier betroffen und genannt wurden etwa das Fehlen von Schatten oder unzureichende Isolierung. Fenninger unterstrich zudem, dass aus der Forschung bekannt sei, dass "Armutsbetroffene am wenigsten zur Klimakrise beitragen", was auch bei den Befragungen noch einmal bestätigt worden sei. Demnach besitzen zwei Drittel kein Auto und 87 Prozent der Befragten seien entweder noch nie mit dem Flugzeug geflogen oder wenn doch, dann seltener als alle fünf Jahre. Was für Armutsbetroffene an Maßnahmen notwendig sei, waren folglich vor allem Änderungen bei der Wohnsituation, die klimafitter zu gestalten sei. Das betreffe nicht nur die Innenräume, sondern auch die Wohnviertel selbst, wo der Beton dem Grün weichen sollte. Zudem brauche es Unterstützung bei Lebensmitteln und Energiekosten.

Er könne die Studienergebnisse zu 100 Prozent bestätigen, sagte Sozialminister Rauch, denn er habe in den vergangenen Monaten zahlreiche soziale Einrichtungen besucht. Armutsbetroffene seien dreifach betroffen, nämlich in den Bereichen "Energie, Wohnen und leistbare Lebensmittel. "Klimasozialpolitik" sei der das Gebot, denn "es muss verhindert werden, dass die Klimakrise soziale Schieflagen weiter verstärkt":

Laut Gewessler sei Unterstützung im ökologischen Sinn notwendig und nannte als bereits gesetzte Maßnahmen den Heizkostentausch mit 100 Prozent Kostenübernahme für das untere Einkommensdrittel oder die Sanierungsförderung. Nachdem das Ziel der Studie war, weitere "klimasoziale" Maßnahmen zur Ergänzung bereits etablierter Aktionen wie Energiesparberatung oder Gerätetausch zu finden, sei nun die Koordinierungsstelle zur Bekämpfung von Energiearmut (kea) im Klima- und Energiefonds etabliert worden.

kea soll interdisziplinär agieren und sei laut der Umweltministerin keine neue Förderstelle, sondern etwa dazu da, um neue Informationsangebote zu entwerfen, denn es brauche "andere Kommunikationsformate und Kooperationen"um die Zielgruppe zu erreichen. Ziel der Stelle sei es, die Zahl der energiearmen Haushalte zu reduzieren sowie Maßnahmen zur Prävention von Energiearmut zu entwickeln. Zusammen mit Fachleuten soll von Energiearmut Betroffenen der Zugang zu Informationen und Unterstützungsleistungen erleichtert werden.

(S E R V I C E - Koordinierungsstelle zur Bekämpfung von Energiearmut: www.kea.gv.at)

ribbon Zusammenfassung
  • 17,5 Prozent der Österreicher sind armutsgefährdet und besonders von der Klimakrise betroffen, zeigt eine Studie der Volkshilfe.
  • Um Energiearmut zu bekämpfen, hat das Umweltministerium die Koordinierungsstelle kea gegründet, die interdisziplinär agieren und präventive Maßnahmen entwickeln soll.
  • Schlechte Wohnverhältnisse sind ein Hauptproblem für Armutsbetroffene; Verbesserungen wie bessere Isolierung und mehr Grünflächen in Wohnvierteln sind nötig.