Österreich: Keine schweren Omikron-Verläufe nach Impfung
Dies erklärte AGES-Infektionsepidemiologin Daniela Schmid am Samstag beim Österreichischen Impftag. Der Österreichische Impftag als führende Ärztefortbildungs-Veranstaltung auf diesem Gebiet bietet Anfang jeden Jahres einen Überblick zu Neuentwicklungen auf dem Sektor der Impfungen, Impfpläne und Vakzine an sich.
Wie schon im vergangenen Jahr stand auch am Samstag Covid-19 im Mittelpunkt. Das hat vor allem den Grund in dem für viele Experten überraschend langen Andauern der Pandemie. Tagungsleiterin Ursula Wiedermann-Schmidt (MedUni Wien): "Wir hätten uns nicht gedacht, dass wir jetzt noch immer in einer Patt-Situation sitzen würden." Mit Einführung der wirksamen Vakzine hätte man vielfach erwartet, Covid-19 schneller in den Griff zu bekommen.
Geringere Mortalität durch Omikron
Jedenfalls dürfte die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 eine wiederum weitgehend neue Facette, zum Beispiel im Vergleich zu der Delta-Welle, darstellen. Daniela Schmid, Leiterin des Instituts für Infektionsepidemiologie der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), führte unter anderem noch in Experten-Begutachtung befindliche Daten der Kaiser Permanente-Krankenversicherung aus Südkalifornien mit rund 60.000 bestätigten Infektionen mit SARS-CoV-2 an: Mit Omikron Infizierte weisen demnach ein um 53 Prozent reduziertes Hospitalisierungsrisiko auf. Eine Aufnahme in eine Intensivstation wurde nach Omikron-Infektion zu 74 Prozent seltener notwendig als durch eine SARS-CoV-2-Delta-Infektion. Die Mortalität war um 91 Prozent geringer.
Die Expertin führte dazu auch Daten aus Österreich (Bundesländer Wien und Vorarlberg) aus den Kalenderwochen 51/2021 bis 01/2022 an: Bei 3.953 nachgewiesenen SARS-CoV-2-Delta-Infektionen kam es zu 29 Aufnahmen in eine Intensivstation. Unter 15.755 nachgewiesenen Omikron-Infektionen erfolgte das in vier Fällen. Diese Daten berücksichtigen noch nicht den Impfstatus der Betroffenen.
Wirkung gegen Übertragbarkeit "enttäuscht"
"So gut alle zugelassenen Covid-19-Impfstoffe gegen schwere Erkrankungsverläufe wirken, was etwas enttäuscht, ist die die Wirkung auf die Übertragbarkeit", sagte der ehemalige Leiter des Zentrums für Virologie der MedUni Wien, Franz X. Heinz. Nicht zuletzt deshalb werde auch weiter an neuen Vakzinen geforscht. So zum Beispiel wird versucht, per Nasenspray anwendbare Vakzine zu entwickeln, die speziell zu einer besonders guten Immunantwort in den Schleimhäuten des oberen Atemtrakts führen, über welche die Coronaviren in den Körper eindringen.
Die neuesten Daten der AGES-Infektionsepidemiologin mit Berücksichtigung des Impfstatus Betroffener und der Spitalsdaten aus Wien und Vorarlberg für den Zeitraum von Ende vergangenen Jahres bis in die ersten beiden Kalenderwochen von 2022 beweisen sowohl den offenbar den seltener schweren Verlauf einer Omikron-Infektion als auch den anhaltenden Schutz, welchen die Impfung bietet. Hier die Informationen der AGES (Kalenderwoche 47/2021 bis Kalenderwoche 02/2022: Bei 10.348 Personen (Wien/Vorarlberg) mit Omikron-Infektion ohne Covid-19-Impfung kamen sechs Personen auf eine Intensivstation (0,58 pro 1.000). Im Zuge von 8.817 SARS-CoV-2-Delta-Infektionen (keine Impfung) war das bei 89 Erkrankten (10,09 pro 1.000) der Fall.
Höhere Infektiosität
Unter 6.115 Omikron-Betroffenen mit zwei Teilimpfungen vor länger als vier Monaten gab es eine Aufnahme in eine Intensivstation (0,16 pro 1.000), unter 3.034 Delta-Infizierten im selben Impfstatuts waren sieben Aufnahmen in eine Intensivstation notwendig (2,31 pro 1.000). Das Wichtigste: Bei Personen mit Omikron-Infektion gab es nach zwei Teilimpfungen weniger als vier Monate vor der Ansteckung keinen einzigen Fall einer notwendigen Aufnahme in eine Intensivstation (unter 3.883 Fällen), hingegen bei vier Personen von 1.024 Infizierten mit der Delta-Variante (3,91 pro 1.000). Ebenso kein einziger derartiger Fall einer Aufnahme in eine Intensivstation war unter 7.870 Infizierten nach drei Teilimpfungen zu verzeichnen, hingegen drei solcher Fälle unter 544 Infizierten mit SARS-CoV-2/Delta (5,51 pro 1.000).
"Die Omikron-Variante weist eine höhere Infektiosität auf. Sie vermehrt sich in Epithelzellen des Lungengewebes offenbar 70 Mal besser als das die Delta-Variante. Das haben Untersuchungen an Organoiden (dreidimensionale Organmodelle; Lunge; Anm.) in Hongkong gezeigt", erklärte die Leiterin des Zentrums für Virologie der MedUni Wien, Elisabeth Puchhammer-Stöckl. Was aber zumindest für die laufende Omikron-Welle positiv stimmen könnte: Schon in Südafrika wurde bei Aufkommen dieser Virusvariante bei einem extrem starken Anstieg der nachgewiesenen Infektionen kaum eine Anstieg der Zahl der Spitalsaufnahmen und Todeszahlen registriert.
Kürzerer Krankenhausaufenthalt
"Die mittlere Dauer eines Spitalsaufentaltes war um 3,4 Tage kürzer (minus 70 Prozent; gegenüber Patienten mit Delta-Variante). In Südafrika wurden 63 Prozent der Patienten, bei denen man im Spital eine SARS-CoV-2-Infektion (Omikron; Anm.) entdeckte, wegen einer anderen Erkrankung ins Krankenhaus aufgenommen worden", sagte die Virologin. In New York seien 42 Prozent der Spitalspatienten mit SARS-CoV-2 der Omikron-Variante ebenfalls eigentlich wegen eines anderen Leidens ins Krankenhaus gekommen. SARS-CoV-2 hätte man erst danach bei der Routinetestung entdeckt.
"Alle zugelassenen Covid-19-Impfstoffe haben auch gegen Omikron eine gute Wirkung", betonte jedenfalls Franz X. Heinz, ehemals Co-Entwickler der ersten FSME-Vakzine. Offenbar ist die mit der Zeit abnehmende Immunantwort gegen SARS-CoV-2 nach Impfung der am ehesten problematische Faktor. "Die Immunität gegenüber einer Infektion nimmt nach einer Impfung rascher ab bei der Verhinderung eines schweren Krankheitsverlaufes." Das mache eben die dritte Teilimpfung so wichtig. Insgesamt würden die Covid-19-Vakzine in ihrem Effekt allesamt weit über der anfänglich zumindest gewünschten Wirksamkeit von mehr als 50 Prozent liegen.
Trotzdem bleibt Covid-19 eine riesige Herausforderung für die Gesellschaft. "Die Krise ist noch nicht vorbei", hatte Samstagvormittag Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) in seinem Begrüßungsstatement erklärt. Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres sprach von einer anhaltend "verrückten Zeit".
Zusammenfassung
- Die Covid-19-Impfung bleibt das beste Mittel auch gegen die Omikron-Variante von SARS-CoV-2.
- Nach zwei Teilimpfungen innerhalb von weniger als 120 Tagen oder nach drei Teilimpfungen ist es in Österreich faktisch zu keinen schweren Erkrankungen durch Omikron mit Aufnahme in eine Intensivstation gekommen.
- Dies erklärte AGES-Infektionsepidemiologin Daniela Schmid am Samstag beim Österreichischen Impftag.
- Bei Personen mit Omikron-Infektion gab es nach zwei Teilimpfungen weniger als vier Monate vor der Ansteckung keinen einzigen Fall einer notwendigen Aufnahme in eine Intensivstation.
- Ebenso kein einziger derartiger Fall einer Aufnahme in eine Intensivstation war unter 7.870 Infizierten nach drei Teilimpfungen zu verzeichnen.