Magdeburg-Anschlag: Verdächtiger wurde schon mal verurteilt
Er müsse wegen des Vorwurfs fünffachen Mordes, mehrfachen versuchten Mordes und mehrfacher gefährlicher Körperverletzung in Untersuchungshaft, teilte die Polizei am frühen Sonntagmorgen mit.
Das Auto war am Freitagabend mit hoher Geschwindigkeit in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gerast. Nach Behördenangaben wurden vier Frauen im Alter von 45, 52, 67 und 75 Jahren sowie ein neunjähriger Bub getötet. Weitere 200 Menschen wurden verletzt.
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Viele von ihnen erlitten schwere und schwerste Verletzungen, deswegen könnte die Zahl der Todesopfer weiter steigen.
Hinweis schon im Sommer erhalten
Der Verdächtige ist ein als Islam-Kritiker bekannter Arzt aus Bernburg, der aus Saudi-Arabien stammt und seit 2006 in Deutschland lebt.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhielt eigenen Angaben zufolge vor der Attacke einen Hinweis zum 50-Jährigen. Der Hinweis sei im Spätsommer letzten Jahres über die Social-Media-Kanäle eingegangen, schrieb das BAMF am Samstag auf der Plattform X.
"Dieser wurde, wie jeder andere der zahlreichen Hinweise auch, ernst genommen." Da das Bundesamt keine Ermittlungsbehörde sei, sei die hinweisgebende Person, wie in solchen Fällen üblich, direkt an die verantwortlichen Behörden verwiesen worden, hieß es.
Im Netz kursieren derzeit Screenshots, die Nachrichten einer Person mit Warnungen vor dem mutmaßlichen Täter an das BAMF zeigen sollen. Die Echtheit dieser Screenshots war zunächst nicht zu verifizieren.
https://twitter.com/BAMF_Dialog/status/1870494169283940666
Mann den Behörden bekannt
Unabhängig davon war der Mann der Justiz in mehreren deutschen Bundesländern bekannt. So gab es etwa in Berlin ein Verfahren der Amtsanwaltschaft wegen des Missbrauchs von Notrufen durch den Verdächtigen.
Der Direktor der Magdeburger Polizeiinspektion, Tom-Oliver Langhans, erklärte am Samstag auf einer Pressekonferenz, dass die Polizei in der Vergangenheit eine Strafanzeige aufgenommen habe.
"Es ist auch von unserer Seite versucht worden, eine Gefährderansprache durchzuführen. Das ist jetzt auch noch Gegenstand der Ermittlungen, woran das dann nachher letztendlich in diesem Verfahren dazu nach meiner Erkenntnis erst mal so nicht gekommen ist." Dieses Verfahren liege aber derzeitig schon ein Jahr zurück.
BKA-Chef Holger Münch sagte am Samstagabend im ZDF, dass das deutsche Bundeskriminalamt schon im November 2023 einen Hinweis aus Saudi-Arabien zu dem Mann bekommen habe. Die Polizei in Sachsen-Anhalt habe dann "entsprechende Ermittlungsmaßnahmen" vorgenommen, doch sei die Sache unspezifisch gewesen.
Wegen Drohung in Mecklenburg-Vorpommern verurteilt
Schon im Jahr 2013 wurde der Mann vom Amtsgericht Rostock zu 90 Tagessätzen wegen Störung des öffentlichen Friedens durch die Androhung von Straftaten verurteilt, teilte der mecklenburg-vorpommerische Innenminister Christian Pegel am Sonntag bei einer Pressekonferenz in Schwerin.
Demnach lebte der 50-Jährige von 2011 bis 2016 im norddeutschen Bundesland und absolvierte dort auch Teile seiner Facharzt-Ausbildung. In einem Streit um die Anerkennung von Prüfungsleistungen habe er gegenüber Vertretern der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern mit einer Tat gedroht, die internationale Beachtung bekommen werde. Dabei habe er auf den Anschlag beim Boston-Marathon verwiesen.
Suche nach Motiv
Über das Tatmotiv wurde weiterhin gerätselt. Der Leitende Oberstaatsanwalt Horst Walter Nopens hatte am Samstag gesagt, das Motiv des mutmaßlichen Täters könnte Unzufriedenheit über den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland gewesen sein. In sozialen Netzwerken präsentierte sich der Festgenommene als vehementer Kritiker des Islams und des repressiven Machtapparats in Saudi-Arabien.
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Zudem präsentierte er sich als Fan von X-Inhaber Elon Musk, der inzwischen Positionen der amerikanischen Rechten vertritt, und der AfD, die die gleichen Ziele wie er verfolge. Gleichzeitig bezeichnete er sich aber politisch als links.
Kein Hinweis auf islamistisch motivierten Anschlag
BKA-Chef Holger Münch sagte im ZDF-"heute journal", es gebe - anders als bei ähnlichen Taten in der Vergangenheit - keinen Hinweis auf einen islamistisch motivierten Anschlag. Auch der Generalbundesanwalt sage noch nicht eindeutig, wie der Sachverhalt einzuordnen sei.
Der Tatverdächtige habe eine islamfeindliche Einstellung, er habe sich auch mit rechtsextremen Plattformen beschäftigt, sagte der Chef des Bundeskriminalamts. Es sei aber noch nicht abschließend möglich zu sagen, dass die Tat politisch motiviert gewesen sei.
Zu spätes Handeln?
Diskutiert wird nun, wie häufig in solchen Fällen die Frage, ob die Sicherheitsbehörden nicht früher hätten handeln können oder müssen.
Der Terrorismusexperte Peter Neumann sagte im ZDF, der Tatverdächtige habe nicht in ein bestimmtes Raster gepasst. "Er war eben kein typischer Islamist. Er war ein Saudi, der sich gegen den Islam gewendet hat. Das passt für Behörden nicht so richtig in die gängigen Schema rein."
Zudem habe man heute eine Flut von Informationen von Tausenden von Leuten, die im Internet ähnliche Botschaften sendeten. "Und es ist ganz, ganz schwierig zu unterscheiden: Wer meint es ernst, und wer ist nur auf dem Internet und macht Sprüche?"
Zusammenfassung
- Nach der Todesfahrt am Weihnachtsmarkt in Magdeburg muss der Tatverdächtige in Untersuchungshaft.
- Die Staatsanwaltschaft Magdeburg beantragte einen Haftbefehl gegen den 50-Jährigen.
- Zudem wurde bekannt, dass der Mann vor elf Jahren wegen Androhung einer Straftat verurteilt wurde.