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Österreich gehen laut IHS-Studie die Gastroenterologen aus

Allein 18 Prozent der österreichischen Spitalspatienten werden wegen Magen-, Darm- oder Leberkrankheiten behandelt. Der Bedarf steigt, die Versorgung durch die entsprechenden Fachärzte ist aber zunehmend gefährdet. Bedroht sein könnten in Zukunft auch die Früherkennungsuntersuchungen auf Darmkrebs. Das hat eine aktuelle Studie des Instituts für Höhere Studien ergeben, die Donnerstagabend in Wien präsentiert wurde.

"Bis 2030 wird sich Mangel von 83 Personen (Vollzeitäquivalente an Magen-, Darm- und Leberspezialisten; Anm.) im intramuralen Bereich und von 144 bis 188 Fachärzten mit Kassenverträgen mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) auftun", fasste IHS-Gesundheitsökonomin Monika Riedel die Ergebnisse eines jahrelangen Forschungsprojektes im Auftrag der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH) zusammen. Ähnlich wie schon für den Bereich der Psychiatrie und der Allgemeinmedizin hat das Team um Thomas Czypionka Nachfrage bzw. Bedarf an medizinischen Leistungen und die Versorgungskapazitäten in Österreich zu erheben versucht sowie Bedarfs- und Personalentwicklung mittelfristig berechnet.

Für den großen medizinischen Bereich der Gastroenterologie und Hepatologie - von Magenleiden, Erkrankungen der Speiseröhre bis zu Dickdarmkrebs und beispielsweise Virushepatitis, alkohol- und nicht alkoholbedingter Lebererkrankung - müsste es eigentlich schon jetzt Zweifel an Qualität und Quantität der medizinischen Versorgung der österreichischen Patienten geben. So waren beispielsweise im Jahr 2021 in Oberösterreich und Wien jeweils nur 0,8 Gastro-Enterologen mit ÖGK-Kassenvertrag zur Abrechnung von Gastro- und Koloskopien (Krebs-Früherkennung; Anm.) pro 100.000 Einwohner berechtigt. In Vorarlberg waren es 1,3 pro 100.000 Einwohner, in Niederösterreich 1,5, in Salzburg 2,7 je 100.000 Menschen und in Tirol gar 4,2 pro 100.000. Medizinisch lässt sich das nicht erklären, weil die Häufigkeit von Erkrankungen des Magen-Darmtraktes, von Leber etc. regional nicht so unterschiedlich sein kann. Bei drei österreichischen Bundesländern scheiterten die IHS-Experten überhaupt bei der Datenerhebung.

Fazit, so die Studie: In Zentren existiert in Österreich oft eine hochspezialisierte Versorgung, auf dem Land "kann der Zugang zur Versorgung nicht immer gewährleistet werden (...)." Dabei wäre deutlicher Aufholbedarf im Vergleich zu vielen EU-Staaten gegeben. "Bei den (Krebs-;Anm.)Vorsorge- und Screeninguntersuchungen schneidet Österreich nicht wahnsinnig toll ab. Ein organisiertes Screening (Darmkrebs durch Koloskopie; Anm.) gibt es nur im Burgenland und in Vorarlberg. Wir haben Kapazitätsengpässe mit überlangen Wartezeiten", sagte Monika Riedel. Auch die Qualität der dieser Untersuchungen ist nicht unbedingt gewährleistet. In Österreich besteht für die Gastro- und Koloskopien durchführenden Ärzte bzw. Ordinationen keine Verpflichtung zu einer Zertifizierung nach Qualitätskriterien.

Die Situation dürfte aber in nächster Zukunft kaum besser, eher schlimmer werden. "35 Prozent der ausschließlich angestellten Gastroenterologen und Hepatologen fallen in die Altersgruppe 55plus. Noch höher ist der Anteil der 55- bis 64-Jährigen Gastroenterologen und Hepatologen mit Kassenvertrag (ÖGK) in der niedergelassenen Praxis: 51 Prozent. Dieser in den nächsten Jahren hochschnellenden Pensionierungswelle stünde allerdings ein für medizinische Leistungen überdurchschnittlich wachsender Bedarf an Facharztversorgung in dem Fachgebiet gegenüber: Bis zum Jahr 2030 plus 4,4 Prozent mehr Leistungen.

Wie diese "Lücke" wirklich abgefangen werden könnte, ist noch nicht klar. Vermehrte Ausbildung, bessere Versorgungsplanung und Abstimmung mit den Allgemeinmedizinern, teilweise Übernahme von Leistungen durch anderes medizinisches Fachpersonal etc. wären Möglichkeiten. Doch die demografische Entwicklung mit der anstehenden Pensionierung der "Baby-Boomer" schlägt in Österreich in den kommenden Jahren wohl in allen Berufsgruppen durch.

Derzeit schließen in Österreich jährlich 28 bis 29 Fachärzte für Gastroenterologie und Hepatologie ihre Ausbildung ab. Um die aufgehende Personallücke zu schließen, müssten es eigentlich doppelt so viele sein. Und da ist - so das IHS - noch gar nicht einberechnet, dass laut Experten in Österreich eigentlich längst ein flächendeckendes organisiertes Koloskopie-Screening auf Darmkrebs mit Einladungen und Qualitätskontrolle etabliert werden hätte sollen.

ribbon Zusammenfassung
  • Allein 18 Prozent der österreichischen Spitalspatienten werden wegen Magen-, Darm- oder Leberkrankheiten behandelt.
  • Der Bedarf steigt, die Versorgung durch die entsprechenden Fachärzte ist aber zunehmend gefährdet.
  • Bedroht sein könnten in Zukunft auch die Früherkennungsuntersuchungen auf Darmkrebs.
  • Derzeit schließen in Österreich jährlich 28 bis 29 Fachärzte für Gastroenterologie und Hepatologie ihre Ausbildung ab.