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Polizei mit Beschwerde zu Durchsuchungen vor VwGH abgeblitzt

Ein Klimaaktivist, der im Februar 2023 von der Exekutive in Wien gezwungen worden war bei einer Durchsuchung seine Unterwäsche hinunterzuziehen, hat mit seiner Beschwerde nun auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Recht bekommen. Der VwGH wies eine Revision der Landespolizeidirektion gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien zurück. Das Höchstgericht stellte erneut fest, dass kein ausreichendes Gefährdungspotenzial für die Amtshandlung vorgelegen sei.

Der Aktivist war am 20. Februar des Vorjahres nach einer Protestaktion der "Letzten Generation" in Wien festgenommen und ins Polizeianhaltezentrum (PAZ) Rossauer Lände gebracht worden. Dort musste er sich bis auf die Unterwäsche ausziehen und wurde dann aufgefordert auch diese bis zum Knie hinunterzuziehen, weigerte sich jedoch. "Dann haben wir diskutiert, bis der Beamte seinen Kollegen geholt hat, der in den Raum gekommen ist und er sich die Handschuhe übergestreift hat", hatte er sich im Juni 2023 vor dem Wiener Verwaltungsgericht zurückerinnert. Aus Angst vor einer möglichen Gewaltanwendung durch die Beamten habe er dann nachgegeben. Der Polizist habe "dann kurz hingeschaut" und gesagt er könne seine Unterwäsche wieder anziehen.

Der damals zuständige Gruppeninspektor hatte das Vorgehen damals als "Standardprozedere" bezeichnet. Es habe zwar keine Anhaltspunkte für eine Eigen- oder Fremdgefährdung des Klimaaktivisten gegeben, "aber wissen kann man es im Vorhinein nie", so der Polizist. Er habe zudem den Verdacht gehabt möglicherweise Superkleber in der Unterwäsche des Mannes zu finden. "Es hätte sein können, dass sich jemand bei uns im PAZ anklebt und das brauchen wir nicht."

Das Verwaltungsgericht gab der Beschwerde des Aktivisten vergangenes Jahr in einem Erkenntnis Recht und bewertete die Amtshandlung der Polizei als unverhältnismäßig, weil kein Anlass vorgelegen sei, von einer Gefährdung durch den damals 23-Jährigen auszugehen. Das Höchstgericht bestätigte nun in einer Entscheidung vom 19. September 2024 diese Rechtsansicht, wie der "Standard" zuerst berichtete.

Dabei hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass in dem vorhergehenden Erkenntnis nicht von der VwGH-Rechtsprechung abgewichen worden sei. So sei zudem nach der bisherigen Judikatur für eine "Durchsuchung des Körpers" eine Berührung nicht zwingend erforderlich, auch die bloße Begutachtung einer unbekleideten Person könne bereits als Durchsuchung gelten - "insbesondere dann, wenn Mitwirkungshandlungen der Person verlangt werden (wie hier: die Aufforderung, die Unterhose hinunterzuziehen)", hielt der VwGH fest.

ribbon Zusammenfassung
  • Ein Klimaaktivist erhielt vom Verwaltungsgerichtshof Recht, nachdem er im Februar 2023 bei einer Protestaktion festgenommen und im Polizeianhaltezentrum Wien einer unverhältnismäßigen Durchsuchung unterzogen worden war.
  • Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien, dass kein ausreichendes Gefährdungspotenzial für die Durchsuchung des Aktivisten vorlag, der sich bis auf die Unterwäsche ausziehen musste.
  • Der verantwortliche Polizist hatte das Vorgehen als Standardprozedere bezeichnet, obwohl kein konkreter Verdacht bestand, und der Verdacht auf Superkleber in der Unterwäsche wurde als unbegründet angesehen.