Österreichische Bodenschutzstrategie vor der Zielgeraden
"Ich richte keinem der Beteiligten etwas über die Medien aus - ich möchte eine gemeinsame Lösung", hieß es in einem Statement des Ministers. Rund 20 Monate sind seit der Ankündigung der Strategie vergangen, schon im Vorfeld wurde der Entwurf von NGOs mit Kritik bedacht. Am Montag protestierte Greenpeace etwa mit einem Betonmisch-Lkw vor dem Landwirtschaftsministerium, Totschnig sei verantwortlich für die Erstellung, hieß es vonseiten der NGO.
Dieser wies am Sonntag in der ZiB2 des ORF darauf hin, dass Bund, Länder, Gemeinden und Städte, Wirtschaftsvertreter und Sozialpartner an der Erarbeitung ebenso beteiligt waren: Das Ziel der Flächeninanspruchnahme bis hin zur Versiegelung Einhalt zu gebieten, das sei ja kein "einzelnes Ziel meines Ressorts, sondern bei diesem Prozess waren ja alle Ressorts beteiligt", stellte der Minister fest. Angesprochen auf sogenannten Leerstände, also ungenutzte Gebäude, sagte Totschnig, dass es "einerseits um den Schutz von Flächen" gehe, es "brauche aber auch die Entwicklung, die Reaktivierung von bestehenden Flächen".
In Österreich ist die überörtliche Raumordnung grundsätzlich Ländersache, während die oberste Bauinstanz in Gemeinden jeweils der Bürgermeister ist. Gerade deshalb ist der Bodenverbrauch auch ein Problem des Föderalismus. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der sich am Montag in Berlin bei einem Pressefrühstück zur Thematik äußerte, kündigte gegenüber den österreichischen Bundesländern an, die Regierung werde sich mit dem "verkrusteten Föderalismus" und manchen Ländern mit Blockadehaltung anlegen. Das gelte auch für Maßnahmen zur Energiewende, wie auch beim Thema "Flächenfraß" - hier sei Österreich negativer Europameister - es werde es klare Zielvorgaben geben: "Wir werden uns von den Bundesländern nicht die österreichweiten Ziele verwässern lassen."
"Eine wirksame Bodenstrategie braucht verbindliche Ziele für alle", unterstrich die Umweltsprecherin der Grünen, Astrid Rössler, in einem Statement gegenüber der APA die Aussage Koglers, es gelte daher noch an notwendigen Verbesserungen zu arbeiten. Bodenschutz sei zudem auch eine der drängendsten Frage im Kampf gegen die Klimakrise, aber es sei klar, dass der jetzige Entwurf zur Bodenschutz-Strategie für die morgige Raumordnungskonferenz aus Sicht der Grünen noch nicht ausreiche.
"Ich hoffe, dass alle Beteiligten sich ihrer Verantwortung bewusst sind. Es muss alles dafür getan werden, dass morgen ein guter und wirksamer Entwurf zur Abstimmung gelangen wird. Es geht mit den Böden schließlich um unsere Lebensgrundlage", so Rössler abschließend.
"Die erste Bodenstrategie für Österreich kann nur erfolgreich sein, wenn alle beteiligten Akteure, der Bund, die Länder, die Gemeinden, der Städte- und der Gemeindebund, dahinterstehen", lautete das nachfolgende Statement von Landwirtschaftsminister Totschnig: "Mir ist es wichtig, dass hinter der Strategie ein gemeinsamer Prozess steht, in dem alle Mitsprache haben - ich richte keinem der Beteiligten etwas über die Medien aus - ich möchte eine gemeinsame Lösung. In der morgigen politischen ÖROK-Sitzung werden wir den am Tisch liegenden Vorschlag noch einmal ausgiebig diskutieren", kündigte der Minister an.
Aus einer Analyse des Umweltbundesamts (UBA) geht hervor, dass in Österreich die tägliche Flächeninanspruchnahme der vergangenen drei Jahre pro Tag 11,3 Hektar gelegen war, der versiegelte Anteil lag in diesem Zeitraum bei 41 bis 58 Prozent der jährlichen Flächeninanspruchnahme. Greenpeace kritisiert, dass schon 2002 in der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes das 2,5-Hektar-Ziel genannt wurde, ein politischer Beschluss aber bis heute fehle. "Regierung und Landeshauptleute müssen jetzt handeln und die unzureichende Strategie verhindern. Sonst sehen wir schwarz für den Schutz unserer kostbaren heimischen Böden," appellierte Olivia Herzog, Biodiversitätsexpertin bei Greenpeace in Österreich an die Verantwortlichen in Bund und Ländern. Gefordert wurde etwa eine Leerstands- und Baulandmobilisierung, eine flächensparende Raumordnung und die Anpassung steuerlicher Instrumente.
Totschnig bestätigte gegenüber dem ORF, dass Adaptierungen im Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ebenfalls zur Diskussion stünden. Hier kritisierte jedoch der WWF vergangene Woche, dass eine solche im Entwurf sogar erst für 2030 anberaumt werde.
2023 ist wieder ein Jahr des Finanzausgleiches, bei dem von Bund, Ländern und Gemeinden für mehrere Jahre die Aufteilung von Steuereinnahmen sowie die Aufgaben der jeweiligen Gebietskörperschaften vereinbart werden. Somit könnten auf Bundesebene Anreize gegen Flächenverbrauch gesetzt werden.
Das Umweltbundesamt entwickelt derzeit im Rahmen der österreichischen Bodenstrategie und im Auftrag der ÖROK ein neues Datenmodell, das alle bundesweit verfügbaren, sektoralen Daten berücksichtigt und künftig auch differenzierte Auswertungen ermöglichen soll, neue Daten sind im Laufe des Jahres 2023 angekündigt.
Zusammenfassung
- Die erste "Österreichische Bodenschutzstrategie" soll morgen, Dienstag, im Rahmen der österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) beschlossen werden.
- Ziel ist es, bis 2030 den Bodenverbrauch um 80 Prozent auf 2,5 Hektar täglich zu reduzieren.
- Totschnig bestätigte gegenüber dem ORF, dass Adaptierungen im Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ebenfalls zur Diskussion stünden.