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Menschen schürten am Eiszeit-Höhepunkt sehr heiße Feuer

14. Apr. 2025 · Lesedauer 4 min

Dass Jäger-Sammler-Gruppen im eiszeitlichen Europa routinierte Feuernutzer gewesen sein mussten, klingt naheliegend - belastbare Belege dafür in extrem kalten Perioden sind jedoch erstaunlich rar. Ein Forschungsteam mit österreichischer Beteiligung wartet nun aber im Fachblatt "Geoarchaeology" mit der Analyse von Feuerstellen vom Höhepunkt der letzten Eiszeit in der heutigen Ukraine auf. Demnach waren damals gute Pyrotechniker am Werk, die das "teure" Feuer zu nutzen wussten.

Es ist kaum vorstellbar, wann der Bedarf an Wärme größer war, als im Zeitraum zwischen 26.500 bis vor 19.000 Jahren vor unserer Zeit. Damals herrschte in Europa äußerst frostiges Klima - die letzte Eiszeit war auf ihrem Höhepunkt. Nicht nur lagen große Teile des Kontinents unter dicken Eispanzern, die sehr trockenen Bedingungen erschwerten auch das Wachstum der Pflanzen. Das Angebot an verheizbarer Biomasse war also deutlich geringer als heute.

Wie die altsteinzeitlichen Bewohner der halbwegs wirtlichen Gegenden mit Brennstoffen umgegangen sind, ist bis heute weitgehend offen. Klar ist aber, dass das Feuer neben seiner Funktion als Wärmespender und beim Zubereiten von Speisen auch als sozialer Kitt in und zwischen den Gruppen wichtig war. Warum Feuerstellen just aus der kältesten Periode aber so rar sind, "wo man eigentlich eine Explosion solcher Stellen vermuten würde", sei ein Rätsel, erklärte einer der leitenden Autoren der Studie, Philip R. Nigst von der Universität Wien, im Gespräch mit der APA.

Der nun untersuchte Fundort, der in diese Zeit datiert wird, liegt in unmittelbarer Nähe des Dnister - eines Flusses, der die heutige Westukraine und die Republik Moldau durchfließt und ins Schwarze Meer mündet. An der Grabungsstelle "Korman' 9" arbeiten Wissenschafterinnen und Wissenschafter bereits seit 2012. Entdeckt wurde die Stelle von Larissa Kulakovska von der ukrainischen Akademie der Wissenschaften und Nigst. Unter anderem kamen dort drei frühere Feuerstellen zum Vorschein, die das Team unter der Leitung von William Murphree von der Universität der Algarve (Portugal) jetzt mit neuen Methoden genau untersucht hat.

Menschen wussten Fichtenholz optimal zu nutzen

Aufgrund der Verfärbungen durch die Hitze im Lößboden unterhalb der Brandstelle lässt sich darauf schließen, dass im Erdreich rund sechs bis sieben Zentimeter vom Feuer entfernt noch rund 600 Grad Celsius geherrscht haben, erklärte Nigst. Die Menschen nutzten dort Fichtenholz als Brennstoff, und wussten, wie man temperaturtechnisch das Optimum herausholt.

Außerdem fand man in einer Feuerstelle Knochenreste, die zumindest Temperaturen von 650 Grad ausgesetzt waren, zeigt die Analyse, an der auch Marjolein D. Bosch von der Akademie der Wissenschaften, Uni Wien und dem Naturhistorischen Museum (NHM) Wien beteiligt war. Ob diese und vielleicht auch Fett zusätzlich als Brennstoff benutzt wurden, sei noch nicht klar.

Wenn Feuer teuer wird

Naheliegend ist aber, dass unter den kargen, kalt-trockenen Bedingungen Brennbares nicht im Überfluss vorhanden war - Bäume wuchsen vermutlich nur neben dem Fluss, sonst dominierten in der laut Nigst am ehesten mit dem Weinviertel vergleichbaren, hügeligen Landschaft Steppengräser und Sträucher. Unter diesen Umständen werde Feuermachen sehr aufwendig - quasi "teuer", erklärte der Archäologe.

Es sei demnach denkbar, dass Feuer in dieser Kältephase tatsächlich keine so eine zentrale Rolle gespielt hat und "zum Überleben vielleicht gar nicht so notwendig war". Vermutlich wurde Fleisch etwa, wie heute auch bei arktischen und subarktischen Gesellschaften, durch Frieren oder Trocknen haltbar gemacht oder auch in sehr kaltem Wasser gelagert.

Bernstein, Schnecken und Pferdezunge

An die Fundstelle "Korman' 9" dürften die Menschen immer wieder zurückgekehrt sein. Das zeigen nicht nur die Brandspuren, sondern auch eine als Schmuck genutztes durchbohrtes Bernsteinstück, ein durchlochter Fuchszahn und durchlöcherte Schneckengehäuse. "Schmuck verliert man ja bekanntlich recht leicht", so Nigst.

Zudem fanden sich vor allem Schädel-, Wirbel- und Beinknochen von Rentieren, Pferden oder Schneehasen. Gerade die Beine von Rentier und Pferd enthalten viel Fleisch. Schnittspuren an einem Pferdeschädel zeigen etwa, dass die Zunge gezielt entnommen und vielleicht gebraten wurde. Die Menschen nutzten ihre raren Ressourcen also überlegt und schauten sehr genau, welche Fleischstücke es wert waren, an die Feuerstellen gebracht zu werden.

(S E R V I C E - https://doi.org/10.1002/gea.70006)

Zusammenfassung
  • Ein internationales Forschungsteam hat Feuerstellen vom Höhepunkt der letzten Eiszeit in der heutigen Ukraine analysiert, die zwischen 26.500 und 19.000 Jahren vor unserer Zeit genutzt wurden.
  • Die Menschen verwendeten Fichtenholz als Brennstoff und erreichten Temperaturen von bis zu 600 Grad Celsius, wobei Knochenreste sogar 650 Grad Celsius ausgesetzt waren.
  • In der Fundstelle 'Korman' 9' wurden auch Schmuckstücke und Tierknochen gefunden, was auf eine überlegte Nutzung der Ressourcen in dieser kargen und kalten Umgebung hinweist.