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Österreichs Klimaplan-Entwurf mit Lücke zum 2030-EU-Ziel

Österreichs Klimaziel bis 2030 bleibt vorerst weiterhin unerreichbar, der am Dienstag präsentierte Entwurf des Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) ändert daran nichts. Um 48 Prozent soll der CO2-Ausstoß gegenüber 2005 reduziert werden, aber es reicht nur für 35 Prozent. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) wartet nun auf konkrete Vorschläge, wie die Lücke geschlossen werden kann. "Nein sagen reicht nicht" lautete dabei ihre Botschaft gegenüber potenzieller Kritik.

Kritik gab es dann auch von allen Seiten, sowohl Umweltschutzorganisationen, SPÖ und NEOS, wie auch Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer fanden Mängel sowohl inhaltlicher Natur, wie auch im Prozedere selbst. Während beispielsweise die SPÖ den NEKP mit dem Prädikat "zu spät und unzureichend" bedachte, kritisierten LK und WK eine "Scheineinbindung". Global 2000 verwies indes auf die Aufgabe der Regierung, die 13 Prozentpunkte bzw. 7,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent umfassende Lücke zu schließen.

Der insgesamt zu reduzierende Treibhausausstoß, bestimmt durch das Klimamaßnahmenpaket "Fit for 55" der EU-Kommission von 2021 bezieht sich dabei auf den Nicht-Emissionshandelsbereich. Die 35 Prozent Treibhausgas-Reduktion sind aus den Berechnungen des sogenannten WAM-Szenarios ("with additional measures") hervorgegangen - und Günther Lichtblau, Klimaexperte im Umweltbundesamt, sah hingegen das Positive: "Das bisherigen Ziel der Kommission von Minus 36 Prozent würde mit dem WAMS gut zusammenpassen".

Jedoch ist dieses Ziel Vergangenheit, der NEKP aus dem Jahr 2019 bedarf einer Aktualisierung. 2019 wurden 27 Prozent der 36 vorgeschriebenen Prozentanteile bis 2030 errechnet. Nachdem vor 18 Jahren, dem Basisjahr 2005, noch 56,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen wurden, lagen sie im Jahr 2021 bei rund 48,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent.

Die Emissionen sinken, stellte Gewessler fest, "weil wir die notwendigen politischen Entscheidungen getroffen und durchgesetzt haben" und die noch fehlenden 13 Prozentpunkte, die wolle man auch noch schaffen. "Deshalb starte auch die öffentliche Konsultation mit dem heutigen Tag", stellte die Ministerin fest und sie sei schon "sehr gespannt auf alle Vorschläge". Jedoch brauche es Ideen, um das Ziel zu erreichen, "was wir nicht brauchen, sind die Meinungen, die nur sagen, wie es nicht geht". Im Rahmen der öffentlichen Konsultation bis 31. August sollen nun "Stakeholder, NGOs, politische Parteien" Beiträge liefern, wie noch fehlende Reduktion erreicht werden kann. Die EU-Kommission werde zudem ihr Feedback zum Entwurf des Plans übermitteln, eher dieser dann bis Juni 2024 finalisiert werden muss.

Greenpeace begrüßt den Start der NEKP-Konsultationsphase, kritisiert jedoch einen Entwurf, der zu "lasch ausfällt". Eine Stellungnahme werde die NGO abgeben, aber letztendlich "liegt es an der Bundesregierung, Lücken im Klimaschutz zu schließen und einen Klima- und Energieplan zu erarbeiten, der seinem Auftrag - der EU-Zielerreichung bis 2030 - gerecht wird." Global 2000 kritisierte, dass die THG-Lücke im Entwurf entstand, "obwohl Gesetze, die derzeit noch nicht beschlossen sind, bereits einkalkuliert wurden."

"Mit den derzeit geplanten Maßnahmen wird Österreich die EU-Klimaziele um rund 16 Millionen Tonnen Treibhausgase verfehlen", lautete die Berechnung von WWF-Klima- und Energiesprecher Karl Schellmann. Die WWF-Forderungen nach einem klimagerechten Ausstieg aus Öl und Gas beim Heizen (EWG) sowie einer Energiespar- und Naturschutz-Offensive wurden zudem noch um eine Kritik an "umweltschädlichen Subventionen in Milliardenhöhe erweitert. "Der Finanzminister muss daher noch in der Konsultationsphase einen Reform- und Abbauplan vorlegen", forderte Schellmann, zudem appellierte der WWF an ÖVP und Grüne, die Verhandlungen für das Erneuerbaren-Wärmegesetz (EWG) und die dafür erforderliche 2/3-Mehrheit im Nationalrat mit der SPÖ rasch wieder aufzunehmen.

"Zu spät und unzureichend" lautet das Fazit der SPÖ zum NEKP-Entwurf, die stv. Klubobfrau und Umweltsprecherin Julia Herr warnte vor drohenden Strafzahlungen wegen verfehlter Klimaziele. "Die Untätigkeit der Regierung" koste Steuerpflichtigen "mittlerweile sage und schreibe neun Milliarden Euro. Es braucht endlich Bewegung." NEOS-Klima- und Umweltsprecher Michael Bernhard hielt in einer Aussendung fest, dass Vorschläge, auch seitens der NEOS, zur Genüge auf dem Tisch liegen: "Es bringt uns allerdings beim Klima- und Umweltschutz kein Stückchen weiter, wenn wir immer mehr und mehr Ideen sammeln, diese aber nicht umsetzen."

Zum Thema "Umsetzen" vermeldete die Initiative Klimavolksbegehren, dass andere EU-Staaten mit ihren zeitgleich präsentierten Plänen bereits aufzeigen würden, was möglich ist: "Dänemark plant bis 2030 bereits mit einem Anteil von 71 Prozent an Erneuerbaren am Gesamtenergieverbrauch; mit über 100 Prozent Erneuerbaren werden sie dann zudem zum Netto-Stromexportland. Slowenien schraubt seinen Erneuerbaren-Anteil im Energiesektor in nur zehn Jahren um 20 Prozent hoch. Italien setzt unter anderem auf eine 4-Tage-Woche und den massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs", lauteten die Beispiele. "Andere Länder haben verstanden, dass dieser Plan eine Chance für mehr Lebensqualität und für einen starken Standort bietet", hielt Christian Kdolsky, Sprecher des Klimavolksbegehrens fest.

Die Landwirtschaftskammer (LKÖ) hob indes die Bedeutung des NEKP hervor, der für Jahre und sogar Jahrzehnte die Ausrichtung der Politik in Bund, als auch Länder und Gemeinden mitbeeinflussen würde. Doch der Umstand, dass Stakeholder "wie wir erst jetzt, nach dem offiziellen Ablauf der Abgabefrist auf EU-Ebene im Juni erstmals eingebunden werden", sei eine Scheineinbindung.

"Wir fordern eine echte Chance zur Mitgestaltung, sagte LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger. Es sei geradezu "eine Provokation, dass ein so umfangreicher Entwurf" erst einen Tag vor einer "sogenannten Konsultation" übermittelt werde, so der LKÖ-Präsident zum über 250 Seiten umfassenden "Integrierten nationalen Energie- und Klimaplan für Österreich". Vonseiten der Wirtschaftskammer kam eine ähnlich gelagerte Kritik, sie ortete einen "mangelhaft aufgesetzten Prozess, der schleunigst repariert werden muss".

(S E R V I C E - Stellungnahmen per Mail an nekp@bmk.gv.at gesendet werden. NEKP-Entwurf unter: https://go.apa.at/EqX8XmCw)

ribbon Zusammenfassung
  • Österreichs Klimaziel bis 2030 bleibt vorerst weiterhin unerreichbar, der am Dienstag präsentierte Entwurf des Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) ändert daran nichts.
  • Um 48 Prozent soll der CO2-Ausstoß gegenüber 2005 reduziert werden, aber es reicht nur für 35 Prozent.
  • Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) wartet nun auf konkrete Vorschläge, wie die Lücke geschlossen werden kann.