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Private Gesundheitsausgaben teils schwer zu stemmen

Einzelne Haushalte in Österreich sind durch private Gesundheitsausgaben teils stark belastet. So lautet das Ergebnis einer vom Institut für Höhere Studien (IHS) durchgeführten Erhebung im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO). IHS-Forscher Thomas Czypionka sprach am Montag auf einer Online-Pressekonferenz von einer Zunahme und forderte eine "Stärkung des öffentlichen Gesundheitssystems". Als Beispiel hierfür nannte er eine Ausweitung der Rezeptgebührenobergrenze.

Hilfsmittel wie Rollstühle oder Prothesen, aber auch Heilbehelfe wie Brillen oder Schuheinlagen sind von der Obergrenze derzeit nicht erfasst. Einzelne Haushalte sowie Patienten mit besonders komplexen Erkrankungen seien dadurch besonders benachteiligt. "Bei ihnen agglomerieren sich die Selbstbehalte", sagte Czypionka. Verstärkend wirken würden dabei unter anderem der demografische Wandel, das Bevölkerungswachstum, technologische Entwicklungen, systemspezifische Probleme, aber auch Migrationsbewegungen, hieß es.

Der Wissenschafter forderte darum die Deckelung aller Selbstbehalte. "Ansonsten können einzelne Haushalte überproportional belastet werden", sagte er. Schon jetzt sei erkennbar, dass es mehr betroffene Haushalte als früher gebe.

Im EU-Ranking stehe Österreich dennoch vergleichsweise besser da, finde sich aber nicht an der Spitze, wurde betont. So liegen bei Haushalten, die durch Gesundheitsausgaben aus eigener Tasche verarmen oder weiter verarmen, zehn Länder vor Österreich - darunter die bestplatzierten Niederlande mit weniger als einem Prozent aller Haushalte, sowie Schweden und Großbritannien auf den den weiteren Spitzenpositionen.

Bei der Anzahl an Haushalten mit ruinösen Gesundheitsausgaben aus eigener Tasche - diese übersteigen 40 Prozent des Haushaltseinkommens - liege Österreich auf Platz 13. Unter den Ländern mit der geringsten Prozentanzahl an Haushalten mit ruinösen privaten Gesundheitsausgaben sind ebenfalls die Niederlande, Schweden sowie Irland.

Grundlage der Studie bilden die Daten der alle fünf Jahre von der Statistik Austria durchgeführten Konsum-Erhebung. Diese fand zuletzt 2019/2020 mit 7.139 teilnehmenden Haushalten statt. Die Zahlen beziehen sich dabei noch auf den Zeitraum vor Beginn der Corona-Pandemie im März 2020.

SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher sieht durch die Studie des IHS neuerlich bestätigt, was die allermeisten Menschen in Österreich längst schon spüren: "Österreichs so viel gelobtes Gesundheitssystem wird leider schlechter. Es kracht mittlerweile an allen Ecken und Enden. Die Zwei-Klassen-Medizin nimmt zu. Alle spüren das. Von den Patientinnen und Patienten bis hin zum Gesundheitspersonal." Eine Stärkung des öffentlichen Gesundheitssystems sei die beste Antwort darauf, sagte Kucher. "Es gäbe ausreichend Aufgaben für die Politik."

Als "alarmierend" bezeichnete auch Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, die Ergebnisse der IHS-Studie. Sie unterstützt die Forderung nach einer Ausweitung der Grenze für Selbstbehalte. "Vor allem braucht es seitens der Sozialversicherung eine Ausweitung des Angebots. Wenn ich Medizinprodukte oder Leistungen brauche, die nicht im Leistungskatalog vorhanden sind, und dann nur einen kleinen Zuschuss bekomme, dann ist das eine enorme Belastung", so Teiber.

ribbon Zusammenfassung
  • Eine Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) im Auftrag der WHO zeigt, dass private Gesundheitsausgaben für viele österreichische Haushalte eine hohe Belastung darstellen.
  • IHS-Forscher Thomas Czypionka fordert eine Ausweitung der Rezeptgebührenobergrenze und eine Deckelung aller Selbstbehalte, um die Belastung zu mildern.
  • Im EU-Vergleich zu ruinösen Gesundheitsausgaben liegt Österreich auf Platz 13, wobei die Niederlande, Schweden und Irland die geringsten Quoten aufweisen.