Penninger: Covid-19 ist "fundamental anders" und "schwerwiegender" als eine Grippe
Erst vor wenigen Tagen ging die Schlagzeile "Wiener Forscher fanden mögliche Achillesferse des Coronavirus" um die Welt. Geleitet wurde das Forscher-Team vom Wiener Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA). Im PULS 24-Interview erklärt Josef Penninger, IMBA-Gruppenleiter und Direktor des Life Science Institute an der University of British Columbia (UBC) in Vancouver, den möglichen Durchbruch mit einem Schlüssel-Schloss-Gleichnis. Demnach ist der Stachel (Spike) des Coronavirus voll mit Zucker – Penniger nennt dies "Schlüssel".
In jedem Menschen gibt es dazu ein "Schloss" (wissenschaftlich heißt das Angiotensin Converting Enzyme 2 (ACE2), das Penninger vor Jahrzehnten mitentdeckt hat) und befindet sich in der Nase und im Rachen. Damit das Virus in den Körper eindringen kann, muss es mit dem Schlüssel das Schloss öffnen, bevor es durch die Tür gehen kann. Wenn das Schloss blockiert ist, kann damit das Virus nicht mehr in den Körper. Blockiert werden soll das Schloss mit einem zuckerbindenden Protein, das Menschen sogar schon im Körper tragen – allerdings an der falschen Stelle. Deswegen "müssen wir eine Form des zuckerbindenden Proteins biotechnologisch herstellen und das kann man dann zum Beispiel inhalieren", erklärt Penninger auch direkt die angedachte Verabreichung. Das soll auch bei zukünftigen Virus-Varianten eine Infektion verhindern. Denn "das Virus kann sich nicht rausmutieren, dass es sich an das Schloss binden" muss.
Ein anderer Zugang von Penninger und seinem Team ist schon ein Stück weiter. Dabei handelt es sich um den Medikamentenkandidaten 'APN01' (Apeiron Biologics). "Das Prinzip ist ähnlich, aber der Mechanismus ein anderer" – dabei handelt es sich um ein biotechnologisch hergestelltes menschliches ACE2 (Schloss) - es soll dem Schlüssel also ein falsches Schloss vorspielen und es damit in die Irre führen.
"Ich bitte alle impfen zu gehen"
Als Ersatz für eine Impfung will Penninger die Medikamente nicht verstanden wissen: "Ich bitte alle impfen zu gehen", sagt er mehrmals. Aber "wenn wir eine Durchimpfung von 90-95 Prozent brauchen um eine Herdenimmunität aufzubauen, ist es relativ intelligent, dass man andere Lösungsansätze zumindest andenkt und testet". "Was wir jetzt haben in dem Stadium der Pandemie: tolle Impfstoffe, die wahnsinnig schnell entwickelt wurden", aber man brauche auch Medikamente die zuverlässig gegen die Varianten schützen würden.
Das Corona-Virus sei "fundamental anders" und "schwerwiegender" als eine Grippe. Deswegen würde der "Schutz, der die Impfung für jeden einzelnen und die Gesellschaft bringt", dem überwiegen "was passieren könnte". Man könne auch "hören ob jemand einen Covid-Husten oder einen Grippe-Husten" hat. Schon die bei manchen entstehende Lungenentzündung "ist von vorherein schon schlimmer". "Das Virus produziert sich in der Lunge, geht ins Blut und findet dann im Körper eine Tür", erklärt es der Genetiker. "Die Tür sitzt im Gehirn, im Herz, in der Niere, auf den Blutgefäßen, im Darm". Es ist "wirklich keine Erkrankung, die man so verharmlosen kann", sagt Penninger.
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Zusammenfassung
- Genetiker Josef Penninger über die gefundene "Achillesferse" des Corona-Virus, Impfungen und den Unterschied zwischen einer Grippe und Covid-19.