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Magdeburg-Anschlag: Verdächtiger in U-Haft

Nach der Todesfahrt am Weihnachtsmarkt in Magdeburg muss der Tatverdächtige in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg beantragte einen Haftbefehl gegen den 50-Jährigen. Unterdessen wird weiter nach einem Motiv für die Tat gesucht und diskutiert, ob der Weihnachtsmarkt genügend geschützt war.

Er müsse wegen des Vorwurfs fünffachen Mordes, mehrfachen versuchten Mordes und mehrfacher gefährlicher Körperverletzung in Untersuchungshaft, teilte die Polizei am frühen Sonntagmorgen mit.

Das Auto war am Freitagabend mit hoher Geschwindigkeit in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gerast. Nach Behördenangaben wurden vier Frauen im Alter von 45, 52, 67 und 75 Jahren sowie ein neunjähriger Bub getötet. Weitere 200 Menschen wurden verletzt.

Viele von ihnen erlitten schwere und schwerste Verletzungen, deswegen könnte die Zahl der Todesopfer weiter steigen.

Suche nach dem Tatmotiv

Der Verdächtige ist ein als Islam-Kritiker bekannter Arzt aus Bernburg, der aus Saudi-Arabien stammt und seit 2006 in Deutschland lebt.

Der Leitende Oberstaatsanwalt Horst Walter Nopens hatte am Samstag gesagt, das Motiv des mutmaßlichen Täters könnte Unzufriedenheit über den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland gewesen sein. In sozialen Netzwerken präsentierte sich der Festgenommene als vehementer Kritiker des Islams und des repressiven Machtapparats in Saudi-Arabien. 

Zudem präsentierte er sich als Fan von X-Inhaber Elon Musk, der inzwischen Positionen der amerikanischen Rechten vertritt, und der AfD, die die gleichen Ziele wie er verfolge. Gleichzeitig bezeichnete er sich aber politisch als links.

Hinweis schon im Sommer erhalten

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhielt eigenen Angaben zufolge vor der Attacke einen Hinweis zum mutmaßlichen Täter. Der Hinweis sei im Spätsommer letzten Jahres über die Social-Media-Kanäle eingegangen, schrieb das BAMF am Samstag auf der Plattform X.

"Dieser wurde, wie jeder andere der zahlreichen Hinweise auch, ernst genommen." Da das Bundesamt keine Ermittlungsbehörde sei, sei die hinweisgebende Person, wie in solchen Fällen üblich, direkt an die verantwortlichen Behörden verwiesen worden, hieß es.

Im Netz kursieren derzeit Screenshots, die Nachrichten einer Person mit Warnungen vor dem mutmaßlichen Täter an das BAMF zeigen sollen. Die Echtheit dieser Screenshots war zunächst nicht zu verifizieren.

Kein Hinweis auf islamistisch motivierten Anschlag

BKA-Chef Holger Münch sagte im ZDF-"heute journal", es gebe - anders als bei ähnlichen Taten in der Vergangenheit - keinen Hinweis auf einen islamistisch motivierten Anschlag. Auch der Generalbundesanwalt sage noch nicht eindeutig, wie der Sachverhalt einzuordnen sei.

Der Tatverdächtige habe eine islamfeindliche Einstellung, er habe sich auch mit rechtsextremen Plattformen beschäftigt, sagte der Chef des Bundeskriminalamts. Es sei aber noch nicht abschließend möglich zu sagen, dass die Tat politisch motiviert gewesen sei.

Münch sagte, dass das BKA schon im November 2023 einen Hinweis aus Saudi-Arabien zu dem Mann bekommen habe. Die Polizei in Sachsen-Anhalt habe dann "entsprechende Ermittlungsmaßnahmen" vorgenommen, doch sei die Sache unspezifisch gewesen.

Zu spätes Handeln?

Diskutiert wird nun, wie häufig in solchen Fällen die Frage, ob die Sicherheitsbehörden nicht früher hätten handeln können oder müssen.

Der Terrorismusexperte Peter Neumann sagte im ZDF, der Tatverdächtige habe nicht in ein bestimmtes Raster gepasst. "Er war eben kein typischer Islamist. Er war ein Saudi, der sich gegen den Islam gewendet hat. Das passt für Behörden nicht so richtig in die gängigen Schema rein."

Zudem habe man heute eine Flut von Informationen von Tausenden von Leuten, die im Internet ähnliche Botschaften sendeten. "Und es ist ganz, ganz schwierig zu unterscheiden: Wer meint es ernst, und wer ist nur auf dem Internet und macht Sprüche?"

Debatte über Sicherheitskonzept

Der mutmaßliche Täter soll mit seinem Wagen über einen Flucht- und Rettungsweg auf den Weihnachtsmarkt gelangt sein, so Magdeburgs Polizeiinspektions-Direktor Tom-Oliver Langhans. Laut Ronni Krug, Beigeordneter für Personal, Bürgerservice und Ordnung der Stadt, sei das Sicherheitskonzept für den Markt "nach bestem Wissen und Gewissen" erstellt und zuletzt im November verschärft worden.

Der Extremismus-Experte Hans-Jakob Schindler äußerte in den ARD-"Tagesthemen" hingegen Zweifel am Magdeburger Sicherheitskonzept.

Es sei seit Jahren bekannt, dass Fahrzeuge und Menschenansammlungen eine sehr gefährliche Kombination darstellten. Es sei daher "schwer zu erklären, wieso es einem Fahrzeug gelungen ist, auf einen Weihnachtsmarkt in Deutschland zu gelangen", sagte er.

Hilfe für die Opfer

Neben der juristischen Aufarbeitung steht die Betreuung der Opfer und schockierten Augenzeugen im Fokus. Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Pascal Kober, rechnet mit mehreren Hundert Hilfsbedürftigen.

"Das ist einer der größten Anschläge, die wir bisher zu verzeichnen hatten", sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Wenn man Tatzeugen und Ersthelfer mitrechnet, potenziert sich das auf eine hohe dreistellige Zahl betroffener Menschen." Das Erlebte könne große psychische Belastungen bedeuten.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach der Todesfahrt am Weihnachtsmarkt in Magdeburg muss der Tatverdächtige in Untersuchungshaft.
  • Die Staatsanwaltschaft Magdeburg beantragte einen Haftbefehl gegen den 50-Jährigen.
  • Unterdessen wird weiter nach einem Motiv für die Tat gesucht und diskutiert, ob der Weihnachtsmarkt genügend geschützt war.